Die meisten Gewaltopfer können geheilt werden

Überherrn · Vor drei Jahren wurde an der AHG-Klinik Berus eine Trauma-Ambulanz für Opfer und Zeugen von Gewalttaten eingerichtet. Damit Betroffene nicht monatelang auf einen Facharzttermin warten müssen, soll sie schnelle Hilfe bieten.

Eine junge Frau wird vergewaltigt, ein älterer Mann auf offener Straße zusammengeschlagen. Sowohl die Opfer als auch die Zeugen solch krimineller Gewalttaten erleiden oft schlimme posttraumatische psychische Belastungen, haben Ängste, Albträume, Sprechstörungen und Depressionen. Um den Betroffenen so schnell und unbürokratisch wie möglich zu helfen, wurde vor drei Jahren an der AHG-Klinik Berus mit Unterstützung des Landes und der Opferorganisation "Weißer Ring" das "Trauma-Netzwerk Saarland" ins Leben gerufen. Sozialministerin Monika Bachmann (CDU ), Klinik-Verwaltungsdirektor Carlo Obertreis und Weißer-Ring-Sprecher Peter Becker zogen gestern eine Zwischenbilanz.

Der Leiter der Trauma-Ambulanz und Leitende Psychologe Rolf Keller berichtete, dass von bislang 90 behandelten traumatisierten Gewaltopfern schon nach relativ kurzer Zeit 81 Prozent als geheilt oder deutlich gebessert wieder in den Alltag entlassen werden konnten. Jeder Zweite konnte auch bald wieder normal arbeiten. Die Behandlung der Patienten bestand in der Regel aus 5 bis 15 psychotherapeutischen Behandlungsstunden durch Trauma-Spezialisten der AHG-Klinik Berus. Die Kosten von jeweils 100 Euro pro Behandlungsstunde, die die Krankenkassen nicht übernommen hätten, trug und trägt das Landesamt für Soziales nach dem Opferentschädigungsgesetz. 48 000 Euro hat das Saarland bislang dafür ausgegeben. Die Therapie zielt auf eine Reduktion bestehender Belastungssyndrome sowie die Prävention chronischer Traumafolgen, ergänzt durch Nachuntersuchungen.

Sozialministerin Bachmann sprach von einem äußerst erfolgreichen Modellprojekt, das sich bundesweit sehen lassen könne. Ohne die schnelle ambulante psychotherapeutische Hilfe für die Opfer und Zeugen von Gewalt müssten die Betroffenen oft monatelang auf einen Facharzttermin oder eine Klinikeinweisung warten. Die spätestens nach zwei Tagen einsetzende schnelle Hilfe der Trauma-Ambulanz gewährleiste, dass weitere Behandlungen oftmals vermieden werden könnten. Zwei Drittel der in Berus betreuten Gewaltopfer waren Frauen, die meist sexuell misshandelt worden waren.

Kooperationspartner der Trauma-Ambulanz und erste Anlaufstellen für Gewaltopfer sind neben Polizei , Hausärzten, Rechtsberatern und Beratungsstellen auch der "Weiße Ring", dessen Sprecher Peter Becker eine ergänzende "Trauma-Ambulanz für Kinder" forderte. Auf jeden Fall gelte für Opfer immer: "Lasst Euch helfen", sagte Ministerin Bachmann: "Wir haben auch die anonyme Spurensicherung ."

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