„Ich hatte ein anderes Ergebnis erwartet“

Saarlouis · Der Aufsichtsrat der Wirtschaftsbetriebe Saarlouis (WBS) mit seiner Jamaika-Mehrheit hat ein Gutachten beauftragt. Das umstrittene Papier hält Schadenersatzansprüche gegen die früheren WBS-Geschäftsführer Heyer und Thirion für möglich. Der Rat habe nun entschieden, dass diese Ansprüche nicht fallen gelassen werden sollen: So interpretiert CDU-Fraktionschef im Interview mit SZ-Redakteur Johannes Werres die Abstimmung am Donnerstag.

Herr Flasche, der Stadtrat hat den früheren wbs-Geschäftsführern Manfred Heyer und Armin Thirion die Entlastung versagt. Was sagt diese Entscheidung aus?

Flasche: Der Rat hat entschieden, dass die von den Gutachtern aufgezeigten Ansprüche nicht fallen gelassen werden sollen. Daran sind alle Beteiligten, also OB, Aufsichtsrat und neue Geschäftsführung, jetzt gebunden. Das ist aber nur die juristische Seite. Die politische Dimension ist noch schwer zu fassen. Ich hatte, offen gesagt, ein anderes Ergebnis erwartet, weil viele Kollegen Skrupel haben, jemanden persönlich in Millionenhöhe zu belangen. Das Ergebnis zeigt: Hier wurde ganz individuell und nicht nach Parteibuch abgestimmt. Ein Grund für die Mehrheit gegen Entlastung liegt darin, dass wir bis heute nicht wissen, warum eigentlich das Projekt soviel teurer wurde. Wurde mehr gemacht als geplant, wurde Höherwertiges verbaut, waren die geschätzten Preise falsch oder was sonst war der Grund? Diese offenen Fragen machen Vielen natürlich ein flaues Gefühl. Die Geheimniskrämerei des OB hat hier das Gegenteil von dem bewirkt, was er wollte. Sie schadet den Betroffenen. Das gilt insbesondere für den Geschäftsführer Thirion, der wahrscheinlich froh wäre, die Öffentlichkeit wüsste, was in den Akten steht. Für uns als CDU steht jetzt im Vordergrund, dass sich solche Vorgänge nicht wiederholen: Die Aufsichtsgremien müssen jederzeit wissen, was Projekte tatsächlich kosten. Und die Öffentlichkeit sollte das auch wissen.

Der OB will klären, ob in diesem Fall zur Wirksamkeit der Entscheidung eine Zweidrittel-Mehrheit nötig wäre. Wie ist Ihr Kenntnisstand?

Flasche: Es gibt bei der Stadt gesellschaftsvertragliche Regelungen, wonach für eine Entlastung eine Zweidrittel-Mehrheit nötig ist. Dass man aber umgekehrt eine Zweidrittel-Mehrheit bräuchte, um eine Entlastung zu verweigern, wäre mir neu.

Angenommen, die Entscheidung ist wirksam. Die Entlastung ist versagt. Wie geht es weiter?

Flasche: Formal muss man hier unterscheiden: Zuständig für die Entlastung ist die Gesellschafterversammlung, die besteht allein aus dem OB. Er ist an die Ratsentscheidung gebunden, darf also nicht entlasten. Die Beauftragung von Rechtsanwälten zur Durchsetzung etwaiger Ansprüche hat die jetzige Geschäftsführung vorzunehmen.

Im Rahmen ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung muss sie bestehende Ansprüche auch geltend machen. Nach dem Votum des Rates gibt es keinen Grund, das zu unterlassen. Das letzte Wort haben dann wohl Gerichte.19 Ratsmitglieder haben am Donnerstagabend für, 20 gegen die Entlastung der früheren Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe Saarlouis (WBS), Manfred Heyer und Armin Thirion, gestimmt, drei sich enthalten (wir berichteten). Die Abstimmung war geheim. Hinter den Kulissen wird angenommen, dass nicht wenige Jamaikaner unter den Ja-Stimmen für die Entlastung waren. Ebenso, dass viele Nein-Stimmen aus den kleineren Oppositions-Fraktionen kamen.

FWG-Fraktionschef Altomaro Locurcio ließ gestern per Pressemitteilung wissen, dass die FWG "konkret Strafanzeige gegen Heyer, aber auch gegen Bürgermeister Pecina, das Architekturbüro und den WBS-Wirtschaftsprüfer" wegen des "Verdachtes der Veruntreuung, der rechtswidrigen Steuerverkürzung" Anzeige erstatten werde.

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