Schwester Ruth hat uns beeindruckt

Rom/Homburg. Auch in Homburg gab es einmal Franziskaner. Dort, wo heute die Synagogenruine steht, befand sich im 17. und 18. Jahrhundert das Franziskanerkloster. Nur wenig ist darüber bekannt. Bei unserem Rom-Aufenthalt im November trafen wir nun erstmals eine leibhaftige Franziskanerin. Ihr Name: Ruth Edith Beinhauer

 Mit Interesse betrachten Francesco Kardinal Marchisano und die Ordensschwester Ruth einen Vorbericht in der Saarbrücker Zeitung über die Romreise, vorne Lehrer Eberhard Jung. Fotos: Eberhard Jung/AG Geschichte

Mit Interesse betrachten Francesco Kardinal Marchisano und die Ordensschwester Ruth einen Vorbericht in der Saarbrücker Zeitung über die Romreise, vorne Lehrer Eberhard Jung. Fotos: Eberhard Jung/AG Geschichte

Rom/Homburg. Auch in Homburg gab es einmal Franziskaner. Dort, wo heute die Synagogenruine steht, befand sich im 17. und 18. Jahrhundert das Franziskanerkloster. Nur wenig ist darüber bekannt. Bei unserem Rom-Aufenthalt im November trafen wir nun erstmals eine leibhaftige Franziskanerin. Ihr Name: Ruth Edith Beinhauer. Sie stammt aus Österreich und ist die Freundin von Erika Rosenberg aus Buenos Aires, der Biografin von Oskar und Emilie Schindler, die kürzlich unsere Schule besucht hatte und uns empfahl, mit Schwester Ruth in Rom Kontakt aufzunehmen. Das taten wir - und kamen in der Ewigen Stadt aus dem Staunen nicht mehr heraus, was für ein wunderbarer Mensch uns dort begegnete. Eine Nonne, die fotografiert und E-Mails schreibt - vor unserem Rom-Besuch war uns dieser Gedanke fremd. Wir dachten, eine Nonne sei eher weltabgewandt, streng und sehr aufs Beten fixiert. Schwester Ruth belehrte uns eines Besseren. Für sie ist das ganz normal, denn sie nimmt viel Anteil am modernen Leben. Bei unseren Recherchen entdeckten wir, dass Schwester Ruth eine maßgebliche Rolle bei der Seligsprechung von Helene Kafka (1894 - 1943) spielte, die aus Brünn (Mähren) stammte, in Wien aufwuchs und dort Krankenschwester und "Franziskanerin von der christlichen Liebe" wurde. Mit Glaubensmut und Zivilcourage leistete sie kompromisslos Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Am 30. März 1943 wurde sie durch das NS-Fallbeil des Wiener Landgerichts enthauptet und am 21. Juni 1998 auf dem Wiener Heldenplatz von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Sie ist die erste Märtyrerin der Stadt und Erzdiözese Wien. Da das Leben von Ordensschwestern für uns schwer vorstellbar ist, führten wir mit Schwester Ruth ein Interview, das wir hier veröffentlichen.Wie heißt Ihr Orden genau?

Schwester Ruth: Franziskanerinnen von der christlichen Liebe"

Warum und wann haben Sie sich entschlossen, Nonne zu werden?

Schwester Ruth: Um Glaubenszeugnis zu geben und so mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Damals war ich schon fast 30 Jahre alt.

Haben Sie die Möglichkeit, genauso wie andere in Urlaub zu fahren?

Schwester Ruth: Ja, für vier Wochen, aber mit finanziellen Einschränkungen, weil wir im franziskanischen Geist auf einfache Weise leben wollen, um den Blick auf das Wesentliche zu lenken und solidarisch mit denen zu sein, die sich unfreiwillig einschränken müssen.

Wie kamen Sie zum Vatikan?

Schwester Ruth: Durch das Selig- und Heiligsprechungsverfahren für unsere Sr. Restituta Kafka. Ich bin aber nicht im Vatikan angestellt.

Wie entstand Ihre Verbindung zu Kardinal Marchisano?

Schwester Ruth: Im Rahmen seiner Tätigkeit als Präsident der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche. Dazu kam eine langjährige Freundschaft mit mir und meinen beiden Mitschwestern in Rom.

Haben Sie ein bestimmtes Vorbild?

Schwester Ruth: Alle kreativen, offenen, geradlinigen und mutigen Menschen.

Verfolgen Sie ein bestimmtes Lebensmotto?

Schwester Ruth: Carpe diem! In der Bedeutung von: Erfüll jeden Tag mit Leben!

Würden Sie denselben Lebensweg noch einmal gehen?

Schwester Ruth: Ich würde mich wieder um eine intensivere Suche und Nachfolge Christi bemühen, aber in neuen äußeren und inneren Formen.

Wie beurteilen Sie Ihre Schulzeit?

Schwester Ruth: Überwiegend positiv, weil unser Klassenvorstand im Gymnasium uns Mut machte, unsere eigenen Ideen und Überzeugungen zu entdecken, auch wenn sie provokant waren. Sie wollte keine gleichgeschalteten und austauschbaren Schüler, sondern individuelle Persönlichkeiten, die auch Raum zur Entwicklung haben durften.

Was war für Sie Ihr größter Erfolg im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Ordensschwester?

Schwester Ruth: Mein größter "Erfolg" im Orden war nicht der Akt der Seligsprechung unserer Sr. Restituta, sondern, dass durch die Beschäftigung mit ihr etwas in Bewegung gekommen ist: Eine neue, offenere und vorurteilsfreie Qualität des Umgangs miteinander, auch über Sprach- und Landesgrenzen hinweg.

Welche Hobbys haben Sie?

 In den Vatikanischen Gärten, im Hintergrund die Kuppel des Petersdomes: (v.l.) Anne Martin, Kardinal Marchisano, Viorica Schorpp und Schwester Ruth.

In den Vatikanischen Gärten, im Hintergrund die Kuppel des Petersdomes: (v.l.) Anne Martin, Kardinal Marchisano, Viorica Schorpp und Schwester Ruth.

 An einem Seiteneingang des Petersdoms: die Homburger Reisegruppe zusammen mit Kardinal Marchisano, Schwester Ruth und Bediensteten des Vatikanstaates.

An einem Seiteneingang des Petersdoms: die Homburger Reisegruppe zusammen mit Kardinal Marchisano, Schwester Ruth und Bediensteten des Vatikanstaates.

Schwester Ruth: Kunst, Archäologie, Wandern, Musik, Sprachen, Computer, Fotografie.

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