Schön, aber unwirtschaftlich

Saarbrücken. In ganz Deutschland drohen die Streuobstwiesen zu verschwinden. Auch an der Saar sinkt ihre Zahl stetig. Gründe für den Rückgang sehen Fachleute vor allem in der geringen Wirtschaftlichkeit der Obstbäume und fehlendem Fachwissen bei der Pflege. Aus ökologischen und kulturellen Gründen setzen sie sich trotzdem für ihre Erhaltung ein

Saarbrücken. In ganz Deutschland drohen die Streuobstwiesen zu verschwinden. Auch an der Saar sinkt ihre Zahl stetig. Gründe für den Rückgang sehen Fachleute vor allem in der geringen Wirtschaftlichkeit der Obstbäume und fehlendem Fachwissen bei der Pflege. Aus ökologischen und kulturellen Gründen setzen sie sich trotzdem für ihre Erhaltung ein.

Früher schloss sich um viele Ortschaften ein ganzer Ring aus Streuobstwiesen. Sie prägten das Landschaftsbild und schützten die Dörfer vor Wind und Wetter. Durch die Vergrößerung der Siedlungen wurden sie aber im Lauf des vergangenen Jahrhunderts meist verdrängt. Moderne Produktionsverfahren und die Preiskonkurrenz aus dem Ausland haben diese Form des Obstbaus zudem unwirtschaftlich gemacht.

In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts zahlte die Europäische Gemeinschaft sogar Prämien für die Rodung der vermeintlich minderwertigen Streuobstbestände. In dieser Zeit wurden kaum neue Bäume gepflanzt, bis in den 70ern wieder ein regelrechter Naturschutz-Boom aufgekommen sei, erklärt Johann Schierenbeck der SZ. Der "Streuobstpapst" setzt sich mit dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bad Kreuznach für die Erhaltung des traditionellen Obstbaus ein. Die 60- bis 80-jährigen Bäume aus früherer Zeit drohten heute wegen mangelnder Pflege in sich zusammenzubrechen, sagt er. Sollten die alten Bäume absterben, würde es wegen der fehlenden Bäume mittleren Alters eine Lücke geben. Die Lösung sei ein sogenannter Sanierungsschnitt. "Er macht die alten Bäume wieder fitter und vitaler", so Schierenbeck. "Leider wissen heutzutage aber nur wenige Leute, wie das richtig geht."

Im Saarland erscheint die Situation weniger dramatisch, jedoch ist die Menge an Streuobst auch hier seit Jahren stark rückläufig. "Wir haben Glück, dass hier über die Jahrzehnte hinweg Obstverwertung betrieben wurde", sagt Monika Lambert-Debong vom Verband der Gartenbauvereine Saarland/Rheinland-Pfalz. Genaue Daten für das gesamte Saarland gebe es nicht, nur in einzelnen Regionen wie im Saarpfalz-Kreis und im Merziger Raum gibt es neuere Erhebungen. Was das Fachwissen angehe, sei man im Saarland aber durch die große Dichte an Gartenbauvereinen gut gerüstet. Das große Problem sei aber, dass viel geredet und wenig getan würde: "Die Bäume stehen auf den Feldern und werden nicht richtig gepflegt. Man erntet sie noch ab, aber sonst wird nichts getan. Das ist heute eben nur noch ein schönes Hobby, das Geld kostet".

Die Erhaltung der Streuobstwiesen ist für die Experten in zweierlei Hinsicht ein wichtiges Anliegen. Im Gegensatz zur modernen Landwirtschaft schaffen die nachhaltig bewirtschafteten Streuobstwiesen Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Damit haben sie einen ökologischen Wert. Als Kulturgut prägen sie außerdem das ästhetische Bild unserer Landschaft. Monika Lambert-Debong mahnt jedoch: "Wenn der Mensch nicht bereit ist, diese Arbeit zu tun, können die Streuobstwiesen nicht erhalten werden."

Hintergrund

Streuobstwiesen sind eine Form der extensiven Landwirtschaft: Unterschiedliche Obstsorten stehen als hochstämmige Bäume scheinbar zufällig über eine Wiese verstreut. Typisch sind der geringe Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln sowie das unterschiedliche Alter der Bäume: Alte Bäume werden im Idealfall regelmäßig durch Jungbäume ersetzt. Äpfel werden am häufigsten angebaut, aber auch Zwetschen sind sehr beliebt, außerdem Birnen, Mirabellen und Kirschen. Genutzt werden die Früchte zum Beispiel für Saft, Viez, Obstbrand und als Tafel- oder Dörrobst. ks

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