Einzige aktive Frau Über die besondere Geschichte dieser saarländischen Feuerwehrfrau wurde sogar ein Film gedreht
Wallerfangen · Seit 25 Jahren ist die Saarländerin als einzige aktive Frau bei der Feuerwehr Wallerfangen. Gabi Kiefer war auch die erste und lange Zeit einzige Frau bei der Werksfeuerwehr von Ford. Sogar ein Film wurde über sie gedreht. Jetzt feiert sie ihr 25-jähriges Jubiläum.
Es war das schönste Geburtstagsgeschenk, das Gabi Kiefer je erhalten hat: Ausgerechnet an ihrem 23. Geburtstag wurde ihr ein Herzenswunsch erfüllt – sie erhielt die Zusage, dass sie der Werksfeuerwehr der Fordwerke Saarlouis beitreten durfte. Als erste und einzige Frau, damals 1994.
Noch einmal zwei Jahre musste sie warten, und ihre komplette Grundausbildung bei der Werksfeuerwehr durchlaufen, bis auch die Feuerwehr ihrer Heimatgemeinde Wallerfangen ihrem wiederholten Antrag nachgab und die erste Frau in ihre Reihen aufnahm. Im 200. Jubiläumsjahr „ihrer“ Feuerwehr Wallerfangen konnte Gabi Kiefer nun auch ihr persönliches Jubiläum feiern: „Seit 25 Jahren stehe ich bei der Feuerwehr meinen Mann“, lacht sie – wenn auch heute wieder als einzige aktive Frau.
Ford drehte einen Film über Gabi Kiefer
Dicke Bretter musste die zierliche, inzwischen 50-Jährige in ihrem Leben bohren, nicht nur bei der Feuerwehr, auch im Berufsleben: Als eine der ersten Frauen begann sie 1987 eine Lehre als Industrie-Elektronikerin bei den Fordwerken, wurde und war lange Zeit die erste und einzige Werkfeuerwehrfrau bei Ford, nicht nur im Saarland, sogar in Deutschland. Das Unternehmen würdigte ihre Verdienste 2018 mit einem Porträtfilm, der auch bei der Vorstellung des neuen Focus in London gezeigt wurde – zur großen Freude von Kiefer.
„Feuerwehrmann“ nennt sich Kiefer selbst übrigens ganz bewusst: „Im Dienst sind alle gleich, da bin ich einfach Feuerwehrmann. Dass ich eine Frau bin, sieht man, das muss ich nicht betonen.“ Eine „Emanze“ wollte sie nie sein, betont sie: „Ich wollte einfach nur gleichgestellt sein. Warum soll ich das nicht genauso gut können wie ein Mann?“
Schon als Kind wollte sie unbedingt zur Feuerwehr: „Die roten Autos haben mich fasziniert, Blaulicht und Sirenen, das Adrenalin!“, schwärmt sie. Doch ihr Wunsch traf auf wenig Verständnis: „Was willst du denn da, du bist doch ein Mädchen!“, bekam sie zu hören, schildert sie: „Ich war aber nie das typische Mädchen!“ Oder besser: So wie man ein Mädchen haben wollte. Zum Glück, muss man sagen: Denn auf ihre leise, aber unbeirrbare Weise setzte sich die junge Gabi am Ende beharrlich durch.
Zwar tanzte sie bis ins Erwachsenenalter in der Garde, spielte Flöte – das Interesse an Technik und Hilfsdiensten aber war bei Mädchen unerwünscht, das ärgert sie heute noch. In ihrem Heimatort Ittersdorf blieb dem Kind nur das Jugendrotkreuz übrig: „Das war auch eine schöne Zeit“, erinnert sich Kiefer, „aber bei den Übungen schielte ich immer rüber zur Feuerwehr – da wollte ich doch eigentlich hin.“
Schon bei ihrer technischen Ausbildung blieb sie hartnäckig: Erst hagelte es Absagen. Doch dann begann sie als eine von nur drei Frauen unter vielen Männern bei Ford. „Das hat mir Spaß gemacht, handwerklich arbeiten, das war mein Ding“, erzählt Gabi Kiefer, die damals noch Hilt hieß. „Aber ich war immer der Exot.“ Sie hängte noch eine Technikerausbildung dran, im Drei-Schichtbetrieb arbeitete sie jahrelang in der Endmontage. Aber dann wurde bei einer Brandschutzübung im Werk ihr alter Traum wieder wach und sie fragte einen der Kollegen bei der Werkfeuerwehr: „,Darf ich bei euch mitmachen?‘ Da blieb dem erst mal die Spucke weg.“ Die Antwort ließ auch mehrere Monate auf sich warten – und kam dann just an ihrem Geburtstag. Mit wahrem Feuereifer stürzte sich die damals 23-Jährige in die Ausbildung: Truppführer, Gruppenführer, Atemschutz- und Maschinistenausbildung, silberne, dann goldene
„Wo ein Wille, da ein Weg!“
Leistungsspange. Viel Theorie plus wöchentliche Praxis-Übung – alles neben der Schichtarbeit. Einfach war das nicht: „Aber wo ein Wille, da ein Weg!“, kommentiert sie knapp. Viel Freizeit opferte die junge Frau dem Hobby. Den LKW-Führerschein, um die roten Riesen fahren zu dürfen, machte Kiefer auf eigene Kosten. 1999 wurde sie bei Ford zum Oberfeuerwehrmann befördert.
Ab Oktober 1997 durfte Kiefer als bereits ausgebildete Feuerwehrfrau dann auch bei der Freiwilligen Feuerwehr in Wallerfangen ihren Dienst versehen. Sie übernahm die Ausbildung der Jugend, die Pressearbeit, spielte im Spielmannszug und stand natürlich bei jedem Einsatz parat. Etwa 60 sind es im Jahr bei der Feuerwehr Wallerfangen. Wie viele sie bis heute gefahren hat, weiß sie selbst nicht mehr. „Der Pieper ist immer dabei“, sagt sie und zeigt auf ihre Handtasche – feuerrot und in einer Manufaktur aus einem alten Schlauch gefertigt, natürlich.
Vorbilder hatte sie selbst nicht, weder kannte sie jemand bei der Feuerwehr noch eine Frau in einem technischen Beruf oder bei Ford. Umso wichtiger ist es Kiefer, selbst anderen jungen Frauen Vorbild zu sein. Ob beim Girls Day bei Ford, den sie seit vielen Jahren organisiert, oder in der Ausbildung der Jugendwehr gilt: „Es muss jeder alles machen, ob Mann oder Frau. Geht nicht, gibt‘s nicht.“
In der Wallerfanger Wehr war sie „ein Wegbereiter“, sagt sie selbst, es kamen immer mal wieder Frauen nach. Heute ist sie dennoch die Einzige und auch wenn bei den meisten Jugendfeuerwehren fast gleich viele Mädchen wie Jungs gibt, sind bei den Aktiven die Frauen immer noch selten: „Das Interesse muss halt da sein. Und spätestens wenn mal Nachwuchs kommt, muss man sich organisieren“, meint Kiefer. „Aber warum soll denn immer die Frau daheim bleiben?“ Ihre eigene Tochter hat sie nicht selten mit auf die Wache genommen, „die war von klein auf überall dabei“, erzählt sie. Selbst in der einjährigen Elternzeit pausierte Kiefer bei der Freiwilligen Feuerwehr nicht. Unterstützt wurde sie privat immer von ihrer ganzen Familie und ihrem Mann, betont sie: „Die wussten, ohne Feuerwehr kann ich nicht!“, lacht sie. Auch wenn ihre heute 13-jährige Tochter andere Interessen als Feuerwehr hat, ist Kiefer wichtig, ihr vorzuleben: „Jeder soll tun können, was ihm Spaß macht, wofür er brennt. Manchmal muss man dafür hart kämpfen.“
Auch wenn Gabi Kiefer „dumme Sprüche“ und Vorbehalte meistens weglacht, einfach war ihr Weg nicht: „Klar musste ich mir viel anhören“, räumt sie ein. Das steckt man nicht immer so weg. Aber mit der Zeit wächst einem ein dicker Panzer.“
Am Ende zählt die Qualifikation, findet Kiefer. Sie selbst bildet sich immer noch ständig weiter, hat bei Ford noch 2015 nebenberuflich eine Weiterbildung zur Technischen Betriebswirtin gemacht, bei der Feuerwehr ist sie inzwischen als ranghohe Brandmeisterin im Einsatz. Ihre Feuerwehrausbildung „füllt bestimmt schon ein DIN A4-Blatt“, Kiefer hat die Pressearbeit für die Kreisfeuerwehr übernommen, sitzt im Führungsstab, engagiert sich kreisweit in der Ausbildung. Und seit Oktober ist sie auch noch Vorstand des Saarländischen Werkfeuerwehrenverband. „Ich wollte mich immer weiter entwickeln – und ich bin noch nicht am Ende“, sagt Kiefer stolz. Wie gut, dass sich diese starke Frau nie ausbremsen ließ.