"Das Kirchturmdenken überwinden"

Kreis Saarlouis/Merzig-Wadern. Neue Perspektiven für den ländlichen Raum sollen in den Kreisen Merzig-Wadern und Saarlouis künftig gemeinsam über Gemeindegrenzen hinweg gewonnen werden

Kreis Saarlouis/Merzig-Wadern. Neue Perspektiven für den ländlichen Raum sollen in den Kreisen Merzig-Wadern und Saarlouis künftig gemeinsam über Gemeindegrenzen hinweg gewonnen werden. Dazu haben sich vor fünf, sechs Jahren verschiedene Gemeinden und Ortsteile in den beiden Kreisen zu vier Förderregionen zusammengeschlossen, für die ein so genanntes Integriertes ländliches Entwicklungskonzept (ILEK) erarbeitet werden soll (siehe Info). In diesen ILEKs sollen Zukunftsprojekte für jede Region zusammengefasst werden, für die von Seiten des Landes oder der Europäischen Union Fördergelder bereitgestellt werden können.

Federführend für die ILEK-Programme ist beim Land das Wirtschaftsministerium. Rüdiger Haupenthal vom betreffenden Referat "Entwicklung ländlicher Raum": "Der demographische Wandel stellt den ländlichen Raum in Zukunft vor die Existenzfrage." Angesichts des prognostizierten Bevölkerungsschwundes gerade in ländlich geprägten Regionen werde es mit Blick auf die örtliche Infrastruktur nicht mehr möglich sein, alles in jedem Ort vorzuhalten. Hier seien Vorhaben gefordert, die über den Tellerrand hinaus gerichtet sind und den ländlichen Raum weiter als attraktives Lebensumfeld erhalten. "Es geht darum, in Zusammenarbeit mit Kommunalpolitik, Kommunen und Bevölkerung gemeinsame Projekte zu kreieren, die das Kirchturmdenken überwinden und die Region stärken können."

Die Europäische Union, von der ein Großteil der Fördergelder für ländliche Entwicklung kommt, schreibt dabei zwingend vor, dass die Koordinierung dieser ILEK-Projekte über externe Planer erfolgt. Darum gibt es für jede der vier ILEK-Regionen Projektsteuerer, die bei privaten Planungsbüros beschäftigt sind. Die Aufgabe dieser Projektsteuer beschreibt Sven Urhahn, bis Ende 2010 beim Planungsbüro Kernplan für die Region Saar-Obermosel zuständig: "Unser Job ist es, Projekte und Ideen gemeinsam mit den Beteiligten zu entwickeln, zu vernetzen und auf alle denkbaren Fördermöglichkeiten abzuklopfen." Der Reiz eines ILEK-Projektes liege für die Beteiligten darin, dass es eine höhere Förderung gebe, ergänzt sein Chef Hugo Kern: "Die Kommunen können bei ILEK-Projekten bis zu 55 Prozent der Kosten bezuschusst bekommen, bei 'normalen' Dorferneuerungsvorhaben ohne ILEK-Einbindung liegt diese Quote bei 45 Prozent."

Wie kam es zum Zuschnitt der vier Förderregionen, die unsere Region betreffen? Dazu Eberhard Ritsch, zuständiger Referatsleiter im Wirtschaftsministerium: "Wir haben uns bewusst nicht um Verwaltungsgrenzen geschert, was sich im Nachhinein auch als richtig erwiesen hat." Es habe sich gezeigt, dass die kommunalpolitische Zuordnung dieses oder jenes Ortes keine Rolle spiele, um gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Vielmehr sei auf historisch gewachsene soziale Strukturen und bereits bestehende Kooperationen geachtet worden.

Mike Gorges von Planungsbüro Studiodreizehn und Projektsteuerer für die ILEK-Region Hochwald: "Durch den demographischen Wandel haben sich die dörflichen Strukturen bereits verändert, es gibt bereits recht gut ausgebaute Kooperationen über Ortsgrenzen hinaus." Auch seien die Beteiligten selbst im Vorfeld mit eingebunden worden, sagt Eberhard Ritsch: "Wir haben im Vorfeld mit den Kommunen gesprochen, ob sie sich vorstellen könnten, mit dieser oder jener Gemeinde oder Ortschaft eine Region zu bilden." Aufgrund der Rückmeldungen der Kommunen sei dann der Zuschnitt der Förderregionen so gewählt worden, wie er jetzt ist - einschließlich einiger Besonderheiten: "Dass zum Beispiel die Schmelzer Ortsteile Limbach und Dorf als einzige aus der Gemeinde zur ILEK-Region Hochwald gehören, basierte auf der Rückmeldung von dort."

> Die SZ wird die vier ILEK-Regionen in der Folge genauer vorstellen.

Auf einen Blick

Die vier ILEK-Förderregionen in der Regions:

Hochwald: Hierzu gehören alle Ortsteile der Kommunen Losheim am See, Weiskirchen und Wadern sowie die Ortsteile Limbach und Dorf der Gemeinde Schmelz.

Saar-Primsbogen: Hierzu gehören alle Ortsteile der Gemeinden Beckingen und Nalbach, die Dillinger Stadtteile Diefflen und Pachten, die Merziger Stadtteile Bietzen, Menningen und Harlingen sowie die übrigen Ortsteile der Gemeinde Schmelz.

Saargau: Hierzu gehören die Ortsteile der Gemeinden Überherrn, Wallerfangen, Rehlingen-Siersburg sowie die Merziger Stadtteile Mondorf, Hilbringen, Silwingen und Mechern.

Saar-Obermosel: Hierzu gehören alle Ortsteile der Gemeinden Perl und Mettlach sowie die Merziger Stadtteile Ballern, Besseringen, Brotdorf, Büdingen, Fitten, Merchingen, Schwemlingen, Weiler und Wellingen. cbe

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