Schützt die Uniform noch?

Saarbrücken/Überherrn. Die Polizei ermittelt weiterhin wegen des brutalen Angriffs auf einen uniformierten Kollegen am Freitagabend in Überherrn, bei dem der 57-Jährige Beamte schwer verletzt worden ist (wir berichteten). Sie hat gestern einen neuen Hauptverdächtigen ausgemacht, nachdem am Freitag zwei Männer den Polizisten auf dem Heimweg beim Stopp an einer Tankstelle angegriffen hatten

Saarbrücken/Überherrn. Die Polizei ermittelt weiterhin wegen des brutalen Angriffs auf einen uniformierten Kollegen am Freitagabend in Überherrn, bei dem der 57-Jährige Beamte schwer verletzt worden ist (wir berichteten). Sie hat gestern einen neuen Hauptverdächtigen ausgemacht, nachdem am Freitag zwei Männer den Polizisten auf dem Heimweg beim Stopp an einer Tankstelle angegriffen hatten. Einer der mutmaßlichen Angreifer, ein 19-Jähriger aus Lothringen, hatte sich noch am Freitag bei der Polizei gemeldet. Ein Begleiter des Mannes soll den Polizisten mit Faustschlägen und Tritten schwer verletzt haben, sagte Polizeisprecher Georg Himbert, nachdem gestern eine Zeugenaussage und das Videoband einer Überwachungskamera ausgewertet worden sind.

Vor dem schweren Angriff seien der 57-jährige Polizist und der 19-Jährige aneinander geraten, als der Jüngere beim Öffnen seiner Autotür an der Tankstelle den privaten Wagen des Beamten beschädigt hatte. Es sei zu einem Handgemenge gekommen, bei dem beide Männer zu Boden gegangen seien. Der unbekannte Täter soll daraufhin aus dem Auto des 19-Jährigen ausgestiegen sein, um auf den am Boden liegenden Beamten einzuschlagen. "Die Polizei ermittelt wegen schwerer Körperverletzung gegen den Unbekannten", sagte Himbert. Aufschluss über dessen Identität soll eine weitere Aussage des 19-Jährigen bringen. Der verletzte Polizist konnte noch am Freitag das Krankenhaus verlassen.

Polizeidirektor Paul Haben (Foto: Becker & Bredel) stellte gestern im Gespräch mit der SZ generell fest, dass "die Uniform nicht mehr schützt". Seine Sorge gilt den Beamten, die sich vermehrt Widerstand gegenüber sehen - oder unvermittelt angegriffen werden, wenn sie zwar im Dienst, aber nicht im konkreten Einsatz sind. Zwischen 2001 und 2009 haben sich nach Habens Angaben die Zahlen beim Widerstand gegen Polizisten mehr als verdoppelt: 2001 waren es noch 181 Fälle, 2009 stieg die Zahl auf 412. 2009 seien 74 Polizisten verletzt worden, laut einer Erhebung aus dem ersten Halbjahr dieses Jahres wurden in dieser Zeit 50 Beamte verletzt.

Zu 90 Prozent seien es Männer, die auffällig werden und Widerstand leisten, sagte der Landespolizeidirektor. Haben machte bei der Betrachtung des Alters eine dominante Gruppe von 18- bis 25-Jährigen aus. Oftmals würden Täter unter Alkohol- (61 Prozent) und zusätzlich unter Drogeneinfluss (zehn Prozent) stehen.

Polizeichef Haben, der am Donnerstag zur steigenden Gewalt gegen Polizisten einen Vortrag hält, plädierte unter anderem dafür, dass die Justiz Widerstandshandlungen konsequent und schnell verfolgen sollte. Wird ein Polizist verletzt, weil ein Täter Widerstand leistet, seien Bewährungsstrafen nicht mehr angemessen, sagte Haben. Es dürfe auch kein Tabu sein, bei Jugendlichen über andere Sanktionen nachzudenken. "Bei schwerem Widerstand gegen Polizisten wäre ein Entzug des Führerscheins denkbar", regte er an.

Landespolizeidirektor Paul Haben referiert am Donnerstag, 18.30 Uhr, im Haus der Union Stiftung (Steinstraße 10, Saarbrücken) zum vermehrten Widerstand gegen Polizisten. Anmeldung unter (06 81) 70 94 50 oder per E-Mail: info@unionstiftung.de.

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