Tatsächlich: Geier auf dem Gau

Oberesch/Biringen. Eigentlich war Rolf Klein, 24, anerkannter Ornithologe, am Dienstagabend mit Jan Balzer, 19, unterwegs, um in Oberesch Helfer für den Bierstand auf der Biringer Kirmes zu finden. In der Nähe des Johanneshofs in Oberesch stoppte er. Was er sah, mochte er selbst kaum glauben: Vier Gänsegeier hockten in zwei alten Obstbäumen einer Streuobstwiese

Oberesch/Biringen. Eigentlich war Rolf Klein, 24, anerkannter Ornithologe, am Dienstagabend mit Jan Balzer, 19, unterwegs, um in Oberesch Helfer für den Bierstand auf der Biringer Kirmes zu finden. In der Nähe des Johanneshofs in Oberesch stoppte er. Was er sah, mochte er selbst kaum glauben: Vier Gänsegeier hockten in zwei alten Obstbäumen einer Streuobstwiese. "Mit einer Spannweite von 2,65 Metern sind das die größten Vögel, die man in Mitteleuropa beobachten kann. Größer ist nur der Mönchsgeier, aber der ist hier noch nie gesehen worden", berichtete Klein gestern. "Ich konnte die Gänsegeier fotografieren. Es ist der erste Fotonachweis von Geiern im Saarland", erklärte Klein, Fachmann im Ornithologischen Beobachterring Saar (OBS) und im Naturschutzbund (Nabu).

Die vier Geier waren von Mondorf über Silwingen, den Modellflugplatz bis nach Oberesch gekommen. Dort zwang sie ein Gewitter zur Landung. Später flogen sie weiter Richtung Schwerdorff und Waldwisse. "Vermutlich zurück in ihre Heimat", mutmaßte Rolf Klein. "Sie schaffen 400 Kilometer am Tag."

Die Gänsegeier leben eigentlich in Spanien und den französischen Cevennen. Aus Spanien kamen mehrfach Geier-Gruppen nach Deutschland. Denn, so Klein, nach einer EU-Hygiene-Vorschrift verbot Spanien den Bauern, Tierkadaver auf dem Feld liegen zu lassen. Die Geier, geschätzt 15 000 Brutpaare, hatten nicht mehr genug Nahrung und flogen weit. Unterwegs fressen sie zum Beispiel verendete Tiere. 2006 kamen Hunderte bis Deutschland und darüber hinaus. Gesehen wurde ein Geier damals auch im Saarland, bei Überherrn, und ein Jahr später einer über Nonnweiler - aber nur im Flug. Und fotografisch dokumentiert wurden sie damals auch nicht.

Die Rast der vier beeindruckenden Gänsegeier unterstreicht nach Ansicht von Rolf Klein auch die Bedeutung des EU-Vogelschutzgebietes auf dem Gau mit Kern in Oberesch/Biringen/Silwingen vor allem für Zugvögel. Wie die Geier, so seien hier bereits 20 weitere europaweit besonders geschützte Vogelarten beobachtet worden: "Eine Anhäufung seltener Arten." Klein erzählte gestern glücklich und erstaunt: "Wie oft habe ich mir gewünscht, so einen Geier auch bei uns zu sehen? Und jetzt gleich vier …"

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