Schultüten sind kreative UnikateSchreibtafeln nicht mehr aktuell

St. Ingbert. Für Abc-Schützen ist sie am ersten Schultag Pflicht: die Schultüte. In verschiedenen Farben und Formen, mit Pferden, Fußbällen oder Filmhelden verziert, begleitet sie am Montag auch die St. Ingberter Erstklässler in den Ernst des Lebens. Der Brauch, Kindern den ersten Tag in der Schule zu versüßen, hat auch im Saarland eine lange Tradition

 Ob starker Wickie oder zarte Elfen - bei der Gestaltung von Schültüten sind keine Grenzen gesetzt. Christine Ruffing, Mitinhaberin von Rosch Kreativ, berät ihre Kunden gerne beim Basteln der bunten Tüten. Foto: SZ

Ob starker Wickie oder zarte Elfen - bei der Gestaltung von Schültüten sind keine Grenzen gesetzt. Christine Ruffing, Mitinhaberin von Rosch Kreativ, berät ihre Kunden gerne beim Basteln der bunten Tüten. Foto: SZ

St. Ingbert. Für Abc-Schützen ist sie am ersten Schultag Pflicht: die Schultüte. In verschiedenen Farben und Formen, mit Pferden, Fußbällen oder Filmhelden verziert, begleitet sie am Montag auch die St. Ingberter Erstklässler in den Ernst des Lebens. Der Brauch, Kindern den ersten Tag in der Schule zu versüßen, hat auch im Saarland eine lange Tradition. "Man kann davon ausgehen, dass die Schultüte in reicheren Familien Ende des 19. Jahrhunderts Eingang gefunden hat", erklärt Professor Horst Schiffler, Leiter des Ottweiler Schulmuseums. Gestaltet sind die modernen Schultüten ganz individuell, denn der Trend geht zum Selberbasteln der bunten Tüten. "Schon seit 15 Jahren werden die Schultüten verstärkt gebastelt", weiß Daniela Schubert von Klein Buch+Papier in St. Ingbert. Auch Marliese Schmadel von Spielwaren Jungfleisch kennt diesen Trend: "Früher haben wir viele Schultüten verkauft. Heute nicht mehr." Was bei ihr mehr gekauft werde, seien kleine Tüten für die Geschwister der Schulkinder. So unterschiedlich die Schultüten auch sind, einen kleinen Trend, was die Motive betrifft, kann Christine Ruffing, Mitinhaberin von Rosch Kreativ, doch ausmachen. "Bei Jungs ist das typische Thema Piraten. Mädchen mögen Einhörner oder Prinzessinnen." Auch Dinos und Prinzessin Lillifee seien beliebt, ergänzt Daniela Schubert vom Buchladen Klein. "Die richtig Kreativen bringen den Schulranzen mit und wollen dessen Motiv auch auf der Schultüte", erzählt Karin Lanzer, ebenfalls Inhaberin von Rosch Kreativ. Gemeinsam mit Christine Schiffer bietet sie im Laden Kurse zum Basteln von Schultüten an. Aber auch außerhalb dieser Workshops "helfen wir den Kunden beim Zusammenstellen des Materials". Das Gestalten der Schultüten beginne meist schon im Mai. Auch bieten viele Kindergärten das gemeinsame Basteln der Tüten mit den Eltern an. Dabei muss die kegelförmige Tüte nicht mühsam mit Tonpapier geformt werden, denn es gibt vorgefertigte Modelle. "Der Rohling der Schultüte gibt die Form vor - rund oder sechseckig", sagt Schiffer. Was den Inhalt betrifft, so sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. "Der Trend geht hin zu Artikeln für die Schule und den Schreibtisch und weg von Süßigkeiten", weiß Schubert. Doch wenn es nach Karin Bierhals, Schulleiterin der Albert-Weisgerber-Schule, geht, darf an dem Brauch, den Kindern den Schulstart zu versüßen, gerne festgehalten werden: "In die Schultüte gehört etwas Süßes, aber nicht ausschließlich." Ein Kuscheltier, ein Malbuch oder eine Schere mit dem Namen des Kindes sind einige Vorschläge der Rektorin. "Schön sind auch farbige Armbändchen, mit deren Hilfe die Kinder links und rechts besser unterscheiden können." Im Spielwarenladen Jungfleisch werden gerne Spiele für den Schulbeginn gekauft. "Außerdem sind 'Toy Story'-Figuren (passend zu dem Disney-Film) im Trend als Inhalt für die Schultüte", sagt Schmadel. St. Ingbert. Schreibtafel, Griffel und Schwämmchen - diese einst typischen Utensilien eines Schulanfängers sind heutzutage weitesgehend aus dem Ranzen der Abc-Schützen verschwunden. Auch in St. Ingbert kommen Schreibtafeln in der Grundschule kaum noch zum Einsatz. Der Lehrer der ersten Klasse könne selbst entscheiden, ob er Schreibtafeln benutzen wolle, sagt Karin Bierhals, Schulleiterin der Albert-Weisgerber-Schule. "In diesem Schuljahr stehen Schreibtafeln bei uns nicht auf der Liste". Auch Werner Koch, Schulleiter der Rischbachschule, weiß, dass der ein oder andere Kollege noch auf Kunststofftafeln arbeite. An seiner Schule gebe es das nicht mehr. "Die Kinder schreiben die ganze Tafel voll und dann wird alles weggewischt. Das ist doch frustrierend", findet Koch und setzt daher keine Tafeln mehr ein. evy "In die Schultüte gehört etwas Süßes, aber nicht ausschließlich." Karin Bierhals, Schulleiterin

HintergrundDie Schultüte hat eine lange Tradition in Deutschland und war anfangs vor allem in Ostdeutschland bekannt. "Es gibt Bilder, etwa von 1830/40, auf denen Kinder mit Schultüten abgebildet sind", sagt Professor Horst Schiffler, Leiter des Ottweiler Schulmuseums. Aber bereits lange davor gab es den Brauch, den Kindern den ersten Tag in der Schule zu versüßen. "Es gibt seit dem spätem Mittelalter die Tradition, dass man Schulanfängern etwas schenkt", sagt Schiffler. Es sei etwa Gebäck in Form von Buchstaben gebacken worden. evy

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