Schnelles Internet für sterbende Dörfer Junges Programm für alte Hasen

Baltersweiler. Es wirkt wie ein verzweifelter Appell, um gemeinsam aus einer schier ausweglosen Situation heraus zu kommen. Wie ein letztes Aufbäumen gegen das Unausweichliche. Ein Akt der Verzweiflung: wenn in der Neujahrsansprache statt positiver Worte zum Durchstarten, Berichte über die real existierende Klemme der Gemeinde Namborn eher zum Griff nach Hochprozentigem verleiten

Baltersweiler. Es wirkt wie ein verzweifelter Appell, um gemeinsam aus einer schier ausweglosen Situation heraus zu kommen. Wie ein letztes Aufbäumen gegen das Unausweichliche. Ein Akt der Verzweiflung: wenn in der Neujahrsansprache statt positiver Worte zum Durchstarten, Berichte über die real existierende Klemme der Gemeinde Namborn eher zum Griff nach Hochprozentigem verleiten.Für Bürgermeister Theo Staub war der Neujahrsempfang in Baltersweiler der richtige Anlass, auf die immensen Probleme seiner Kommune hinzuweisen. Mit annähernd 7300 Einwohnern auf zehn Orte verteilt ohnehin eher ein Zwerg müsse sie mit erheblichen Einbrüchen bei der Bevölkerungszahl rechnen. Der SPD-Politiker: "Wir werden bis 2020 erheblich schrumpfen und können dann froh sein, wenn noch 7000 Menschen in unserer Gemeinde leben." Diese dramatische Entwicklung sage die bundesweit tätige Bertelsmann-Stiftung voraus. Grund laut Staubs Statistik: Allein im vergangenen Jahr zählte Namborn lediglich 39 Geburten, allerdings 112 Beerdigungen.

Dann noch das: Über 30 Millionen Euro Schulden plagten Namborn, 830 000 Euro habe die Verwaltung 2011 allein an Zinsen berappen müssen. Dem gegenüber stünden nicht nennenswerte Gewerbesteuereinnahmen von gerade mal 320 000 Euro. Staub verteidigt sich, seine Verwaltung, den Rat: "Unsere Gemeinde lebt nicht verschwenderisch. Uns fehlen einfach die Einnahmen." Eine Lösung — nicht in Sicht.

Woran es Namborn indes nicht mangle, seien beispielsweise Kindergarten- und Krippenplätze. 226 davon gebe es zurzeit an den Standorten in Namborn, Hirstein und Furschweiler. Für den Rathauschef das Indiz zu proklamieren: In diesem Bereich sei Namborn "hervorragend aufgestellt".

An anderer Stelle spart Staub ebenso wenig mit Reklame. Beim Schulangebot spricht er von "noch attraktiver für junge Familien" bewirbt das "rege Vereinsleben", bei Ausbildungsplätzen tue sich was "für junge Menschen". Staub umgarnt förmlich die nächsten Generationen. Kündigt überall schnelle Internetverbindungen an — "bis spätestens September" auch in jetzt noch vernachlässigten Orten wie Baltersweiler und Namborn. Flotte Anschlüsse ins weltweite Netz für sterbende Dörfer?Baltersweiler. "Ein Feuerwerk ehrenamtlichen Engagements und musikalischer Darbietungen" war das Motto des Neujahrsempfangs der Gemeinde Namborn. Vorrangig junge Leute unterhielten im Baltersweiler Gemeindesaal St. Willibrord. Dem Empfang ging ein ökumenischer Gottesdienst in der Pfarrkirche voraus.

Die weltliche Feier eröffnete der Feuerwehrchor. Es stellte sich das Instrumental-Ensemble "The Crazy School Band" der Namborner Erweiterten Realschule (ERS) vor. Das Orchester, zehn Schüler von zwölf und 13 Jahren, gewährten unter Leitung von Marika Alka Einblicke in ihr Repertoire. Das Orchester Jugendkiller des Hirsteiner Musikvereins (Bianca Wipper) mit 22 Musikern (zehn bis 28 Jahre) entführte in die Welt des Musicals. Erzählerin war Melanie Zuschlag.

Der Theleyer Tobias Reisdorf (15)erzählte als Double der saarländischen Kunstfigur Elfriede Grimmelwiedisch den "Goldenen Namborner Schätzjes" spaßige Erlebnisse aus seinem Umfeld. Die neue Kinder-, Jugend- und Kulturbeauftragte der Gemeinde Namborn, Yvonne Kleewitz, führte durch den Abend.

Bürgermeister Theo Staub lobte das Engagement der Feuerwehr und dankte für ihre Arbeit: Bei 109 Einsätzen seien 926 Feuerwehrleute 2155 Stunden vor Ort gewesen. Stellvertretend ehrte Staub drei Feuerwehrkameraden, die zusammen seit 138 Jahren Mitglied sind.

Meinung

Größere Einheit unausweichlich

Von SZ-RedakteurMatthias Zimmermann

Das Geld langt der Gemeindeverwaltung hinten und vorne nicht. Gewerbetreibende, die sich demnächst in Namborn niederlassen und die Steuereinnahmen nur so sprudeln lassen, sind nicht in Sicht. Die Einwohnerzahl sinkt rapide. Keine zukunftsweisenden Voraussetzungen für die kommunale Selbstverwaltung. Dass ein Bürgermeister, wie in diesem Fall Theo Staub, mächtig für seinen Ort trommelt, ist nur allzu verständlich. Doch das tun andere im Saarland mit ähnlich prekärer Ausgangslage ebenso. Mit vergleichbaren Angeboten, die die Wohnattraktivität ohne Wenn und Aber sicherlich steigern. Dennoch werden weniger Menschen geboren als wegsterben. Das wird aller Voraussicht nach in absehbarer Zeit nicht umzukehren sein. All diese Existenz bedrohenden Faktoren bedeuten: Größere Verwaltungseinheiten sind unausweichlich.

Zur Person

Helmut Schäfer (72) ist seit 50 Jahren bei der Baltersweiler Feuerwehr. 1962 bis 1999 aktiv, unter anderem als deren Chef und als Stellvertreter. Seit über zehn Jahren organisiert er als Leiter der Altersabteilung der Namborner Wehr Seniorennachmittage und Fahrten.

Fred Schaadt (61), 1967 begann er seine Laufbahn im heutigen Namborner Ortsteil Baltersweiler. Schaadt war in wechselnden Führungspositionen, ebenfalls Löschbezirksführer und Vize. Seit mehr als 20 Jahren leitet er den Feuerwehrchor der Gemeinde Namborn.

Joachim Fritz (57) trat 1969 der Gehweiler Jugendwehr bei. Seit 1970 ist er Feuerwehrmann. 1986 bis 1988 war er als stellvertretender Wehrführer tätig. Seit 1988 kümmert sich Fritz als Wehrführer der Gemeinde Namborn um die Freiwilligen-Aufgabe in seiner Heimat. se

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