Schwalbach von 1860 bis heute

Elm. Willi Maas sammelt alles. Fotos, Zeitungsartikel, Liedtexte. Briefmarken, Personalausweise, Ahnenpässe. Solange es nur irgendetwas mit der Gemeinde Schwalbach zu tun hat. Der Elmer Heimatforscher hat sich selbst zur Aufgabe gemacht, das Wissen der Gemeinde zu bewahren

 Sein Archiv ist das Lebenswerk des Elmer Heimatforschers Willi Maas. Hier schlägt er einen Ordner mit dem Saargebiets-Ausweis seiner Großmutter auf. Foto: Jenny Kallenbrunnen

Sein Archiv ist das Lebenswerk des Elmer Heimatforschers Willi Maas. Hier schlägt er einen Ordner mit dem Saargebiets-Ausweis seiner Großmutter auf. Foto: Jenny Kallenbrunnen

Elm. Willi Maas sammelt alles. Fotos, Zeitungsartikel, Liedtexte. Briefmarken, Personalausweise, Ahnenpässe. Solange es nur irgendetwas mit der Gemeinde Schwalbach zu tun hat. Der Elmer Heimatforscher hat sich selbst zur Aufgabe gemacht, das Wissen der Gemeinde zu bewahren.

Tausende Dokumente

Der schmächtige Mann öffnet die Tür zu dem kleinen Raum, der sein Lebenswerk enthält: ein Heimatarchiv, 15 000 Seiten voller Schriftstücke und Dokumente plus 4000 Fotos, chronologisch abgeheftet, thematisch geordnet. Sein Material erzählt die Geschichte der Gemeinde seit 1860. "Wenn ich mir das heute ansehe, frage ich mich, wann ich das alles gemacht habe", sagt er und streicht sich durchs weiße Haar.

Seit über 35 Jahren sammelt der 86-Jährige Informationen aller Art über seine Heimatgemeinde: Umsätze einer alten Postagentur in Derlen, Schulchroniken, Einwohnerzahlen, die Schwalbacher Wahlergebnisse der Saarabstimmung von 1935, Flaggen der ansässigen Bergmannsvereine, Gedichte, Lieder und Gebete aus der Heimat. "Hier ein original Lohnzettel eines Bergmanns von 1906", sagt er, 86 Reichsmark hatte der damals verdient.

Die Dokumente hat er aus dem Stadtarchiv, aus der eigenen Familie, "zum Teil gefunden, zum Teil geschenkt bekommen". In alten Lagerräumen von Sakristeien und verlassenen Kellern durfte er suchen, "in Dreck und Speck habe ich gewühlt!", sagt Maas. Zum Teil hat er seine Ergebnisse in Büchern veröffentlicht, etwa in "Die Dörfer uff da Bach" und "Unsere Pfarrgemeinde St. Josef damals und heute". Einst hatte er mit fünf anderen Heimatkundlern zusammen gearbeitet. Inzwischen ist er der einzige, der noch lebt.

"Das ist nach wie vor mein Hobby", sagt Maas. Der Elmer verfügt über ein enyklopädisches Wissen über die verschiedensten Bereiche der Gemeinde. Vieles weiß er, weil er es selbst erlebt hat, als Soldat, als Bundesbahnbetriebsinspekor, als Präsident des Männergesangsvereines Germania, als Organisator und Gast von Konzerten und Festen. 1925 wurde er im Elmer Ortsteil Derlen geboren, war also "schon immer ein Bacher" und hat so einen wichtigen Teil der Ortsgeschichte selbst erlebt. Für die Ereignisse, die er nicht miterlebt hat, hat er Dokumente.

Ungewisse Zukunft

"Diese Fotos hat Johann Hoffmann geschossen, der erste Hobby-Fotograf hier aus der Gegend", sagt Maas. Hunderte Fotos hatte der Knausholzer vom Bachtal und seinen Bewohnern gemacht. Willi Maas hat zu jedem Bild eine Geschichte parat. "Das hier ist der Pfarrer Schulz. Der ist '42 im KZ Dachau umgekommen", sagt er. Er kennt jedes Gebäude auf den Fotos und die Menschen davor, ihre Namen und ihre Herkunft hat er im Kopf.

Wenn man ihn fragt, wie es mit seinem Archiv denn einmal weitergehen soll, steigen ihm Tränen in die Augen. Er scrollt am Computerbildschirm langsam ganz an das Ende seiner Verzeichnisse. Unter all den Listen von Materialien kommt plötzlich ein Textabschitt in Fettschrift zum Vorschein. "Mein Testament", sagt er.

 Sein Archiv ist das Lebenswerk des Elmer Heimatforschers Willi Maas. Hier schlägt er einen Ordner mit dem Saargebiets-Ausweis seiner Großmutter auf. Foto: Jenny Kallenbrunnen

Sein Archiv ist das Lebenswerk des Elmer Heimatforschers Willi Maas. Hier schlägt er einen Ordner mit dem Saargebiets-Ausweis seiner Großmutter auf. Foto: Jenny Kallenbrunnen

So nennt er die paar Zeilen, die über die Zukunft seines Archivs bestimmen: Alles soll im Familienbesitz bleiben. "Sollte die Räumlichkeit anderweitig genutzt werden, dann ist die Sammlung ordentlich für spätere Generationen zu verwahren", steht da. Aber es geht Maas nicht nur um einen sicheren Ort für sein Material. "Wer soll das bloß in Zukunft übernehmen?", fragt er, sein Blick wird trüb. "Daran denke ich ständig." Feuchte Augen macht ihm vor allem die Angst, dass niemand weiterführen könnte, was er begonnen hat.

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