Homophobie-Vorwürfe Jähes Ende für gleichgeschlechtliche Hochzeit auf der Teufelsburg

Überherrn/Felsberg · In Überherrn wurde auf der Teufelsburg die Hochzeit zweier Frauen jäh abgebrochen. Der Vorsitzende des Fördervereins der Teufelsburg erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Gemeinde. Die wehrt sich.

 Die Teufelsburg in Überherrn, hier fotografiert im Februar 2021, ist ein beliebtes Ausflugsziel im Landkreis Saarlouis.

Die Teufelsburg in Überherrn, hier fotografiert im Februar 2021, ist ein beliebtes Ausflugsziel im Landkreis Saarlouis.

Foto: Tina Leistenschneider

Es sollte der schönste Tag in ihrem Leben werden. Nathalie W. und Rebecca B. wollten diesen Tag nie vergessen. Doch was dann geschah, sollte ein absoluter Albtraum werden. Ihre Hochzeit auf der Teufelsburg in Überherrn wurde am Samstagabend jäh durch eine Mitarbeiterin der Gemeinde und einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes abgebrochen. Diese hätten als Grund angegeben, dass alle Ortsvorsteher der Gemeinde Überherrn und alle Ratsmitglieder mit der Bürgermeisterin Anne Yliniva-Hoffmann in einer einberufenen Sitzung beschlossen hätten, dass nicht gefeiert und niemand länger dort bleiben dürfe. So schildert das zumindest Holger Zenner, erster Vorsitzender des Fördervereins Teufelsburg. Er war einer der Hochzeitsgäste und erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Gemeindeverwaltung. Von „Amtsmissbrauch, Vorsatz, Homophobie und Diskriminierung“ ist die Rede.

Doch was ist passiert? Nathalie W. und Rebecca B., ebenfalls Mitglieder im Förderverein der Teufelsburg, planten, in einem mittelalterlichen Flair auf der Burgruine in Felsberg zu heiraten. „Es sollte die erste LGBTQ-Hochzeit auf der Teufelsburg werden“, sagt Zenner. Zwei Jahre Planungen gingen dieser voraus. Auch eine schriftliche Bestätigung der Feier lag vor. Gegen 12 Uhr war es dann so weit: Ein Standesbeamter der Gemeinde traute das Paar, und zeigte sich „begeistert“ von der Mühe und dem Flair, die man sich gemacht hatte, erzählt Zenner. „Diese Hochzeit muss jeder erlebt haben“, habe der Standesbeamte gesagt, der zudem plante, die Bilder der Trauung zu Werbezwecken zu nutzen. Für Familien, die von weiter her anreisten, stellte die Hochzeitsgesellschaft fünf Zelte auf, damit diese darin übernachten können. Auch eine Corona-Teststation habe es für die Gäste gegeben.

Nach der Hochzeit feierten das Paar und die Gäste weiter. Gegen 22 Uhr seien dann die Kulturangestellte der Gemeinde in Begleitung auf der Teufelsburg erschienen. „Ohne sich vorzustellen, wurde die Hochzeit abgebrochen“, schreibt Zenner in einer Pressemitteilung. „Hier ist es jetzt vorbei“, hätten die zwei von der Gemeinde gesagt und zunächst begründet, dass eine Ruhestörung vorliege. „Eine Beschwerde gab es aber nicht“, sagt Zenner. Dann habe die Gemeindeangestellte vorgebracht, dass eine Übernachtung nicht erlaubt sei. Klärende Gespräche seien nicht möglich gewesen.

„Das Brautpaar brach zusammen und saß mit Tränen in den Augen am Boden“, heißt es weiter in Zenners Schilderung. „Jeder sollte nach Hause fahren, egal wie. Es gab keine Möglichkeit der Einigung, keine Kompromisse.“ Auch mit der Polizei wurde ihnen gedroht. Außerdem habe die Kulturangestellte vorgegeben, mit der Bürgermeisterin zu sprechen. „Ob das so war, kann ich nicht sagen“, sagt der erste Vorsitzende des Fördervereins.

Seit 15 Jahren organisiert Holger Zenner Führungen und Mittelalter- und Musikevents sowie Hochzeiten auf der Teufelsburg, „ich habe immer eng mit der Gemeinde kooperiert“. Zwei Wochen lang habe er telefonisch und per Mail versucht, mit der Gemeinde über die Hochzeit und Übernachtung zu sprechen, aber keine Antwort erhalten. Der jähe Abbruch der Hochzeit und die fehlende Menschlichkeit stimme ihn sprachlos.

Besonders gegen die Kulturangestellte erhebt er schwere Vorwürfe. Diese habe sich angeblich abschätzig gegenüber dem homosexuellen Brautpaar geäußert und die Hochzeit vorsätzlich unterbrochen. Für ihn steht fest: „Es wurde mit Vorsatz das Amt ausgenutzt, um diese Hochzeit abzubrechen.“ Auch die Bürgermeisterin würde den Kontakt zum Förderverein seit zwei Jahren abblocken.

Seine Pressemitteilung veröffentlichte Zenner auch auf Facebook. Dort hat sie bereits über 7000 Menschen erreicht, über hundert haben den Beitrag kommentiert. Sätze wie „Mittelalterlich ist hier NICHT die Burg, sondern das Verhalten der Ordnungshüter“, „als gebürtige Überherrnerin schäme ich mich mittlerweile fremd für unser Rathaus“, oder „Unfassbar was hier in der Gemeinde los ist“ sind dort zu lesen.

Auf Anfrage der Saarbrücker Zeitung weist die Gemeinde Überherrn die Vorwürfe „entschieden zurück“. Sie seien haltlos und entbehrten jeglicher Grundlagen, heißt es in der zweiseitigen Stellungnahme. „Richtig ist, dass für Samstag eine Trauung auf der Teufelsburg in Felsberg angemeldet wurde“, teilt Jessica Libera, Pressesprecherin der Gemeinde, mit. Für diese habe die Ortspolizeibehörde eine Genehmigung erteilt. „Ausdrücklich nicht genehmigt wurde dagegen eine Feier nach Einbruch der Dunkelheit und die Übernachtung von Hochzeitsgästen auf der Teufelsburg in Mittelalterzelten“, sagt Libera. Hierauf sei das Brautpaar als Veranstalterinnen durch die Gemeinde Überherrn mündlich und schriftlich ausdrücklich hingewiesen worden. Als Grund nannte die Gemeinde „erhebliche Sicherheitsbedenken, insbesondere im Hinblick auf die Beschaffenheit der Burg, die Dunkelheit und den Alkoholkonsum“. Es entspreche der Verwaltungspraxis, private Feiern nach Einbruch der Dunkelheit sowie Übernachtungen auf der Teufelsburg nicht zu genehmigen.

Nach einem Hinweis einer Bürgerin, dass auf der Burgruine Zelte aufgeschlagen worden sind, sei das Ordnungsamt aktiv geworden. Bei einer Kontrolle gegen 22.30 Uhr durch zwei Angestellte der Gemeinde hätten diese dann festgestellt, dass entgegen dem ausdrücklichen Verbot sich die Hochzeitsgesellschaft auch nach Einbruch der Dunkelheit weiterhin auf der Teufelsburg aufhielt und die Zelte zur Übernachtung aufgestellt waren. „Hierfür lag keine Genehmigung vor.“ Daher habe sich die Kulturangestellte und der Mitarbeiter des Ordnungsamts dazu entschieden, die Feier gegen 23.30 Uhr aufzulösen.

Die Gemeinde weist ebenfalls zurück, dass es im Voraus eine Sitzung mit den Ortsvorstehern und den Ratsmitgliedern gegeben habe. Ferner habe die Bürgermeisterin nachts kein Anruf  erreicht. Zudem habe das Kulturamt Wochen vor der Hochzeit mit dem Brautpaar in Kontakt gestanden. Als das Kulturamt eine Übernachtung verbot, habe sich Holger Zenner gemeldet und darum gebeten, für seine Vereinsmitglieder einen Gefallen zu tun.

Die Bürgermeisterin Yliniva-Hoffmann teilt zu den Vorwürfen mit: „Herr Zenner hat offensichtlich gegenüber dem Brautpaar Zusicherungen gemacht, ohne diese vorher mit der Gemeinde abgestimmt zu haben. Er versucht nun offenbar sein Fehlverhalten auf die Gemeinde abzuwälzen. Dies kann ich nicht akzeptieren. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich insbesondere für die Gleichberechtigung jeglicher Art und gegen jede Diskriminierung einsetze.“ Die Gemeinde hat laut Bürgermeisterin nun einen Anwalt „zur Wahrung ihrer Interessen gegenüber Herrn Zenner“ eingeschaltet.

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