Das hat im Kreis Saarlouis keiner erwartet

Saarlouis. Horst Köhler ist am Montagnachmittag nach sechs Jahren von seinem Amt als Bundespräsident zurückgetreten. Dieser Schritt Köhlers war eine Reaktion auf die Debatte, die seine Äußerung über Auslandseinsätze der Bundeswehr ausgelöst hatte. Köhler hatte diese unter anderem mit der Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen begründet und dafür heftige Kritik geerntet

Saarlouis. Horst Köhler ist am Montagnachmittag nach sechs Jahren von seinem Amt als Bundespräsident zurückgetreten. Dieser Schritt Köhlers war eine Reaktion auf die Debatte, die seine Äußerung über Auslandseinsätze der Bundeswehr ausgelöst hatte. Köhler hatte diese unter anderem mit der Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen begründet und dafür heftige Kritik geerntet. Gestern klagte Köhler über den mangelnden Respekt vor dem höchsten Amt des Staates. Die Bürger im Landkreis Saarlouis haben nicht mit Köhlers Rücktritt gerechnet.

"Ich bin schockiert und furchtbar traurig", sagt Hildegard Kasel-Seibert aus Saarlouis, "aber der Rücktritt ist auch gerechtfertigt, wenn der Präsident so beleidigt wird. Das muss ihn schon sehr getroffen haben, denn sonst ist er nicht so empfindlich." Philipp Schwinn (Fotos: kj) aus Hülzweiler kann Köhlers Schritt nicht nachvollziehen: "Es ist unnötig, dass er heute von seinem Amt zurückgetreten ist. Er hat doch nur seine eigene Meinung geäußert. Das muss doch auch erlaubt sein, wenn die mal nicht mit der der anderen Politiker übereinstimmt."

"Er hat doch nur das ausgesprochen, was die meisten denken", sagt Jörg Pfingstmann aus Wallerfangen. "Dafür wurde er kritisiert. Ich kann ihn und seinen Rücktritt gut verstehen." Melina Müller ist überrascht: "Ich hätte wirklich nicht erwartet, dass er zurücktritt. Aber damit, dass man sich ihm gegenüber zu respektlos verhalten hat, hat er recht, finde ich."

Saarlouiserin Marie-Luise Stemmler zeigt sich verständnisvoll: "Köhlers Rücktritt ist eine durchaus menschliche Reaktion. Was er über Auslandseinsätze der Bundeswehr gesagt hatte, ist falsch aufgefasst worden, man hat ihm Vieles in den Mund gelegt." Dass Köhler sich weder entschuldigen noch sein Amt niederlegen muss, meint Sigrid Blasius aus Roden: "Einen Rücktritt finde ich übertrieben. Köhlers Aussage ist über eine Woche her und war bereits vergessen."

Ulla Werner ist wenig beeindruckt von der Reaktion des Bundespräsidenten. "Köhlers Rücktritt schockiert mich überhaupt nicht, in der Politik tritt dauernd mal jemand zurück oder ändert plötzlich seine Meinung. Aber wenn Köhler sich als Präsident nicht neutral verhält, muss er mit Kritik rechnen. Insbesondere was Außenpolitik betrifft, müsste er vorsichtiger sein." Hansi Friedrich aus Wallerfangen findet: "Der Rücktritt ist Quatsch. Köhler ist nicht ausreichend kritikfähig. Wenn man ein so hohes Amt begleitet, sollte man sich selbst kritisch betrachten können und sich konstruktiv mit Kritik auseinandersetzen. Dann könnte man ihm solche Aussagen auch durchaus verzeihen."

Köhler ist der erste Bundespräsident, der von seinem Amt zurücktritt. Im Grundgesetz ist geregelt, dass der Bundespräsident innerhalb der nächsten 30 Tage neu gewählt werden muss. So lange übernimmt der derzeitige Präsident des Bundesrats, der Bremer Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD), das Amt.

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