Schätze aus der Pillendreher-Zeit

Schwalbach. Wie wurden eigentlich früher Pillen hergestellt, als die Pharmaindustrie noch nicht die Maschinen für Massenproduktionen laufen ließ? Eine, die das Pillendrehen von der Pike auf gelernt hat, ist die Apothekerin Helene Lehr

 Apothekerin Helene Lehr und der Giftschrank in der alten Apotheke. Fotos: Heike Theobald

Apothekerin Helene Lehr und der Giftschrank in der alten Apotheke. Fotos: Heike Theobald

Schwalbach. Wie wurden eigentlich früher Pillen hergestellt, als die Pharmaindustrie noch nicht die Maschinen für Massenproduktionen laufen ließ? Eine, die das Pillendrehen von der Pike auf gelernt hat, ist die Apothekerin Helene Lehr. In ihren Räumen der Glück-Auf-Apotheke in Schwalbacher darf sie einen wahren Schatz ihr eigen nennen, denn dort steht eine alte Apothekeneinrichtung aus dem Jahr 1895, manches ist zum Teil noch älter. Die Apothekerin wird an diesem Sonntag, 16. Mai, zum internationalen Museumstag der Öffentlichkeit die alte Apotheke präsentieren und dabei zeigen, wie früher Medizin hergestellt wurde.

Zugleich lädt der Förderverein für Denkmalpflege und Heimatkunde zu einer Ausstellung über den Bergbau ein.

Königliche Genehmigung

"In einem Ort wie Schwalbach, in dem drei Grubenanlagen betrieben werden und der stets kranke Menschen hat, so dass sie ein Arzt kaum alle besuchen kann, wird eine Apotheke nicht leer stehen. In manchen Fällen werden Heilmittel nicht angewandt, weil die nächste Apotheke zu weit entfernt ist", hieß es in der Saar-Zeitung vom 20. März 1895, als die Bürger von Schwalbach, Griesborn, Knausholz, Sprengen, Elm, Derlen und Bous endlich von der königlichen Regierung eine Apotheke genehmigt bekamen. Und damals war es der Apotheker Alfred Rheinen, der sich in Schwalbach niederließ und in der Hauptstraße 198 eine Apotheke eröffnete. Die Einrichtung hatte er zum Teil schon gebraucht mitgebracht, ließ sie vor Ort von einem Schreiner schmuckvoll verzieren.

Seine Offizin - so nannte man seit dem späten Mittelalter eine Werkstatt mit angeschlossenem Verkaufsraum für die Produktion hochwertiger Ware - ist aus dunklem, stabilen Eichenholz und misst eine Höhe von 2,50 Meter. Regale und Vitrinen, auf und in denen Flaschen und Gläser mit Medizin standen, viele kleine Schubladen mit Emailschildern und Keramik-Knöpfe für Kräuter und Chemikalien und ein abgesicherter Giftschrank mit dreifach gesichertem Morphium-Schrank sind in der Offizin eingebaut. Und: Alles ist bis heute erhalten und wird in der Glück-Auf-Apotheke gehegt und gepflegt.

Die Offizin kann am Sonntag von zehn bis 18 Uhr besichtigt werden. Dabei bekommen die Besucher zugleich auch einen Einblick in das alte Handwerk des Apothekers.

In Vaters Fußstapfen

Helene Lehr trat in die Fußstapfen ihres Vaters Walther Hermann. 1957 übernahm sie mit ihrem Mann Karl Lehr die Apotheke. Die 79-Jährige Apothekerin ist heute noch Chefin, steht ab und zu selbst noch hinter der Verkaufstheke, übernimmt den Nachtdienst. Nebenbei malt sie leidenschaftlich gerne, stellt ihre Arbeiten auch mal in den eigenen Räumen aus. Ohnehin ist die Apotheke zugleich Ausstellungsraum.

Vor allem der Förderverein für Denkmalpflege und Heimatkunde in Schwalbach nutzt das große Schaufenster für Themenausstellungen, wie derzeit über den Bergbau in Schwalbach.

Im Rahmen einer kleinen Feierstunde um zehn Uhr werden die Ausstellung über 280 Jahre Bergbau und die alte Apotheke der Öffentlichkeit vorgestellt. Hauptstraße 198 in Schwalbach.

 Apothekerin Helene Lehr und der Giftschrank in der alten Apotheke. Fotos: Heike Theobald

Apothekerin Helene Lehr und der Giftschrank in der alten Apotheke. Fotos: Heike Theobald

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort