Debatte über Fortführung SaarVV: Für ein Neun-Euro-Ticket ab September ist es zu spät – selbst, wenn Bund Milliarden zahlt

Saarbrücken · Die Ampel-Koalition in Berlin streitet über die Fortführung des Neun-Euro-Tickets. Die Länder fordern Milliarden für den ÖPNV vom Bund. Nur dann könnten die Verkehrsbetriebe günstigere Tickets anbieten. Doch für ein Neun-Euro-Ticket ab September ist es jetzt schon zu spät, sagt der Saarländische Verkehrsverbund.

 Nur noch im August wird es das Neun-Euro-Ticket geben. Eine Anschlusslösung ist bisher noch nicht in Sicht.

Nur noch im August wird es das Neun-Euro-Ticket geben. Eine Anschlusslösung ist bisher noch nicht in Sicht.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Das Neun-Euro-Ticket wird es ab September nicht mehr geben. Davon geht der Saarländische Verkehrsverbund (SaarVV) aus, in dem 14 Verkehrsbetriebe organisiert sind. Selbst wenn der Bund dies wollte und weitere Milliarden für das supergünstige bundesweite ÖPNV-Ticket locker machen würde – für die Verkehrsbetriebe wäre dies „zu kurzfristig“. Das sagt Elke Schmidt, Geschäftsführerin des Saarländischen Verkehrsverbundes.

Denn sie müssen planen. Vor allem mit den „erheblichen Mindereinnahmen“. Der Bund gleicht diese im Rahmen des Energieentlastungspaketes mit 2,5 Milliarden Euro aus (plus den Einnahmen aus dem Verkauf) und zusätzlich zu regulären 9,4 Milliarden an Regionalisierungsmitteln in diesem Jahr, mit denen die Länder und Verbünde Verkehrsleistungen bei den Anbietern bestellen. Doch die FDP-Bundesminister Christian Lindner (Finanzen) und Volker Wissing (Verkehr) sind gegen eine weitere Finanzierung des billigen Tickets. Darüber streitet man nicht nur in der Ampel-Koalition, sondern auch zwischen Bund und Ländern. Denn die Länder fühlen sich alleingelassen.

25 Millionen Euro Mehrkosten für ein 365-Tage-Ticket

Wie viel Geld würde im Saarland benötigt für eine Anschlusslösung? Zum Beispiel für die Einführung eines 365-Euro-Tickets? Von 25 Millionen Euro jährlich geht das Verkehrsministerium aus. Zusätzlich zu den 15 Millionen pro Jahr, die die Tarifreform das Land seit 1. Juli 2021 kostet. Würde man ein bundesweit gültiges 69-Euro-Ticket einführen, wären dafür rund zwei Milliarden Euro nötig, schätzt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

Landesregierung fordert Anschlusslösung

„Die Landesregierung würde eine Anschluss-Lösung sehr begrüßen, sieht aber den Bund in der Pflicht, dafür den gesetzlichen Rahmen zu schaffen und die Finanzierung sicherzustellen. Dies ist bisher nicht passiert“, heißt es in einer Stellungnahme des Saar-Verkehrsministeriums. „Im Vertrauen auf die im Koalitionsvertrag gemachte Zusage des Bundes zur Erhöhung der Regionalisierungsmittel haben viele Länder trotz finanzieller Risiken bereits Vorleistungen für die Ausweitung von ÖPNV-Angeboten getätigt, im Saarland beispielsweise in Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans ÖPNV mit der Verdichtung von Verkehrsleistungen auf der Schiene und der Einführung des PlusBus- und ExpressBus-Netzes“, heißt es weiter.

Weitere Maßnahmen seien in Vorbereitung, aber ohne die Mitfinanzierung des Bundes nicht finanzierbar. Das Land selbst habe seine Ausgaben für den ÖPNV in den letzten Jahren mehr als verdreifacht. „Jetzt muss auch der Bund seine Zusagen einhalten und liefern.“ Angesichts der stark gestiegenen Energie-, Personal- und Materialkosten im ÖPNV fordern die Länder eine Erhöhung um mindestens 1,5 Milliarden Euro, allein um das bestehende Verkehrsangebot aufrechterhalten zu können.

Keine ÖPNV-Überlastung im Saarland

Anders als in großen Flächenländern und Metropolen habe das Neun-Euro-Ticket im Saarland aber nur auf wenigen Strecken zu spürbar höheren Fahrgastzahlen geführt, sagt SaarVV-Geschäftsführerin Schmidt. Obwohl 140 000 Tickets allein im Juni verkauft wurden. Eine aussagekräftige Einschätzung, wie gut das Angebot genutzt wurde, könne man aber erst im Herbst treffen – wenn das bisherige Tarifsystem wieder greift. Dann wird man sehen, ob neue Kunden bleiben. Ohne bessere Verbindungen und ohne den Ausbau des ÖPNV sei zudem ein solches Neun-Euro-Ticket nur die halbe Miete. „Man muss den Preis so gestalten, dass die Kosten im Verhältnis stehen zu dem Plus an Fahrgastaufkommen“, gibt Schmidt weiter zu Bedenken.

Und genau dort liegt der Knackpunkt. Denn von einem günstigen Tarif profitieren Menschen nur, wenn es genügend schnelle Verbindungen gibt – gerade auch im ländlichen Raum. Erst dann lassen sie das Auto stehen. Für eine neue Art der Mobilität braucht es daher innovative Konzepte, bei denen die Digitalisierung eine große Rolle spielen wird. Das Verkehrsministerium arbeitet gerade an einem Modellprojekt, bei dem man per App seine Transportmöglichkeit flexibel buchen kann. Demnächst soll es vorgestellt werden. Solche maßgeschneiderten Lösungen funktionieren bereits in einigen Landkreisen anderer Bundesländer.

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