Wechsel in der Klinik Berus Ein Psychotherapeut in Forschung und Praxis geht in den Ruhestand

Berus · Psychologe Josef Schwickerath verabschiedet sich mit Vortrag über Mobbing und Gesundheit.

 Dr. Josef Schwickerath sprach in der psychosomatischen Klinik Berus vor rund 270 Gästen.

Dr. Josef Schwickerath sprach in der psychosomatischen Klinik Berus vor rund 270 Gästen.

Foto: Thomas Seeber

Ganz zum Schluss seiner Dienstzeit als leitender Psychologe der Klinik Berus überließ es Dr. Josef Schwickerath dem chinesischen Philosophen Konfuzius, ein Fazit zu ziehen. Was also hat Schwickerath, auf einen Nenner gebracht, als Psychologe für sich selbst gelernt, für seine seelische Gesundheit in rund vier Jahrzehnten Beruf? „Jeder Mensch hat zwei Leben“, zitierte er Konfuzius, „das zweite Leben beginnt genau dann, wenn man sich bewusst wird, dass man nur eines hat.“ Diese Einsicht fasst so präzise zusammen, was Schwickerath vermittelt hat, dass die rund 270 Gäste des Abends mit einem sehr lang anhaltenden Applaus antworteten. Sie hatten darin Schwickerath wiedererkannt, dem sie vor allem in ihrer Ausbildung und Weiterbildung begegnet waren. Denn Schwickerath prägte nicht nur über 31 Jahre die psychosomatische Klinik Berus, sondern auch das Institut für Aus- und Weiterbildung in klinischer Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin an der Klinik Berus (IVV). Dessen Vorsitzender ist er seit 2000.

Schwickeraths Markenzeichen war nach den Worten des Präsidenten der saarländischen Psychotherapeutenkammer, Bernhard Morsch, „Psychotherapie in Theorie und Praxis“. Er habe Forschung, Lehre und Praxis verbunden.

Das unterstrich auch Schwickerath selbst. Ihm hätten Eindrücke nie gereicht, er habe immer in Zahlen belegt wissen und vermitteln wollen, welche Faktoren in der Therapie in Berus nachhaltig wirksam seien. Forschung habe er speziell im Bereich Mobbing in Zusammenarbeit mit den Universitäten Saarbrücken, Trier und Frankfurt betrieben.

Chefarzt Jürgen Horn bescheinigte Schwickerath, er habe Berus zu einem international anerkannten Zentrum für Mobbing-Betroffene gemacht. 3500 von 10 000 Patienten, die er in Berus begleitet habe, seien dort wegen Folgen von Mobbing gewesen, sagte Schwickerath. Er umriss in seinem Abschiedsvortrag noch einmal das Phänomen Mobbing, eines seiner zentralen Themen in Berus – und beschrieb zugleich, was er selbst für wichtig hält, um seelisch gesund zu bleiben.

Sein Vortrag warf Schlaglichter auf die Gegenwart. Wer in eine Krise komme, lerne in Berus zum Beispiel Abstand zum Geschehen zu schaffen. Das beansprucht Schwickerath auch für sich selbst, wenn er danach fragt, was helfe, gesund zu bleiben. Aus der Distanz zeige sich das Geschehen wie Zahnräder, zwischen die ein Mensch geraten sei – angelehnt an Charly Chaplins Film „Moderne Zeiten“. Derzeit prägten Faktoren das Arbeitsleben wie Beschleunigung, Ruhelosigkeit, die Oberfläche habe mehr Wert als die Tiefe, eine Krise der Werte. Kennzeichnend für die Gegenwart insgesamt ebenso wie für Mobbing sei auch die krank machende Situation, dass Akteure ihr Handeln an einem kurzfristigen Vorteil ausrichteten, der langfristig aber negative Folgen hat.

In belasteten Situationen müsse sich ein Patient Klarheit verschaffen, „was mein Part sein soll“, sagte Schwickerath. Es gehe darum, auf dem Hintergrund der eigenen Biografie nach den wirklichen eigenen Werten zu fragen, Belastungen zu definieren, angemessen planen zu lernen. Solche Fähigkeiten entwickelt zu haben, gaben auch viele ehemalige Beruser Patienten nach einem Jahr als entscheidend dafür an, dass es ihnen besser ergangen sei als vorher.

Auf Fachleute wie Schwickerath könne „das Saarland stolz sein“, unterstrich Reinhold Jost in seiner Eigenschaft als Minister, der auch für Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständig ist. Die Landesregierung habe mit ihm vertrauensvoll zusammengearbeitet. Schwickerath könne „zuhören, analysieren, erklären und zu seinen Überzeugungen stehen“.

Schwickerath selbst dankte seinen Förderern, dem Personal der Klinik und der Allgemeinen Hospital-Gesellschaft (AHG), die das Haus bis zum Wechsel zu Median-Gruppe vor zwei Jahren getragen hatte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort