Ein Stück Staatsbürgerkunde

Überherrn/Wallerfangen. "Wenn ich mir den Titel Ihres Projekts anschaue, frage ich mich: Nutzen, ja das tue ich natürlich, aber verstehen - ob das immer gelingt?" Landrätin Monika Bachmann sorgte für Heiterkeit, als sie im Landratsamt Gäste begrüßte, die an diesem Projekt beteiligt waren

Überherrn/Wallerfangen. "Wenn ich mir den Titel Ihres Projekts anschaue, frage ich mich: Nutzen, ja das tue ich natürlich, aber verstehen - ob das immer gelingt?" Landrätin Monika Bachmann sorgte für Heiterkeit, als sie im Landratsamt Gäste begrüßte, die an diesem Projekt beteiligt waren. "Medien verstehen und nutzen" hieß es, und lief zwei Jahre lang an den Erweiterten Realschulen in Überherrn und Wallerfangen. Mit großem Erfolg und dem Signal, dass weitergemacht werden muss - darin waren sich alle Beteiligten einig. Medienerziehung in der Schule, Exkursionen in Funkhäuser oder zur Zeitung, Unterrichtsbesuche von Zeitungs-, Radio- oder Fernsehleuten sind hier nicht neu erfunden worden. Aber neu war die Initiative durch den Saarländischen Journalistenverband (SJV). Begünstigt durch das saarländische Modell, dass immer irgendwer irgendwen kennt, kamen SJV und Schulen zusammen. Die Unionstiftung Saarbrücken, für die deren Vorsitzender Professor Rudolf Warnking - "staatsbürgerliche Bildung zu fördern, ist unser Ziel" - das Modell lobte, trat als Sponsor auf.Offene Türen eingeranntGerd Schemel, Leiter der ERS Wallerfangen, erinnerte an die Gründungsphase. "Journalisten in die Schule? Da hat der SJV offene Türen bei uns noch weiter geöffnet", sagte er. Doch welchem Fach sollte das Projekt zugeordnet werden? In den regulären Stundenplan wäre es schwerlich einzupassen gewesen, also kam es in den Wahlpflichtbereich; das sind Stunden, die die Schüler nach Neigung wählen können. Was sind "die Medien"? Projektlehrer waren in Überherrn Klaudia Hiry-Landry und in Wallerfangen Udo Britz. Britz stellte das Projekt in groben Zügen vor. Zunächst erarbeiteten sich die Schüler der Klassen 9 und 10, was überhaupt unter "den Medien" zu verstehen sei. Denn das sind inzwischen nicht mehr nur die gute alte Zeitung, Radio und Fernsehen. Das Internet kommt nicht nur dazu, sondern ist bei der täglichen Nutzung nah dran an TV, Video, DVD. Dann nahmen die Schüler die Medien unter die Lupe. Journalisten informierten in der Schule und auch im Funkhaus wie bei der SZ. Schließlich nutzten die Schüler ihre neuen Erfahrungen, um eigene Medienbeiträge zu erstellen, vom (Schul-)Zeitungstext über das Radiomagazin bis zum Video. Und sie erstellten Internetseiten. Die SJV-Vorsitzende Ulli Wagner zog hochzufrieden Bilanz. "Das hat nicht nur viel gebracht, sondern auch riesig Spaß gemacht", sagte sie und signalisierte Bereitschaft des Verbandes, bei künftigen Projekten mit von der Partie zu sein. Für alle Schulen wichtig Wie es weitergehen sollte, sprach Heinz Schuler vom Kultusministerium an: "Dies ist eigentlich ein Thema, das in jede Schule gehört. Das Projekt darf keine Eintagsfliege bleiben."

Eigenes Fach für Kernkompetenz

Von SZ-Redakteur Mathias Winters Deutschlands Neuntklässler verbringen durchschnittlich über sechs (die Mädels) bis fast acht (die Jungs) Stunden täglich vor Fernseh- und Computerbildschirm. Über dieses Forschungsergebnis haben wir vorigen Samstag berichtet. Astronomische Zeitzahlen. Damit ist über die Notwendigkeit des Schulinhalts Medienkunde an sich schon alles gesagt. Und deshalb ist bei aller Wertschätzung des Projekts "Medien nutzen und verstehen" ein Wahlpflicht-Angebot zu wenig.Im regulären Unterricht geht's nicht, klagen die Lehrer wohl zu Recht. Dann müssen wir beim Bildungskanon umdenken: Für eine absolute Kernkompetenz wie "Medien nutzen und verstehen" muss ein eigenes Fach her.

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