Politischer Aschermittwoch: Das sagten die Saar-Parteien beim Schlagabtausch 2015

Schwalbach · Die Ukraine-Krise war Thema beim traditionellen Schlagabtausch der im saarländischen Landtag vertretenen Parteien. Auch die Pegida-Bewegung stand im Fokus. Die Opposition attackierte die großen Koalitionen in Bund und Land.

 Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer sparte mit Atta- cken auf den politischen Gegner.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer sparte mit Atta- cken auf den politischen Gegner.

Foto: Rolf Ruppenthal

Politischer Aschermittwoch geht anders. Von Seitenhieben auf den politischen Gegner fehlt gestern Abend im Schwalbacher Saalbau nahezu jede Spur. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) kündigt es den rund 700 Gästen denn auch gleich selbst an: "Es fällt einem schwer, die Erwartungen, die an Aschermittwochs-Reden gestellt werden, zu erfüllen angesichts der Entwicklungen in Griechenland, der Ukraine und in Syrien." Mit Blick auf die terroristischen Anschläge in Paris und Kopenhagen betont die CDU-Landesvorsitzende: "Wir haben die Pflicht, für die Sicherheit der Menschen zu sorgen." Es gelte, "ein bestmögliches Maß an Sicherheit zu gewährleisten", und das machten die Christdemokraten "immer noch am besten". Wer die Abschaffung des Verfassungsschutzes im Saarland fordere (die Linken tun dies), der sorge dafür, dass sich der Staat "blind und taub" gegen terroristische Bedrohungen mache. Auch spricht sie sich für die umstrittene Vorratsdatenspeicherung aus. Eine Absage erteilt sie hingegen Namensschildern für Polizeibeamte: "Solange es in unserem Land vermummte Demonstranten gibt, wird es keine Kennzeichnungspflicht für Polizisten geben." Der Schutz von Polizeibeamten habe "im Zweifel immer Vorrang".

Schutz und Hilfe müsse auch Flüchtlingen insbesondere aus Syrien und dem Irak gewährt werden. "Diese Menschen haben unsere Unterstützung verdient", so die Ministerpräsidentin. Bei Menschen, deren Asylantrag abgelehnt worden ist, müsse dagegen "dafür gesorgt werden, dass sie unser Land wieder verlassen".

Mit Blick auf Vorwürfe der Landtagsopposition, wonach die Landesregierung bei der Genehmigung der Teilflutung des Bergwerks Saar rechtswidrig gehandelt habe, kündigt Kramp-Karrenbauer eine Ministerratssitzung am kommenden Dienstag an. Dabei solle "akribisch aufgearbeitet" werden, wer was wann gewusst habe. Die Opposition wirft der Regierung vor, 2013 eine erste Flutung genehmigt zu haben, obwohl landeseigene Behörden Bedenken angemeldet haben sollen. "Das Kabinett und ich persönlich hatten von diesen Bedenken keine Kenntnis", betont Kramp-Karrenbauer.

Auch der saarländische Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU ) hält sich angesichts der "ungewohnten Häufung von Krisen in der Welt" mit markigen Aschermittwochs-Seitenhieben zurück. Im Griechenland-Konflikt empfiehlt er die Einhaltung "mathematischer Regeln, die dort ebenso wie überall anders gelten müssen", mit Blick auf die Ukraine wirbt er für eine Fortsetzung der Sanktionen gegen Russland. Den Islamischen Staat (IS) nennt er "eine Kampfansage an die zivilisierte Menschheit". Zuletzt findet Altmaier noch lobende Worte für die Arbeit der großen Koalition. Und: Die CDU habe dabei all' ihre Versprechen gehalten. Er selbst gibt schließlich das Versprechen, möglichst keinen der Herringe beim Aschermittwochstreffen der CDU Saar unverspeist zu lassen.

Attacken gegen den Koalitionspartner

Von SZ-Redakteurin Ute Klockner

Rehlingen-Siersburg. Äußerst angriffslustig gegen den Koalitionspartner CDU sowohl im Bund, wie auch im Saarland und überraschend zahm gegenüber der Opposition haben sich die Genossen der SPD Saar bei ihrem 34. Politischen Aschermittwoch gezeigt. "In der Gedankenwelt der CDU lautet der Artikel eins des Grundgesetzes: Die CDU regiert", attackierte SPD-Saar-Vorsitzender und Bundesjustizminister Heiko Maas vor 650 Gästen in der Siersburger Niedtalhalle. Aber: "Es gibt kein Abonnement für die CDU, an der Regierung beteiligt zu sein, weder im Land noch im Bund." Zweieinhalb Jahre vor der Landtagswahl brauche sich die SPD nicht hinter ihren Erfolgen wie Tariftreuegesetz und der Unterstützung Langzeitarbeitsloser verstecken. Um stärkste Kraft zu werden, müsse sie sich verstärkt um Linke-Wähler bemühen. "Die Linkspartei ist ein Treffen anonymer Politiker, die sich gegenseitig therapieren, aber nicht die Probleme der Menschen lösen", griff er den politischen Gegner an.

Auch im Bund gebe die SPD den politischen Takt an. Hier seien der gesetzliche Mindestlohn, die Rente mit 63 und die doppelte Staatsbürgerschaft die zentralen Erfolge.

Mucksmäuschenstill war es, als er über die Ukraine-Krise sprach. "Diesen Konflikt werden wir nicht mit Waffen lösen können", rief der Bundesjustizminister unter großem Applaus.

Zur Pegida-Bewegung, zu deren Demonstrationen gegen eine vermeintliche Islamisierung des Abendlandes in den vergangenen Monaten tausende Menschen gekommen waren, sagte Maas: "Bürger haben das Recht zu demonstrieren , auch wenn es noch so gruselig ist - aber auch die Pflicht darüber nachzudenken, hinter wem sie herlaufen."

Auch Vize-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger griff das Thema Pegida auf und nutzte es für einen Seitenhieb gegen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und deren Neujahrsansprache. Diese hatte gesagt, dass weder die "Pegida"-Demonstranten noch deren Gegendemonstranten das Land voranbringen würden. "Wer sonst bringt das Land voran, als diejenigen, die Flagge zeigen?", fragte Rehlinger. Auch forderte sie die Union auf, sich deutlicher von der AfD zu distanzieren. Süffisant auf die Schippe nahm die Ministerin das Debakel um die Völklinger Meeresfischzucht: "Es wird am Aschermittwoch bei uns keine Völklinger Doraden statt Heringe geben. So viele Fische können wir gar nicht essen, um die Schieflage wieder aufzufangen."
Gysi: "Wir müssen auf Deeskalation setzen"

Wallerfangen. Der Politische Aschermittwoch ist traditionell ein Tag, an dem die Kritik am politischen Gegner derber ausfällt als im Politik-Alltag. So richtig krawallig ging es bei der Linken in der Walderfingia-Halle in Wallerfangen aber auch nicht zu. Im Gegenteil schlug Gregor Gysi, Fraktionschef im Bundestag, vor den 500 Besuchern doch eher ernste Töne an. Mit Blick auf den IS-Terror und die Ukraine-Krise sagte er: "Täglich werden Kriege normaler."

Sollten Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Francois Hollande in der Ukraine den Frieden herbeiführen, sei er der Letzte, der dies nicht zu würdigen wisse, die Sanktionspolitik gegenüber Russland sei jedoch falsch: "Wir müssen auf Deeskalation setzen." Ein paar Lacher erzielte er dann aber doch, als die Rede auf Griechenland kam: "Wenn Schäuble über Griechenland redet, sieht er aus wie eine schwarze Null."

Genau wie Gregor Gysi hatte auch Oskar Lafontaine, Fraktionschef im Landtag, für die griechische Linke Syriza viel Lob übrig: "Hoffen wir, dass diese neue Kraft durchhält." Denn die Griechenland-Politik der Bundesregierung sei gescheitert, sie biete der griechischen Jugend keine Zukunft. Auch Lafontaine widmete den Großteil seiner Rede der Bundespolitik. Die Kritik an der Landespolitik fiel vergleichsweise kurz aus. Doch eine originelle Idee hatte er: Man solle doch die Politiker der Landesregierung für ihre Taten ehren, indem man alle Pfusch-Bauten nach ihnen benenne. Dann hieße der Vierte Pavillon "Annegret-Kramp-Karrenbauer-Pavillon" und der HTW-Neubau "Commercon-Palais".

Die beiden "Schwergewichte" der Partei (O-Ton von Linken-Landeschefin Astrid Schramm) - mit Humpta-Tätärä begrüßt - waren übrigens die einzigen Redner. Die angekündigte Sahra Wagenknecht blieb wegen Krankheit fern. noe
Grüne lästern über "Retro-Truppe" und "Umweltkasper"

Saarlouis. "Gruselig, wie es hier abgeht." Nach der Rede von Grünen-Generalsekretär Markus Tressel war dies das erste, was Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth zur Politik im Saarland einfiel. Beim politischen Aschermittwoch der Saar-Grünen in der Kaserne VI in Saarlouis hielt sich Roth dann aber nicht mit der Innenpolitik auf, sondern kündigte "ein Grußwort für den Frieden" an. Roth sprach vor 200 Grünen-Anhängern nachdenklich über die Situation in den vielen Krisenländern. Angriffe auf die Bundesregierung richtete sie vor allem bei der Asylpolitik. Bei der Sicherung der EU-Außengrenzen beteilige sich die große Koalition an einem "Wettlauf der Schäbigkeit". Die Asylpolitik, besonders in Bayern, sei "widerwärtig" und "zynisch". Zur Kritik von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Kirchenasyl sagte Roth: "Wenn CDU und CSU dagegen nicht aufstehen, müsste ihnen der liebe Gott das C aberkennen."

Generalsekretär Tressel warf der Landesregierung vor, das Saarland zurück in die 70er Jahre zu katapultieren. Schwarz-Rot sei eine "Retro-Truppe". Besonders scharf schoss er gegen Umweltminister Reinhold Jost (SPD). "Böse Zungen behaupten, dass der Begriff Umweltkasper eine neue Bedeutung gewonnen hat", sagte Tressel. Der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hielt Tressel vor, mit ihrer Aussage zu Länderfusionen im vergangenen Jahr einen "politischer Offenbarungseid" geleistet zu haben. "Sie betreibt das Geschäft derjenigen, die das Saarland auflösen wollen", sagte Tressel. Dass sie Pegida-Marschierer und Gegendemonstranten auf eine Stufe gestellt habe, sei "nicht nur ein Fehlgriff" gewesen, sondern "eine Schande". Tressel forderte, die sechs Landkreise zu drei zusammenzulegen. kir

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