Von Fragebögen und Belästigung

Saarlouis · Die Wirtschaftbetriebe Saarlouis (wbs) und ihre Geschäftsführerin Marion Jost sind Objekte einer heftigen öffentlichen Diskussion. Kein Zufall: Jost ist zugleich CDU-Kandidatin bei der OB-Wahl.

Saarlouis. In einem SZ-Interview äußerte sich Marion Jost, Geschäftsführerin der Wirtschaftsbetriebe Saarlouis (wbs) zu Vorwürfen, die der wbs-Betriebsrat ihr gemacht und allen Ratsfraktionen per Brief mitgeteilt hatte. Mit ihren Äußerungen habe Jost wbs-Interna öffentlich gemacht, kritisiert darauf der Betriebsrat. OB Roland Henz erklärte, kein Wort zum Geschehen zu sagen - Jost ist nämlich seine Kontrahentin als CDU-OB-Kandidatin (wir berichteten).Für Tim Flasche, CDU-Fraktionschef im Stadtrat, ist Jost Opfer einer Schmutzkampagne. "Wenn jetzt aber OB Henz sich ausdrücklich weigert, sich vor seine Geschäftsführerin zu stellen", klagt Flasche, "wird offenbar, was Hintergrund dieser Kampagne ist." Jost, die hier gegen einen Mitarbeiter vorgehe, der eine Kollegin und eine Kundin belästigt habe, sei nicht nur im Recht, sondern für ihr Durchgreifen ausdrücklich zu loben.

Jost in Schutz nehmen wollten auch Claudio Spina und - wie der Teamkoordinator in der wbs-Technik angibt - "die Mehrzahl der wbs-Beschäftigten" mit einem Fragebogen. Mit wbs-Briefkopf und unten mit Platz für freiwillige Angabe des Namens und laufender Nummer stellt Spina - "ich habe den Bogen gemacht" - die Fragen, wie die Kollegen das Betriebsklima und das persönliche Verhältnis "zu unserer Geschäftsleitung" beurteilen. Das sollte intern bleiben, versichert Spina.

Blieb es aber nicht. Stefan Schorr von ver.di Saar erhielt den Fragebogen und - wie er sagt - besorgte Nachfragen, ob man denn unterschreiben müsse. Schorr verfasste ein Flugblatt, in dem die Gewerkschaft den Fragebogen verurteilt. Auch sei beim Arbeitsgericht ein Antrag auf einstweilige Anordnung zur Unterlassung gegen die wbs-Geschäftsleitung gestellt worden - nicht zuletzt, weil so eine Befragung der Zustimmung des Betriebsrats bedurft hätte. "Hätte er mich gefragt", sagt Jost, "dann hätte ich ihn aufklären können, dass ich nichts mit dem Fragebogen zu tun habe."

Meinung

Zwischen den

Wahrheiten

Von SZ-RedakteurMathias Winters

Was, wenn es stimmt? Das denken wir doch immer mal wieder bei eigentlich unglaublichen Geschehnissen. In der Geschichte um interne Vorgänge der Wirtschaftsbetriebe Saarlouis, die öffentlich geworden sind, passiert das serienweise. Unterschiedliche Wahrheiten werden erzählt. Was glaubhaft erscheint in diesem Gespräch, kann nicht stimmen, wenn in jenem Gespräch auch nur ein Fünkchen Wirklichkeit berichtet wurde. Das bedeutet aber auch: Es wird gelogen.

Eine Auszeit im Schlagabtausch, Verzicht auf weitere Wirkungstreffer wären da angesagt. Zwischen den Wahrheiten gibt es nicht.

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