Ehrenamt Ein Leben im Zeichen der Musik

Wallerfangen · Werner Dolibois ist seit 60 Jahren Vorsitzender des Wallerfanger Männergesangvereins „Liedertafel“.

 Werner Dolibois mit einem Plakat zum 150. Jubiläum des Wallerfanger Männergesangvereins.

Werner Dolibois mit einem Plakat zum 150. Jubiläum des Wallerfanger Männergesangvereins.

Foto: Bodwing

Seit unglaublichen 60 Jahren führt Werner Dolibois als Vorsitzender die „Liedertafel 1839“ Wallerfangen – den ältesten Männergesangverein im Saarland sowie einen der ältesten in Deutschland. Der Wallerfanger ist am 28. November 1927 geboren. Beim Besuch der SZ zeigt er Fotoalben und einen Ordner mit Lebenserinnerungen. Seine Erinnerungen hat Dolibois bisher auf 80 Seiten festgehalten – mit seiner Kofferschreibmaschine.

Geboren wurde er im Haus Requin, etwa dort, wo heute das Haus Sonnental steht. Dort lebten drei Familien, erinnert sich der 90-Jährige. „Wir waren zu 70 Prozent Selbstversorger. Dazu gehörten auch Schweine, zwei Ziegen und 40 Hühner.“ Die Schulzeit begann in der „Schule unter dem Dächelchen“, dort steht heute das katholische Pfarrheim. „Später waren wir auf der Adolphshöhe. Auf der einen Seite waren die Klassenräume, auf der anderen die Verwaltung des Rathauses.“

Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, im Januar 1945, wurde der 17-Jährige noch einberufen. „Gott sei Dank wurden wir nicht in Kämpfe verwickelt“, sagt Dolibois. „Am 4. Mai hatte unser Leutnant uns vom Fahneneid entbunden und weggeschickt. Wir sollten zusehen, dass wir nach Hause kommen. Aber wir konnten uns nur nachts bewegen.“

In Bayern ging Dolibois freiwillig in amerikanische Gefangenschaft. Zehn Tage später kam er wieder frei und war dann dreieinhalb Wochen zu Fuß unterwegs zum Hunsrück. „Weil ich dachte, dass meine Eltern noch dort sind. Ich marschierte jeden Tag etwa 30 Kilometer.“ Aber die waren bereits zurückgekehrt nach Wallerfangen – mit Ziehwagen, Ziege und einem halben Schwein.

1947 begann Dolibois bei der AOK in der mittleren gehobenen Verwaltungslaufbahn. Zur „Liedertafel“ kam er 1948. Der Vater seiner Frau hatte ihn bei einer Wanderung überredet, Mitglied zu werden. „Am 23. März 1958, an einem Sonntag, bin ich in der Generalversammlung zum ersten Vorsitzenden gewählt worden.“

Es sei nie ein personenstarker Verein gewesen, in besten Zeiten hatte er um die 60 Sänger. Heute sind es noch etwa zwei Dutzend. Das lag zum Teil auch an den damaligen Aufnahmebedingungen, erklärt Dolibois: Sänger brauchten einen Fürsprecher. „Da wurde nicht gefragt, kann der singen, sondern passt der zu uns?“

Einer der prägenden Dirigenten sei Josef Sibille gewesen, der 54 Jahre lang die musikalische Leitung hatte. „Schon Sibille hatte sich bemüht, andere Chorliteratur einzuführen. Aber das ließ sich nicht umsetzen.“ Dass heute der Nachwuchs ausbleibt, liegt für Dolibois nicht allein am Repertoire: „Es hat sich vieles verändert, die Interessen sind andere. Von Fernsehen und Computer bis Smartphone.“ Auch gehe der Zusammenhalt verloren. „Früher hat man sich noch gegenseitig geholfen“, meint der 90-Jährige.

„Wir waren einer der ersten Männerchöre, die in der Kirche gesungen haben“, erinnert sich Dolibois. „Doch die alten Sänger vom Kirchenchor meinten, wir sollten doch beim Hetzlersch Franz singen, im alten Schwan, und ihnen die Kirche lassen.“ Längst gebe es nun ein gutes Verhältnis zum Kirchenchor, berichtet Dolibois. Seit drei Jahren singt er selbst dort mit, vormals war er 30 Jahre im Kirchenchor Beaumarais.

Große Konzerte hatte die „Liedertafel“ in den 80er und 90er Jahren: Darunter Opern- und Operettenabende, zum 150. Jubiläum stand eine Robert-Stolz-Gala auf dem Programm. Für sein jahrzehntelanges Engagement erhielt Dolibois 1999 das Bundesverdienstkreuz. „Als er das bekommen hat“, merkt seine Ehefrau Maria schmunzelnd an, „habe ich gesagt: Die Hälfte ist meins.“

Am 22. März steht die nächste Generalversammlung der „Liedertafel“ an. „Dann machen wir weiter“, sagt Dolibois entschieden.

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