Serie Saartalk „Wir wissen, dass wir das Geld nicht haben“

Charlotte Britz (SPD), Daniela Schlegel-Friedrich (CDU) und Stephan Strichertz (parteilos) über Kommunalpolitik im Wahljahr 2019.

 Die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD), der Kleinblittersdorfer Bürgermeister Stephan Strichertz (parteilos) und die Merziger Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich (CDU) stellten sich den Fragen der Chefredakteure Norbert Klein (SR) und Peter Stefan Herbst (SZ, v.l.).

Die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD), der Kleinblittersdorfer Bürgermeister Stephan Strichertz (parteilos) und die Merziger Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich (CDU) stellten sich den Fragen der Chefredakteure Norbert Klein (SR) und Peter Stefan Herbst (SZ, v.l.).

Foto: Oliver Dietze

Der Saartalk ist ein gemeinsames Format von SR und SZ. Diesmal stellten sich Daniela Schlegel-Friedrich (CDU), Landrätin von Merzig-Wadern, Charlotte Britz (SPD), Oberbürgermeisterin von Saarbrücken, und Stephan Strichertz, parteiloser Bürgermeister von Kleinblittersdorf, den Fragen der Chefredakteure Norbert Klein (SR) und Peter Stefan Herbst (SZ). Nora Ernst hat das Gespräch in Auszügen dokumentiert.

HERBST Innenminister Klaus Bouillon (CDU) hat gesagt, die Kommunen haben bald so viel Geld, dass sie gar nicht mehr wissen, wie sie es ausgeben können. Wie schlau war der Satz?

BRITZ Ach Gott, wie soll ich den Satz bewerten. Ich denke, das Gleiche gilt für das Land und ich glaube, er hat es unter dem Gesichtspunkt gemeint, dass es sehr schwierig ist, Fachkräfte zu finden sowohl auf kommunaler Ebene wie auch auf Landesebene, insbesondere im Baubereich. Das spüren wir, und die Kommunen können nicht die entsprechenden Gelder zahlen.

KLEIN Haben Sie mehr Geld, als Sie ausgeben können?

BRITZ Nee, also wir nicht. Aber wir sehen natürlich, dass wir schon Fachkräftemangel haben. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir uns gut aufstellen, dass wir die Leute entsprechend bezahlen können und gute Strukturen haben.

HERBST Die IHK hat nochmal den Tunnel für die Stadtautobahn aus der Versenkung geholt. Wie glücklich oder unglücklich sind Sie, dass das Thema nochmal hochkam?

BRITZ Ach, ich weiß nicht. Ich glaube, die können alle nicht so gut rechnen. Das hat man auch gesehen bei der IHK. Wir haben immer gesagt, wir haben ein Thema, das ist das Thema „Stadtmitte am Fluss“. Aber wir wissen, dass wir das Geld nicht haben. Ich glaube, es ist eine Utopie, wenn man sagt, wo kommen 400, 500 oder 600 Millionen her. Deshalb haben wir auch in drei Schritten geplant. Dieser Tunnel kann immer gebaut werden. Wir werden bei allen Maßnahmen darauf achten, dass diese Vision nicht verbaut wird. Und wir haben aber mittel-, kurz- und langfristige Maßnahmen, um zu Lärmverminderung zu kommen. Das ist der richtige Weg. (...)

HERBST Herr Strichertz, Ihre Ärzte haben Ihnen davon abgeraten, nochmal zu kandidieren. Wie leicht oder schwer ist Ihnen das gefallen?

STRICHERTZ Extrem schwer. Ich habe mich mit dem Gedanken sehr lange auseinandergesetzt, habe auch mit meiner Familie intensive Gespräche geführt und mich über die Feiertage entschlossen, nicht mehr anzutreten. Das ist mir allerdings sehr schwer gefallen, aufgrund der 17 Jahre, die mir sehr viel Spaß gemacht haben – zumindest zu 90 Prozent, ich will die letzten beiden Jahre bewusst ausklammern. Es war ein Beruf, der mir sehr viel geboten hat. Ich bin auch sehr dankbar für das, was ich erleben und mitgestalten durfte. (…)

HERBST Der Gemeinderat hatte bei Ihnen den Weg frei gemacht für ein Großbordell, dann gab es massive Proteste. Hätten Sie das so erwartet?

STRICHERTZ Für mich war der damalige Beschluss des Ortsrates eine mittlere Sensation. Als ich ins Rathaus kam, wurde ich schon morgens darauf hingewiesen, wir kriegen jetzt einen Puff. Da habe ich gesagt, ihr spinnt. Ich war völlig baff, habe aber zuerst geschmunzelt, weil ich gedacht habe, das ist jetzt eine Episode. (...) Und dann hatten wir Gemeinderatssitzung und völlig überraschend wurde es dann dort bestätigt. Das war für mich schon ein ganz unangenehmes Gefühl.

KLEIN Was hat da gelockt? Die Gewerbesteuer?

STRICHERTZ Ich kann es Ihnen bis heute nicht erklären, was zu diesem Beschluss geführt hat. (...) Es läuft immer noch ein Verfahren beim Oberverwaltungsgericht. Der Kläger hat dort einen Antrag gestellt auf Zulassung der Berufung, insofern sind wir immer noch in einem schwebenden Verfahren. (...) Ich bin guter Hoffnung, dass wir dort gewinnen werden. (...)

HERBST Um die Frauenquote in der CDU in der Landesregierung ist es nach dem Weggang von Annegret Kramp-Karrenbauer nicht besonders gut bestellt. Braucht Ihre Partei Sie nicht dringender am Kabinettstisch in Saarbrücken als im Landratsamt in Merzig?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Das ist mein Eindruck im Moment nicht. Die Partei ist sehr gut aufgestellt. Es gibt auch durchaus kompetente Frauen in der CDU. Es gibt im Moment eine am Kabinettstisch, da muss man abwarten, wie sich das in der Legislaturperiode oder darüber hinaus entwickelt. Mein Ziel ist es, im Mai als Landrätin anzutreten, weil mir das große Freude macht und weil es dort viele Aufgaben gibt, die auch für die Landespartei wichtige Aufgaben sind.

KLEIN Für die gesamte Amtszeit? Was ist Ihr Plan?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Mein Plan ist, für die nächsten zehn Jahre Landrätin von Merzig- Wadern zu bleiben. Ich habe keinen Plan B, und ich strebe aktiv nichts anderes an. Ich wurde schon zwei Mal gefragt, und ich habe schon zwei Mal gesagt, ich möchte nicht in die Landesregierung eintreten.

HERBST Bei der Nordsaarlandstraße geht so recht nichts weiter und das schon ziemlich lange. Passiert da nochmal was?

SCHLEGEL-FRIEDRICH Wir hoffen alle sehr, dass an dieser Stelle noch etwas passiert, weil das eine Verkehrsverbindung ist, die wir im Landkreis und ich glaube auch im Land dringend brauchen. Wir haben mit der Verkehrsministerin besprochen, dass der Bedarf noch einmal neu ermittelt wird. Ein Problem, neben der naturschutzfachlichen Problematik, war immer, dass seitens der Straßenbauer der Bedarf nicht richtig quantifiziert werden kann, weil der Verkehr nicht ausreichend ist für einen Straßenneubau. Wir sehen das völlig anders, weil wir heute schon viele Umgehungsverkehre haben und weil diese Straße nicht nur eine Umgehung bestehender Ortschaften ist, sondern eine Entwicklungsachse. Wir sehen im Landkreis ganz klar und deutlich, dass sich all die Orte, die gut erreichbar zu Luxemburg liegen, sehr gut entwickeln und dass die Orte, die weiter abseits liegen, sich viel schwerer tun (...). Für uns ist es unglaublich wichtig, dass wir diese Verkehrsachse bekommen. (...)

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