Konflikt um Dienstleistung für Behinderte Sexualassistenz im Saarland vorerst gerettet

Saarbrücken · Jetzt hat der Regionalverband entschieden: Ute Himmelsbach darf als Sexualbegleiterin für Behinderte arbeiten, ohne sich als Prostituierte anmelden zu müssen.

 Ute Himmelsbach ist Sexualbegleiterin. Sie hilft beeinträchtigten Menschen, in einem geschützten Raum ihre Sexualität zu entdecken. Wegen der hohen Verantwortung, der psychischen Anforderungen und der geringen Bezahlung fordern Experten eine gesellschaftliche Aufwertung des Berufs.

Ute Himmelsbach ist Sexualbegleiterin. Sie hilft beeinträchtigten Menschen, in einem geschützten Raum ihre Sexualität zu entdecken. Wegen der hohen Verantwortung, der psychischen Anforderungen und der geringen Bezahlung fordern Experten eine gesellschaftliche Aufwertung des Berufs.

Foto: Iris Maria Maurer

Die Sexualassistenz für beeinträchtigte Menschen im Saarland scheint vorerst gerettet. Das geht aus einer Antwort des Regionalverbandes Saarbrücken auf eine Anfrage unserer Zeitung hervor. Denn wie die Behörde mitteilt, fällt die Sexualassistenz nach eingehender Prüfung für sie „nicht zwingend unter den Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes“.

Somit könnte die nach eigenen Angaben einzige ausgebildete Sexualbegleiterin im Saarland, Ute Himmelsbach, ihre Tätigkeit weiter ausüben, ohne sich als Prostituierte anmelden zu müssen. „Das sind sehr gute Nachrichten für meine Klienten und natürlich für mich. Ich bin froh über diese Entscheidung des Regionalverbandes und empfinde sie als große Unterstützung für meine Arbeit“, sagte Ute Himmelsbach am Telefon unserer Zeitung.

Zum Hintergrund: Ute Himmelsbach ist diplomierte Sozialarbeiterin mit mehreren Zusatzausbildungen unter anderem in sexologischer Körperarbeit und körperorientierter Sexualtherapie und ließ sich beim Institut zur Selbstbestimmung Behinderter in Trebel in Niedersachsen zur Sexualbegleiterin ausbilden. Seitdem hilft Himmelsbach Schwerst- und Mehrfachbeeinträchtigten im Saarland, ihre Sinnlichkeit in einem geschützten Raum zu entdecken (wir berichteten). Derzeit hat sie eine Handvoll Klienten, geistig oder körperlich behindert, die sie über einen längeren Zeitraum begleitet. Manchmal heißt das nur Reden. Manchmal angezogen miteinander kuscheln. Oder Intimeres.

Der Beruf der Sexualassistentin ist staatlich nicht anerkannt und das neue bundesweit geltende Prostituiertenschutzgesetz schreibt vor, dass sich die Assistentinnen auch im Saarland als Sexarbeiterinnen beim Gesundheitsamt anmelden. Das lehnt Ute Himmelsbach ab: „Was ich mache, ist etwas völlig anderes als Prostitution: Ich arbeite sehr transparent und vernetzt mit Einrichtungen der Behindertenhilfe, Ärzten und Therapeuten. Die Begleitung ist ein Prozess mit Konzept, Reflexion und Supervision und kein einmaliges Treffen“, hatte sie im Februar unserer Zeitung erklärt.

Eine Einschätzung, die der Regionalverband Saarbrücken als die für das gesamte Saarland zuständige Behörde für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes nach Prüfung der Angelegenheit nun offenbar teilt: „Mit ihrer Tätigkeit als Sexualbegleiterin für Menschen mit schwersten Behinderungen leistet Frau Himmelsbach eine wertvolle Arbeit. Dies geschieht zudem in einem sorgsam abgestimmten Setting mit Betreuern, Pflegefachkräften, Ärzten. Angehörigen und den Betroffenen selbst“, heißt es in der Antwort auf unsere Anfrage. Das Prostituiertenschutzgesetz, so die Behörde weiter, verfolge zwei allgemeine Zielsetzungen. Zum einen den Schutz von Prostituierten, zum Beispiel bezüglich des Selbstbestimmungsrechtes, der Arbeitsbedingungen, ihrer Gesundheit oder Formen von Ausbeutung und Gewalt. Zum anderen diene das Gesetz dem Schutz der Allgemeinheit, zum Beispiel indem gefährliche Erscheinungsformen oder sozial unverträgliche und jugendgefährdene Auswirkungen verhindert werden sollen. „Keine dieser beiden Zielsetzungen des Gesetzes ist auf Frau Himmelsbach und ihre Tätigkeit anwendbar“, heißt es abschließend. Daher werde der Regionalverband „die im Gesetz vorgesehene Anmeldepflicht als Prostituierte für Frau Himmelsbach nicht aktiv betreiben“.

Nach Auffassung des Saarbrücker Staatsrechtlers Professor Christoph Gröpl von der Universität des Saarlandes muss der Regionalverband diese Ordnungswidrigkeit auch nicht verfolgen, ihm „ist grundsätzlich Ermessen eingeräumt“. Auch dass im geschilderten Fall ein Dritter mit Aussicht auf Erfolg klagt, hält Gröpl für wenig wahrscheinlich.

Ute Himmelsbach möchte nun ein Ausbildungskonzept mit „hohen Qualitätsstandards“ für angehende Sexualassistenten im Saarland erarbeiten. Denn im Moment mangelt es an Nachwuchs, und die gelernte Sozialarbeiterin selbst möchte spätestens in einem Jahr nur noch im Hintergrund arbeiten.

Ute Himmelsbach sucht Menschen, die sich zu Sexualassistenten ausbilden lassen möchten. Es sollten Frauen und Männer sein, die das 30. Lebensjahr vollendet haben und über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Kontakt: ute.himmelsbach@gmx.de

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