„Die Überschuldung wird wohl eintreten“

Schwalbach · Ohne die Stimmen der Linkspartei hat der Schwalbacher Gemeinderat den Haushalt für das laufende Jahr beschlossen. Die Gemeinde steht vor der Überschuldung und wird wohl zur Sanierungskommune.

"Wir beraten heute nicht über einen Haushalt, sondern über einen Sanierungshaushalt", erklärte Schwalbachs Bürgermeister Hans-Joachim Neumeyer (CDU ) am Mittwoch in der Sitzung des Gemeinderats. Demnächst sei Schwalbach eine Sanierungskommune, "weil nach Lage der Dinge die Reserven, sprich das Eigenkapital, aufgebraucht sind und die Überschuldung in diesem Jahr wohl eintreten wird".

Es sind mehrere dicke Brocken, die der Gemeinde in finanzieller Hinsicht zusetzen. So erhält Schwalbach einerseits rund 1,2 Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen, muss andererseits aber 1,2 Millionen Euro mehr an Kreisumlage zahlen. Hinzu kommt, dass mit Braun-Cartec ein Unternehmen Schwalbach verlässt und eine große Lücke bei Gewerbesteuer-Einnahmen hinterlässt. In der Summe sind es rund 3,44 Millionen Euro , die zum Ausgleich des Haushalts fehlen.

Diese Ausgangslage führe zu neuen Auflagen durch die Kommunalaufsicht, merkte Neumeyer an. So wird der festgesetzte Sparbeitrag von 240 000 auf 300 000 Euro erhöht, die Höhe der Investitionskredite einschließlich Sonderkredite auf rund 1,2 Millionen Euro gedeckelt.

An Erträgen sind im Ergebnishaushalt 21,63 Millionen Euro eingeplant, dem gegenüber stehen allerdings Aufwendungen von 27,25 Millionen Euro , woraus ein Jahresdefizit von 5,62 Millionen Euro resultiert.

"Was geht da noch, wird sich manch einer fragen", sagte Neumeyer und verwies auf 2,45 Millionen Euro , die fürs Investitionsprogramm - "kein Wunschkonzert, sondern ein Pflichtprogramm" - bereitgestellt sind. Finanziert werden damit unter anderem die Hochwasserschutzmaßnahmen am Lochbach (1,15 Millionen Euro ) und die Schaffung von Flüchtlingswohnungen (380 000 Euro ).

Mit 70,4 Millionen steht Schwalbach in der Kreide: 32,4 an Investitions- und 38 Millionen an Liquiditätskrediten. Das ergibt eine Pro-Kopf-Verschuldung von derzeit 4000 Euro . "Die Devise muss lauten: Nachhaltig sparen, und mit Augenmaß investieren", gab der Bürgermeister daher die Marschroute für die kommenden Jahre vor und schloss mit der Bitte an die Fraktionen, dem Haushalt zuzustimmen.

Die CDU kam dieser Bitte nach. Deren Vorsitzender Michael Zapp merkte an, dass die bisher angehäuften Kredite neben der Last auch ein Risiko darstellten. "Wir befinden uns in einer Niedrigzinsphase", betonte Zapp. Die notwendige Haushaltssanierung mit all ihren Sparmaßnahmen bereite keinem Ratsmitglied Vergnügen, aber: "Verstehen wir uns als Hoffnungsträger unserer Wähler, so müssen wir handeln, auch wenn es unangenehm ist."

Die SPD stimmte dem Haushalt ebenfalls zu. Der SPD-Vorsitzende Horst Sprötge merkte an, dass die Gemeinde auf finanzielle Hilfe angewiesen ist. "Hoffen wir, dass den Kommunen wirklich geholfen wird, denn alleine schaffen wir eine Entschuldung in den nächsten Jahren kaum."

Auch Die Grünen und FW/FBLS stimmten zu, Die Linke lehnte den Haushalt ab. Hauptgrund für diese Entscheidung, erklärte der Linke-Vorsitzende Dietmar Bonner, sei, dass seine Fraktion "frühzeitig an einzelnen Positionen des Investitionshaushalts nicht mehr beteiligt war". Und zwar, weil sie im Vorfeld der Beratungen zum Haushalt die Anschaffung von Verkehrs-Smileys abgelehnt hatte. "Wenn man an einzelnen Entscheidungen, aufgrund eines Beschlusses, nicht teilnehmen darf, kann auch keine Zustimmung im Ganzen erwartet werden", sagte Bonner.

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