Bergbaumusik Bergmusik und Bergbau sind präsent

Wadgassen · Der Wadgasser Musikwissenschaftler Björn Jakobs hat sich in einem 420 Seiten starken Werk der „Bergmusik an der Saar“ gewidmet.

 Der Autor Björn Jakobs signiert im Beisein von Verleger Volker Felten die Bücher.

Der Autor Björn Jakobs signiert im Beisein von Verleger Volker Felten die Bücher.

Foto: Ruppenthal

Wie lange wohl noch die Bergbautradition, auch die Bergmusik, als kultureller Wert im Saarland im Bewusstsein bleibe? Abschlussfrage des Wadgasser Musikwissenschaftlers Dr. Björn Jakobs bei der Vorstellung seines neuen Buches über die Musik des Bergbaus. Im Saal des Restaurants Alte Abtei hebt das Wonderbrass Quintett des Orchestervereins an zu dem, was noch fehlt: das Steigerlied. Augenblicklich tritt Stille im Saal ein. Dann singen einige mit, immer mehr, anschwellend, bis der Saal bebt. Im Publikum nicht wenige, die selbst unter Tage waren. Die Verbindung zwischen Bergmusik und Bergbau ist im Jahr 2020 noch nicht Geschichte, sie ist noch organisch da. Wenn auch nur noch als Erinnerung, aber eben als selbst erlebte.
Irgendwann aber wird alles nur noch Sache der Erinnerung durch Dokumente sein. Genau dafür hat Björn Jakobs mit „Bergmusik an der Saar, eine 200-jährige Kulturgeschichte“ vorgesorgt. Erstmals hat er alles zusammengetragen über die Kapellen der Gruben an der Saar seit ihrer ersten Gründung 1820 im preußischen Fahrwasser. Methodisch sauber, der Musikwissenschaftler hatte 2015 eine Dissertation über die Blasmusik der Region vorgelegt.
Den Anstoß zum neuen Buch gab aber etwas anderes. Der Verein Bergmusik an der Saar wollte von Jakobs untersuchen lassen, ob die heutige Bergkapelle Saar als legitime Nachfolgerin der ersten richtigen Bergkapelle an der Saar sei, die 1820 als Direktionskapelle gegründet worden war. Gute Frage im Jubiläumsjahr 200 Jahre später.
Mit der Direktionskapelle war die Saar später Nachzügler. Im Erzgebirge und in Sachsen hat die organisierte Bergmusik seit dem 17. Jahrhundert ihren Platz und ihre Funktion. Zum Beispiel die, die Angst unter Tage zu vertreiben. Später stellten die bergmännischen Lieder die faszinierenden wie die gefährlichen Seiten des Standes dar; im 19. Jahrhundert brachten die Bergleute darin ihren Stolz ein und verankerten so ihre Bedeutung in der Gesellschaft. Das „Steigerlied“ war schon 1678 im Erzgebirge entstanden.
Rasch gründeten weitere Saarbergwerke ihre eigenen Kapellen. 25 bis 30 Mann stark und oft nur schwer zu besetzen, anfangs die Bläser, später auch Streicher. Ehemalige preußische Militärmusiker fanden da eine Anstellung. Sie prägten das Bild der Kapellen stark. Das Repertoire umfasste die Möglichkeiten, die man braucht für Auftritte bei Familienfeiern oder auch vor großer Gesellschaft.
Der Erste Weltkrieg setzte dem ein Ende. Was an Kapellen (und ihren Instrumenten) blieb, wurde nun vor allem auf patriotische Märsche getrimmt. Eine politische Konfliktkomponente im bald französisch besetzten Saargebiet war programmiert. 1920 nutzte Hanns Maria Lux die eingängige Melodie des Steigerliedes für einen anderen Text: „Deutsch ist die Saar“. Er wurde eine Hymne in der Saarabstimmung 1935. Nach der Abstimmung ordnete Paul Coenen die verbliebenen zwölf Kapellen neu, gab ihnen einheitliche Uniformen und ein gemeinsames Bergmannsliederbuch.
In den 50ern setzte ein Rückgang ein, 1969 blieben noch die beiden Bergkapellen Mitte und West übrig. Sie fusionierten 1995 zur heutigen Bergkapelle Saar (zunächst als Bergkapelle der Saarbergwerke AG). Seit 2015, also nach dem Ende des Bergbaus, unterstützt sie der Verein Bergmusik an der Saar. Gespielt werden auf anerkannt hohem Niveau.

 Björn Jakobs stellte in der Alten Abtei Wadgassen sein Buch über die Bergmusik an der Saar vor.

Björn Jakobs stellte in der Alten Abtei Wadgassen sein Buch über die Bergmusik an der Saar vor.

Foto: Ruppenthal

„Bergmusik an der Saar“ (ISBN 978-3-9814624-6-3), 29,95 Euro.

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