Apfelbäume machen Pause

Wadgassen · Die Idee war so schön und hatte sich schon in Friedrichweiler bewährt: Der Obst- und Gartenbauverein führt Menschen mit vollen Apfelbäumen zusammen mit Menschen, die gerne Äpfel hätten und pflücken wollen. In Wadgassen aber floppte das. Wahrscheinlich, weil 2016 ein ganz schlechtes Apfeljahr ist.

 Karl Heinz Ratzel (links), Josef Wilhelm mit Säulenapfel „Super Compact“, der dem „James Grieve“ sehr ähnelt. Säulenäpfel liegen derzeit im Trend. Dieser Baum trägt auch 2016. Foto: Rolf Ruppenthal

Karl Heinz Ratzel (links), Josef Wilhelm mit Säulenapfel „Super Compact“, der dem „James Grieve“ sehr ähnelt. Säulenäpfel liegen derzeit im Trend. Dieser Baum trägt auch 2016. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Sie führt einen schönen Namen, die internationale Ausstellung für Obstsorten, die vom 23. bis 25. September in Luxemburg stattfindet: die Europom. Die Saarländer wären gern mit besonders vielen Apfelsorten vertreten. Josef Wilhelm vom Obst- und Gartenbauverein Wadgassen könnte da in der Regel helfen. Doch dieses Jahr "ernten wir hier weniger als ein Drittel der Menge des Vorjahres."

30 Sorten etwa könnte er präsentieren, teilte er dem Landesverband der Gartenbauvereine mit. Dabei verfügt Wilhelm über 120 Sorten, fast jeder seiner Bäume trägt eine andere. Meist alte Apfelsorten. Gepflanzt hat Wilhelm seine Bäume als Streuobstwiese, für die er vor zehn Jahren den Kreisumweltpreis bekam. "Das Apfeljahr 2016 ist ein sehr schwieriges. Anfangs gab es viel zu viel Niederschlag , und Apfelbäume stehen nicht gern mit nassem Fuß. Letztes Jahr war es genau umgekehrt. Dafür fehlte aber jetzt der Niederschlag in der Reifephase." Denn der Apfel nehme in den letzten beiden Wochen, bevor er am Baum reif wird, kräftig zu, und dafür brauche er Wasser. Das feuchte Wetter am Anfang habe zudem das Wachstum von Pilzen und den Befall mit Blattläusen "enorm" begünstigt. Und besonders süß seien die Äpfel dieses Jahr auch nicht. Die plötzlich ganz heißen Tage im September brachten manchen Sorten auch "Sonnenbrand", braune Dellen.

Nicht alle Sorten reifen im selben Takt. Das ist der Grund, warum es einzelne Sorten gibt, deren Bäume sich auch jetzt unter der Frucht biegen. Nun also nur noch 30 Prozent der Ernte des üppigen Vorjahres.

Das bestätigt auch die Geschäftsführerin des Landesverbandes der Gartenbauvereine , Monika Lambert-Debong. Neben dem Wetter sorge eben auch der reiche Ertrag 2015 für weniger Ertrag 2016 - viele alte Sorten legten einfach eine Pause ein. "Viele Obstwiesen sind ganz leer. Die Leute haben insgesamt nicht viel Obst."

Das ist nicht nur der Grund dafür, dass etwa der Obstbau-Verein in Friedrichweiler fürchte, Termine zum Pressen der Äpfel absagen zu müssen, sagt Karl Heinz Ratzel, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Wadgassen . Die Wadgasser hatten sich an den Friedrichweilern orientieren wollen. Die hatten 2015 mit Erfolg Besitzer der Apfelbäume und Interessenten am Obst zusammengeführt. Das Angebot war größer als die Nachfrage. In Wadgassen 2016 umgekehrt. "Ein Dutzend Nachfrager, aber nur einen Anbieter, das ist die Gemeinde."

Auch aus Friedrichweiler hat Ratzel gehört, dass kaum jemand angeboten habe, die Äpfel zu verschenken, die er nicht selbst ernte. Doch auch jetzt falle viel Obst von den Bäumen "einfach runter und vergammelt". Die Vermittlungsaktion heißt "Alte Bäume - junge/neue Pflücker".

Friedrichweiler war laut Landesverband der erste Obst- und Gartenbauverein, der die Idee der im Frühjahr 2015 eingerichteten landesweiten Streuobstwiesen-Börse im Internet vor Ort selbst umsetzte, sagt Lambert-Debong. Die Börse allerdings zielt in erster Linie auf die Fläche der Streuobstwiese, die gepachtet oder gekauft oder gesucht werden kann. Die Wadgasser hoffen darauf, dass sich doch noch Besitzer von Bäumen oder Obstwiesen melden, die die Äpfel lieber abernten, als sie verrotten lassen.

Meinung:

Charmante Idee

Von SZ-Redakteur Johannes Werres

Es ist eine so charmante Idee, Leute zusammenzubringen, die ihre Apfelbäume nicht ernten und solche, die gern Obst hätten. Unverständlich, was Obst- und Gartenbauer wie Karl Heinz Ratzel berichten: Wie viele Leute die Äpfel lieber verrotten lassen als sie anderen zu gönnen. Darum verdient die Idee mehr Bekanntheit, viele Baumbesitzer kennen sie noch gar nicht. Eigentlich reicht es dabei zu wissen, dass diese Äpfel schmecken und gesund sind. Darüber hinaus gehört Ernten und Verzehr einfach zum Lebenskreislauf gerade der Streuobstwiesen, die unsere Landschaft duften lassen.

Zum Thema:

Auf einen Blick Obst- und Gartenbauverein Wadgassen , 236 Mitglieder, Tendenz steigend (1.1.2015: 199). Baumschnittkurse oder Kurse "Richtige Pflege von Tomaten". we Ansprechpartner der Pflück-Aktion: Karl Heinz Ratzel, Telefon (0 68 34) 4 37 54; E-Mail: Karl_Heinz.Ratzel@gmx.de. Streuobstwiesenbörse: www.gartenbauvereine.de/saarland_rheinland-pfalz/

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