Schluss machen mit Wut im Bauch

Quierschied · Für die Mitarbeiterinnen der Filiale Quierschied der Drogeriekette Schlecker werden das schwere Wochen. Der Markt besteht schon 20 Jahre, aber seit Kurzem steht das endgültige Aus dieser Verkaufsstelle bis Ende des Monats fest. Die SZ war in Quierschied vor Ort, um mit den fünf betroffenen Mitarbeiterinnen zu sprechen.

 Heute beginnt der Ausverkauf in dieser Filiale. Foto: Allenbach

Heute beginnt der Ausverkauf in dieser Filiale. Foto: Allenbach

Quierschied. "Es trifft uns alle, wir hatten gehofft, dass es weitergeht", sagt Filialleiterin Eva Bach. Die 58-Jährige ist seit sieben Jahren in Quierschied und hat viel Herzblut in das Unternehmen gesteckt."Ich bin seit 17 Jahren im Betriebsrat. Wir haben für bessere Löhne gekämpft und es seit 1995 geschafft, tariflich bezahlt zu werden", erzählt die Betriebsratsvorsitzende des Bezirks Illingen. "Ich hab' keinen Hass, die Entwicklung gibt es in vielen Betrieben. Aber für meine 20 Jahre jüngeren Mitarbeiterinnen ist das eine Katastrophe", sagt sie. Doch die Enttäuschung sitzt tief: "Meine Altersteilzeit kann ich mir in die Haare schmieren, alles vorbei, wie bei meinen 500 Kolleginnen deutschlandweit. Und nach dem Aus kommt für viele der Gang zum Arbeitsamt. Wir hier sind frustriert", sagt Bach.

Sichtlich verärgert zeigten sich die SZ-Gesprächspartner über die Erwirtschaftung von Millionenbeträgen durch eine Leiharbeitsfirma, die sie den Schlecker-Kindern anlasten. "Wir fühlen uns ganz schön verschaukelt. Die haben ihre Schäfchen im Trockenen, und wir bluten. Das ruft Wut hervor", sagt Bach und bleibt doch relativ ruhig bei dieser Bemerkung. Dennoch wolle man in Quierschied einen sauberen Abschluss hinzulegen, der mit dem 30-Prozent-Preisnachlass am heutigen Freitag beginnt.

"Wir werden Ende des Monats mit erhobenem Haupt und sauberer Übergabe hier rausgehen", kündigt sie an.

Doch bis dahin stehe der "Rückbau" der Ware an. "Acht Tage vor Schluss wird kein Produkt mehr da sein. Das wird komisch, wenn alles leer ist", so Bach.

Dabei habe man erst vergangenes Jahr im August neu eröffnet. "Wir hatten zwei Wochen komplett zu, haben renoviert: Umsatz super, tolles Team, und wir liegen von den Zahlen her klasse." Bach schüttelt betroffen den Kopf. Eine Kundin schaltet sich ins Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung ein: "Das ist eine Katastrophe, wenn es hier keine Drogerie mehr gibt", sagt Ilse Jochum. Die 80-jährige Quierschiederin ist seit Jahren treue Kundin. "Hier ist alles übersichtlich. Ich weiß, wo alles steht, hab' gern hier eingekauft", meint sie. "Ich bin gespannt, was sich tut, wenn in einem Ort mit 10 000 Einwohnern kein Drogerieladen mehr steht. Man kann ja nicht alles in der Apotheke kaufen", fügt sie an. Das Mitgefühl der Kunden sei ohnehin hoch. "Die haben mitgebibbert. Wir haben es ja aus dem Radio erfahren, dass wir zumachen, und die Kunden haben uns getröstet", so Bach.

"Ich bin ja nicht nur Verkäuferin. Wenn jemand ein Problemchen hat, gebe ich Rat. Das sind gewachsene Beziehungen", sagt Mitarbeiterin Sabine Junk. Die 44-Jährige ist tieftraurig. "Viele Alleinerziehende arbeiten hier, wir sind super organisiert. Dazu noch werden wir tariflich bezahlt: Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Das war eine schöne Schafferei", meint sie. Dann sind alle zu traurig, um noch weiterzusprechen. "Meine Altersteilzeit kann ich mir in die Haare schmieren."

Eva Bach,

Filialleiterin

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