Rechtsextreme mit linken Parolen

Kreis Saarlouis. "Wenn sie sich austoben können, sind Rechtsextremisten eine Gefahr für die Gesellschaft", sagte Oberst a.D. Klaus Zeisig. Als Sektionsleiter Saar hatte er bei dem öffentlichen Vortrag der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW) im voll besetzten Offiziersheim in Saarlouis nicht nur Bundeswehroffiziere zu begrüßen

Kreis Saarlouis. "Wenn sie sich austoben können, sind Rechtsextremisten eine Gefahr für die Gesellschaft", sagte Oberst a.D. Klaus Zeisig. Als Sektionsleiter Saar hatte er bei dem öffentlichen Vortrag der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW) im voll besetzten Offiziersheim in Saarlouis nicht nur Bundeswehroffiziere zu begrüßen. Der Referent Helmut Albert, Leiter des Saar-Verfassungsschutzes, stellte fest: "Die NPD ist vertreten, die Kameradschaftsszene auch." Er fügte an diese Adresse hinzu: "Ich muss Sie enttäuschen, mit der Übernahme der Macht wird das so schnell nichts." Denn seit Jahren fielen die Zahlen der Rechten, auch im Saarland. Bundesweit sinke die Mitgliederzahl der NPD, jedoch noch nicht im Saarland. Hier rechnet der Verfassungsschutz 450 Personen dem Rechtsextremismus zu, davon 180 NPD-Mitglieder und 150 aus der Skinhead- und Kameradschaftsszene.

"Mit einem NPD-Verbot ist nichts zu erreichen", so Albert. Denn die Kameradschaften hätten sich gebildet, um sich zu vernetzen - ohne eine Organisation, die verboten werden könnte. Aus den Kameradschaften erhalte die NPD auch Unterstützung für Demonstrationen und Wahlkampf.

Oft nur Schaumschlägerei

Die NPD habe aber kein Geld. Daher seien Ankündigungen, Häuser als Schulungszentren anzukaufen - wie 2007 in Rehlingen - reine Schaumschlägerei. Solche PR-Aktionen solle man ignorieren. "Wenn die NPD tatsächlich etwas erwerben will, hört man erst davon, wenn es im Grundbuch eingetragen ist."

Der Verfassungsschützer betonte: "Wegen der Skinhead- und Kameradschaftsszene machen wir uns mehr Sorgen, weil sie auch Straftaten begeht." Die Gruppen aus zehn bis 30 Personen, fast nur Männer unter 25 Jahren, seien lose, zerfielen oft und entständen neu. "Nur zwei funktionieren seit längerem: die Kameradschaft Saarlautern und der Nationale Widerstand Köllertal." Viele der Mitglieder wüchsen nach drei, vier Jahren aus der Szene heraus, nur die Anführer hätten ein gefestigtes rechtsextremes Weltbild. Auch wenn die Zahl der Skinheads insgesamt sinke, bekämen sie weiter Nachwuchs - oft über rechte Musik und Konzerte.

Dabei seien aggressives Auftreten, Alkoholexzesse und Pöbeleien, womit Skinheads in Elm aufgefallen sind, "kontraproduktiv für die rechtsextreme Szene im Saarland." Die suche den Anschluss. So könnten Rechtsextreme heute auch mit typischen Accessoires der Alternativen, wie Palästinenser-Schals, auftreten und sich gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und Globalisierung oder Praxisgebühren und Hartz IV verwenden. Sie versuchten, das Wählerpotenzial der Linken mit ähnlichen Parolen, aber anderen Lösungen abzuwerben. Da die Linke im Saarland stark sei, erwartet Albert aber bei den Landtagswahlen für die NPD nur ein bis zwei Prozent der Stimmen. Ohne die Fünf-Prozent-Hürde könne es aber bei den Kommunalwahlen einige Mandate für rechtsextreme Kandidaten geben.

Meinung

Vorbauen

statt verbieten

Von SZ-Redakteur

Harald Knitter

Man kann ein Problem nicht wegdiskutieren, aber herbeireden. Schenkt man rechtsextremen Gruppierungen mehr Aufmerksamkeit als es ihre Größe rechtfertigt, vergrößert das ihren Einfluss, weil man ihnen ein Forum gibt, das sie sonst nicht hätten. Heischen sie um Aufmerksamkeit, lässt man sie besser unbeachtet.

Aktiv werden sollte dagegen jeder dort, wo jemand versucht, uns und gerade junge Leute mit rechtsextremen Gedanken zu verblöden, zum Beispiel über Musik mit hasserfüllten Texten. Verbote machen die Rebellion nur reizvoller. Aber braune Töne sollten Eltern hellhörig machen: Warum hören Kinder so etwas? Wir müssen Kindern so viel Geschichtsverständnis vermitteln, dass sie Extremismus erkennen, ihnen aber auch eine sinnvollere Freizeitgestaltung ermöglichen. Haben unsere Kinder schon etwas im Kopf, können Populisten diesen nicht mit Parolen füllen.

 Helmut Albert. Foto: BuB

Helmut Albert. Foto: BuB

 Helmut Albert. Foto: BuB

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