Leben in guter Nachbarschaft

Saarlouis. Ein Musterbeispiel für gute Nachbarschaft findet sich im zweitkleinsten Saarlouiser Stadtteil Picard. In der Dorfstraße 106 bis 110 haben die Anwohner in schöner Einigkeit aus drei Gärten einen großen gemacht

Saarlouis. Ein Musterbeispiel für gute Nachbarschaft findet sich im zweitkleinsten Saarlouiser Stadtteil Picard.

In der Dorfstraße 106 bis 110 haben die Anwohner in schöner Einigkeit aus drei Gärten einen großen gemacht. "The united gardens of Picard" nennen sie das: Dort herrscht in schöner saarländischer Manier ganzjährig Grillsaison: "Sobald das erste Feuer prasselt, kommen sie aus allen Häusern an zum Spontangrillen: Jeder bringt was zum Schwenken mit, der eine holt was aus dem Rotweinkeller, der andere einen Kasten Bier, ein dritter fährt noch schnell zum Bäcker", schwärmt Harald Ley, wohnhaft in der Nummer 108. Gerade noch hat er für die halbe Straße Schnee geschippt, das macht man dann halt auch mal. Der Mundartdichter ist vorbildlich integriert, denn eigentlich ist er ja zugereist: Aufgewachsen ist der 60-Jährige in Überherrn, dazwischen hat er "mal kurz zehn Jahre" in Völklingen gewohnt. Dann beschlossen Ley und seine Frau, ein Haus auf dem Gau zu suchen. Gelandet sind sie in Picard, und das erschien ihnen optimal: "Es hat eine Atmosphäre wie auf'm Dorf mit den freistehenden alten Bauernhäusern." Trotzdem ist man mit dem Auto in ein paar Minuten "in da Stadt". Die Stadt, so nennen Saarlouis übrigens alle im Landkreis, als gäbe es nur die eine.

"Als wir hierher zogen, lebten fast nur alte Picarder hier." Die Sorte, die nicht mit einem sprachen, aber trotzdem alles über einen wussten, erzählt Ley augenzwinkernd. Mittlerweile hat sich die Altersstruktur verjüngt. " Und seit das Neubaugebiet Auf der Dellt entstand, Mitte der Achtziger, hat sich die Einwohnerzahl von Picard verdoppelt."

Früher gab es auch mal eine Art Tante-Emma-Laden, nahe dem Gasthaus Koch, einer weiteren Institution im Ort, aber der ist mittlerweile auch verschwunden. Aber Ley weiß Picard auch als reines Wohngebiet zu schätzen. Sein Fazit: "Man wohnt nah an der Stadt, aber trotzdem im Dorf. Von der Wohnqualität her ist Picard mithin das Beste, was Saarlouis zu bieten hat."

Ley ist Mitglied beim Karnevalsverein "De Picarda Fräsch", wenn auch kein aktives. Aber er unterstützt den Verein, "weil die Faasend-Vereine mit der Mundart auch Brauchtumspflege betreiben"". "Beim Faasend-Umzug haben wir immer einen Stand vor der Tür und feiern dort schön mit Freunden", erzählt Ley.

Und noch eine Verbindung gibt es zu Picard: Leys Frau Angelika war 1985 Gründungsmitglied der Freien Kunstschule in Picard. "Am Anfang hatten die ein sehr außergewöhnliches und breites Angebot, aber finanziell war das so auf Dauer leider nicht machbar", bedauert Ley. Gern erinnert er sich an die berühmt-berüchtigten Jazz-Frühschoppen mit Szenegrößen rund um den Saarlouiser Jazzer Klaus Krisch.

Harald Leys eigentliche Heimat ist jedoch die Sprache, genauer gesagt, das Moselfränkische. Seit 1986 schreibt Ley Gedichte und andere Textsorten in seiner "Mammenspròòch". Er ist außerdem Vorstandsmitglied des Vereins "Gau un Griis", dem Verein zur Erhaltung und Verbreitung der fränkischen Sprache. Zurzeit schreibt der pensionierte Lehrer an einem Buch mit Texten seines großen Idols Jacques Brel, in dem den französischen Originaltexten seine moselfränkischen Übersetzungen gegenüber stehen sollen.

Außerdem arbeitet er gerade an seinem ersten Kinderbuch. Die Verse hierfür entstehen am Küchentisch, meistens beim gemeinsamen Mittagessen mit den Enkelinnen Ronja und Mara. Die beiden Mädchen haben schon mehrfach den jährlich erscheinenden "Saarluier Kalenner" ihres Opas illustriert. Nun dürfen sie wieder ran.

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