Schaffhauser Wehr wird 100

Schaffhausen. Jessica Frank weiß schon, wo sie anpacken muss am Einsatzfahrzeug LF8/6. Die Zehnjährige ist seit Sommer in der Jugendfeuerwehr Schaffhausen und greift gleich fest zum Schlauch für den SZ-Fotografen

 Schaffhauser Zukunft (von links): Jessica Baumgart, Löschbezirksführer Guido Hübschen, Jessica Frank, Evelyne Renkes-Theisen, Sabrina Hübschen und Vanessa Schäfer beim Schlauchauswerfen am LF 8/6. Foto: Hartmann Jenal

Schaffhauser Zukunft (von links): Jessica Baumgart, Löschbezirksführer Guido Hübschen, Jessica Frank, Evelyne Renkes-Theisen, Sabrina Hübschen und Vanessa Schäfer beim Schlauchauswerfen am LF 8/6. Foto: Hartmann Jenal

Schaffhausen. Jessica Frank weiß schon, wo sie anpacken muss am Einsatzfahrzeug LF8/6. Die Zehnjährige ist seit Sommer in der Jugendfeuerwehr Schaffhausen und greift gleich fest zum Schlauch für den SZ-Fotografen. Jessica Baumgart und Vanessa Schäfer, beide zehn und erst ganz kurz in der Wehr, fassen für den Fotografen zum ersten Mal überhaupt mit an beim Schlauch auswerfen. Das werden sie noch öfter tun. Denn das lernen sie gleich am Anfang in der Jugendwehr. Die beiden Jessicas und Vanessa bilden die eine Hälfte der Schaffhauser Jugendfeuerwehr. Die andere Hälfte sind Jungs. Mädchen sind seit ein paar Jahren dabei. Es werden mehr, sagt Karsten Hübschen, der Jugendleiter. Und wie bei den Jungs wechsle mindestens die Hälfte der Jung-Wehrleute mit 16 in die aktive Wehr. "Das ist der Trend", bestätigt Guido Hübschen, der Löschbezirksführer. 28 Männer und vier Frauen hat seine aktive Wehr. Bundesweit wirbt die Feuerwehr um Frauen. Manchmal provokativ. "Frauen an den (Brand)Herd", heißt es auf einem Aufkleber. Oder "Frauen sind Katastrophen (gewachsen)" auf einen anderen. Nicht jeder verstehe das Spiel mit der Sprache sofort, sagt Guido Hübschen.Mit ernsten Gesichtern sitzen die drei Mädchen da und schütteln den Kopf: Auf die Frage, ob sie sich vorstellen können, später wirklich mal einen Brand zu löschen. Oder ein Auto aufzuschneiden. "Nicht wirklich. Naja, ein bisschen." Das sei ganz normal, sagt der Jugendwart. "Das ändert sich mit den Jahren." Sabrina Hübschen, 19, erinnert sich noch gut an ihren ersten Einsatz: "Wir mussten ein Kind vom Baum holen. Von ganz oben." Dann der erste Brand. "Es war ein Schock zu sehen, wie die Flammen aus dem Haus kamen. Ich dachte: oh Gott, was muss ich jetzt tun? Dann machte es Klick, und ich wusste jeden Handgriff." Das war lange geübt. Und sie musste sich erst einfinden "in das eingespielte Team. Da wirst du langsam reingebracht." Oft FamiliensacheDie Wehr, das ist oft auch Familiensache. Nicht bloß bei den Hübschens. Der Urgroßvater trat 1919 ein, nicht lange nach der Gründung vor 100 Jahren. Sieben weitere Familienmitglieder folgten; fünf sind es derzeit. Und Evelyne Renkes-Theisen vertritt eine Gruppe, die laut Löschbezirksführer in fast allen örtlichen Wehren vorkommt: Ehepaare. Die drei Zehnjährigen sagen: Sie haben sich das angeschaut, Vanessa zum Beispiel beim Feuerwehrfest, und das habe versprochen, Spaß zu machen. Vor ihnen liegen nun sechs Jahre Training. Mit 16, sagt Guido Hübschen, sind sie einsatzbereit und wechseln in die aktive Wehr. Bis dahin haben sie die "Jugendflamme" und die "Leistungsspange" erworben. Voll eingesetzt, also auch in akuten Gefahrenbereichen, werden sie ab 18 Jahren.Jugendarbeit ist liebevolle Kleinarbeit. Schaffhausen hat Nachwuchs. Doch Kreisbrandinspektor Martin Hell sieht voraus: "Schon heute haben die Feuerwehren Nachwuchsprobleme." Dabei wachse das alltägliche Gefahrenpotenzial - in der Industrie, auf der Straße. Das könne nur heißen: "Mehr Gefahren - mehr Feuerwehr." Meinung

Privilegien verpflichten - uns

 Diente lange: Die fahrbare Handdruckspritze. Foto: SZ/Wehr

Diente lange: Die fahrbare Handdruckspritze. Foto: SZ/Wehr

Von SZ-RedakteurJohannes Werres Offene, aufmerksame Mädchen-Gesichter. Zehn Jahre alt sind die beiden Jessicas und Vanessa. In sechs Jahren gehören sie vielleicht der aktiven Wehr an. Mit 18 sind sie voll dabei. Unser Sohn zuhause wird dann längst ein junger Autofahrer sein. Zur ungeschminkten Wahrheit gehört: Niemand kann ausschließen, dass er mal aus einem Autowrack geschnitten werden muss. Und vielleicht werden gerade diese drei Mädchen ihm dann helfen. Wie klar ist uns eigentlich das Privileg, dass Feuerwehr (und Rettungsdienste) bei uns flächendeckend von Freiwilligen besetzt werden? Zur Wahrheit gehört auch die Frage: Wie bedanken wir uns für dieses Privileg? Wir leben nicht mehr in einer Zeit, in der alles einfach mit Dank für Idealismus abgedeckt ist. Junge Leute, die sich auf den langen Weg einlassen, zu löschen, zu retten, zu bergen, denen gehören handfeste Vorteile eingeräumt. Auf dem Weg zur Ausbildung, im Studium, sonst wo. Vergünstigungen bei Konzerten. Im Jugendaustausch mit Wehren anderer Länder. Die Initiative muss aus der Politik kommen. Wie bitte? Kein Kleingeld, um die Zukunft zu bezahlen? Das ProgrammFreitag, 6. Juni: Discoabend (19 Uhr). Samstag, 7. Juni: Leistungsmarsch von 30 Gruppen der Jugendfeuerwehr aus dem Kreis (acht Uhr bis etwa 14 Uhr, Siegerehrung). Seniorennachmittag mit Gitte (15 Uhr). Eröffnung (19 Uhr) und Dorfabend mit Remax (21 Uhr). Sonntag, 8. Juni: Gottesdienst (zehn Uhr), Frühschoppen (elf Uhr), Festumzug (ab 13.30 Uhr), Spielmannszüge (15 Uhr), Musikabend mit Gitte (17 bis 20 Uhr). weGründungDer Baumeister Matthias Schneider gründete die Schaffhausener Wehr am 15. Juni 1908. 19 Bürger traten sofort bei. 1925 zählte sie 39 Aktive - und eine fahrbare Handdruckspritze. Das 50-jährige Jubiläum wurde zum größten Volksfest in Schaffhausen seit dem Zweiten Weltkrieg. 1964 erhielt die Wehr ihr erstes Fahrzeug. we

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