"Wir müssen die Eltern in die Behandlung einbinden"

Wie bekannt ist es innerhalb der Bevölkerung, dass es eine Klinik wie die Ihre überhaupt gibt?Gontard: Das ist ein Problem, zumal deutschlandweit 70 Prozent der Kinder, die an psychischen Krankheiten leiden, keine Hilfe bekommen, obwohl Kliniken wie die unsere zur Verfügung stehen

Wie bekannt ist es innerhalb der Bevölkerung, dass es eine Klinik wie die Ihre überhaupt gibt?Gontard: Das ist ein Problem, zumal deutschlandweit 70 Prozent der Kinder, die an psychischen Krankheiten leiden, keine Hilfe bekommen, obwohl Kliniken wie die unsere zur Verfügung stehen. Es ist zu wenig bekannt, dass es wirksame Behandlungen für Kinder gibt, die an psychischen Störungen leiden. Wie kommen Kinder dann in Kontakt zu Ihnen?Gontard: Über Kinderärzte, Lehrer und Erzieher in den Schulen und Kindergärten oder Mitarbeiter des Jugendamtes. Wenn sie Auffälligkeiten bei den Kindern feststellen, wenden sie sich an uns. Und es gibt natürlich Eltern, die zu uns kommen, wenn in der Frühphase ihrer Kinder deutliche Probleme auftauchen.Welche Rolle spielen die Eltern?Gontard: Ohne die Eltern wäre unsere Arbeit gar nicht denkbar. Wir müssen die Eltern mit ins Boot holen, denn sie sind die wichtigsten Bezugspersonen der Kinder. Dass Eltern gar kein Interesse an ihren Kindern haben, kommt eher selten vor. Vielmehr gibt es Eltern, denen es sehr wichtig ist, dass ihren Kindern geholfen wird, sie sind sehr engagiert und unterstützen uns bei unseren Bemühungen.Das klingt ja sehr positiv. Aber ist es nicht so, dass in vielen Fällen die Eltern selbst durch Fehlverhalten Auslöser der psychischen Störungen bei ihren Kinder sind?Gontard: Natürlich ist das auch der Fall. Aber wir machen keinerlei Schuldzuweisungen, denn das führt zu nichts. Oftmals haben die Mütter selbst schwere Depressionen und brauchen Hilfe. Wir schaffen es in den meisten Fällen, die Eltern auf unsere Seite zu bekommen. Gilt das auch für Migranten?Gontard: Ja, natürlich. Wir erleben zum Beispiel die Zerrissenheit türkischer Mädchen, die eine Außenwelt vorfinden, die sich nicht mit den Zukunftsplänen der Eltern deckt. Da muss man sehr behutsam vorgehen. Was sind die häufigsten psychischen Probleme bei Kindern und Jugendlichen in Ihrer Klinik?Gontard: Das muss man altermäßig trennen. Bei kleineren Kindern sind es meist Ess- und Ausscheidungsstörungen. Auch Autismus manifestiert sich schon früh. Bei Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren kommen problematisches Sozialverhalten oder Aufmerksamkeitsstörungen hinzu. Bei Jugendlichen gibt es Ausbrüche von Schizophrenie, Depressionen, Selbstmord-Gefährdung oder schwere Essstörungen. Welchen Nutzen hat da die geplante Tagesklinik?Gontard: Sie ist ideal, denn hier können die psychisch kranken Kinder einen ganz normalen Tag verbringen und sind dennoch unter Aufsicht. Abends fahren sie wieder nach Hause, so bleibt der Kontakt zu den Eltern bestehen.

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