Schlappe für CDU-Regierung im Fall Pascal

Saarbrücken. Das Amtsgericht Saarbrücken hat die Telefondatenerhebung bei einem V-Mann im Fall Pascal am 17. März 2003 für illegal erklärt. Demnach ging es der Polizei bei der Maßnahme entgegen ihrer eigenen Darstellung und der der CDU-Regierung nicht darum, den Mordfall aufzuklären, sondern höchstens darum herauszufinden, ob der V-Mann Informant des Magazins "Spiegel" war

 Der Fall Pascal sorgt nach wie vor für Diskussionen. Foto: dpa

Der Fall Pascal sorgt nach wie vor für Diskussionen. Foto: dpa

Saarbrücken. Das Amtsgericht Saarbrücken hat die Telefondatenerhebung bei einem V-Mann im Fall Pascal am 17. März 2003 für illegal erklärt. Demnach ging es der Polizei bei der Maßnahme entgegen ihrer eigenen Darstellung und der der CDU-Regierung nicht darum, den Mordfall aufzuklären, sondern höchstens darum herauszufinden, ob der V-Mann Informant des Magazins "Spiegel" war.

Zudem hält es das Gericht für fraglich, ob die Telefon-Kontrolle zu diesem Zweck überhaupt erforderlich war. Es verweist auf einen Bericht der Saarbrücker Zeitung vom 11. Oktober 2008, wonach der V-Mann der Kripo nach deren eigener Aussage bereits zwei Tage vor der Telefon-Kontrolle - also am 15. März 2003 - selbst mitgeteilt hatte, dass er mit dem "Spiegel" in Kontakt stand.

Zwei Kripobeamte hatten den V-Mann an jenem Tag aufgesucht - kurz nachdem das Magazin über eine mutmaßliche Ermittlungspanne im Fall Pascal berichtet hatte. Der "Spiegel" hatte gemeldet, dass die Kripo kurz nach dem Verschwinden des Jungen am 30. September 2001 einem Hinweis dieses V-Manns auf Kindesmissbrauch in der Burbacher Tosa-Klause "wohl nur unzureichend nachgegangen" sei.

Das Amtsgericht revidierte damit die am 17. März 2003 von ihm selbst auf Initiative der Kripo erteilte Genehmigung der Telefon-Kontrolle. Die Kripo-Begründung, man habe den Beleg eines Kontakts des V-Manns zum "Spiegel" benötigt, um ihm dies bei einer Nachvernehmung vorzuhalten und ihm so weitere Angaben zum Mordfall zu entlocken, trifft laut Gericht schon deshalb nicht zu, weil es nie zu einer Nachvernehmung kam.

Zugleich wies das Gericht darauf hin, dass die Kripo die Daten, die auch Anrufe des V-Manns bei der SPD-Fraktion erfassten, "möglicherweise mit dem Ziel" erhob, sie "in anderen Verfahren zu verwenden". Die Daten flossen später in ein Verfahren wegen der Weitergabe eines Ausschuss-Protokolls aus dem Landtag ein, in dem der mittlerweile zurückgetretene Kripo-Chef Peter Steffes ermittelte. Es ging dabei um den Vorwurf der CDU, die SPD habe das Protokoll zum Thema Kindesmissbrauch an den "Spiegel" weitergeleitet und so Ermittlungen im Fall Pascal behindert. Steffes stellte seinerzeit die These auf, dass der V-Mann "Informationsmittler" zwischen "Spiegel" und SPD sein könnte.

Das Amtsgericht fasste seinen jetzigen Beschluss, nachdem die SPD, der "Spiegel" und der V-Mann Rechtsmittel gegen die Datenerhebung eingelegt hatten und das Oberlandesgericht das Amtsgericht für zuständig erklärt hatte. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Meinung

Gerichtsbeschluss ohne Folgen?

Von SZ-Redakteur

Dietmar Klostermann

Dass die saarländische Justiz sich den Fall der gesetzwidrig vom Amtsgericht zugelassenen Telefondatenerhebung wie eine heiße Kartoffel hin und her warf, ist allein schon kein Ruhmesblatt. Doch nach dem eindeutigen Beschluss des Amtsgerichts ist die Frage der Verantwortung dafür, dass die Saar-Kripo offenbar zeitweise mehr Interesse an den Telefonpartnern ihres V-Manns hatte als an der Aufklärung des Pascal-Falles, noch längst nicht beantwortet. Der Kripo-Chef von damals ist zwar aus der Schusslinie genommen worden, doch die Verantwortung der damaligen Innenministerin Kramp-Karrenbauer für den Gesetzesbruch muss geklärt werden.

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