Premiumwanderwege auf dem Prüfstand Naturdenkmal muss geschützt werden

Losheim/Schmelz

 Kompromiss zwischen Naturschutz und Sicherheit: Nach der Verlegung des Premiumwanderstrecke aus dem sensiblen Bereich der Naturwaldzelle "Geisweiler Weiher" heraus hat Umweltministerin Anke Rehlinger den Lücknerweg wieder eröffnet: Stefan Palm (v. r.), Anke Rehlinger, Uli Heintz, Rudi Reiter, Armin Emanuel und Lothar Christ. Foto: Rolf Ruppenthal

Kompromiss zwischen Naturschutz und Sicherheit: Nach der Verlegung des Premiumwanderstrecke aus dem sensiblen Bereich der Naturwaldzelle "Geisweiler Weiher" heraus hat Umweltministerin Anke Rehlinger den Lücknerweg wieder eröffnet: Stefan Palm (v. r.), Anke Rehlinger, Uli Heintz, Rudi Reiter, Armin Emanuel und Lothar Christ. Foto: Rolf Ruppenthal

Losheim/Schmelz. Im Saarland werden die Streckenführungen verschiedener Premiumwanderwege geändert, um die Interessen des Naturschutzes stärker zu berücksichtigen und die Wege für Wanderer auch sicherer zu machen - ein Thema, das nach dem tödlichen Wanderunfall auf dem Premiumweg "Der Bergener" im vergangenem September und der danach entflammten Debatte über die Verkehrssicherungspflicht auf Wanderwegen ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist. Am Dienstag stellte die saarländische Umweltministerin Anke Rehlinger ein erstes Beispiel für einen Weg vor, dessen Verlauf vor diesem Hintergrund verändert worden ist. Es handelt sich um den Lücknerweg, der zwischen Losheim und dem Beckinger Ortsteil Oppen verläuft und dabei auch über Waldflächen der Gemeinde Schmelz führt. Dieser Weg führte bisher durch eine Naturwaldzelle nahe dem Geisweiler Weiher.

In solchen Naturwaldzellen finden keine forstlichen Sicherungs- oder Bewirtschaftungsarbeiten am Baumbestand statt, der Wald bleibt weitgehend sich selbst und seinem natürlichen Verfallsprozess überlassen. Das bedeutet ein erhöhtes Risiko für Wanderer und Spaziergänger, von herabfallenden Ästen getroffen zu werden - so wie es im Jahr 2006 in einem Waldstück bei Dillingen einer Frau widerfuhr, die nach diesem Unfall ins Koma fiel. Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hatte im November 2011 geurteilt, dass der Besitzer dieses Waldstückes, die Dillinger Hütte, gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen habe. Zwar wurde dieser Urteilsspruch durch den Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren im Oktober 2012 wieder aufgehoben. Aber dieser Vorfall sowie der tödliche Sturz eines Wanderers auf dem Premiumweg "Der Bergener" bei Losheim hatte eine öffentliche Debatte über die Sicherheit auf Premiumwegen entfacht. Auf Initiative des Naturschutzbundes (Nabu) kam es zur Bildung eines Runden Tisches "Wald, Naturschutz und Tourismus", bei dem Vertreter von Naturschutz-Organisationen, Waldbesitzer, des Saarforstes und Tourismus-Verantwortliche über die aufgeworfenen Konflikte im Spannungsfeld zwischen Naturschutz, touristischer Nutzung und Verkehrssicherung sprachen. Anke Rehlinger: "Der eigentliche Anstoß für die Bildung des Runden Tisches waren die Belange des Naturschutzes, aber das OLG-Urteil zum Unfall in Dillingen und der Unfall bei Bergen haben die Debatte wie ein Brennglas weiter angefacht und auch den Aspekt der Verkehrssicherung stärker hervorgehoben."

Die Teilnehmer des Runden Tisches hatten sich darauf verständigt, die saarländischen Wanderwege auf mögliche Gefahrenstellen hin zu überprüfen. Als Resultat dieser Überprüfungen stehen nun die Routenänderungen auf verschiedenen Premiumwanderwegen bevor. Dabei soll die Qualität der Wege nach Möglichkeit nicht beeinträchtigt werden, sagte Ministerin Rehlinger am Dienstag bei der Vorstellung der neuen Streckenführung im Waldgebiet Großer Lückner. Das Saarland sei ein Wanderland, aber auch die Belange des Naturschutzes seien zu berücksichtigen. "Dort, wo wir der Auffassung sind, dass wir den ökologischen Schutzzweck einer Naturwaldzelle nicht mehr erreichen, nehmen wir diesen Bereich aus dem Routenverlauf heraus." Losheim. Im Kreis Merzig-Wadern ist der Lücknerweg der einzige Premiumweg, der im Zuge der Arbeit des Runden Tisches von einer Streckenänderung betroffen ist, sagte Achim Laub, Wanderexperte der Gemeinde Losheim. "Durch die neue Streckenführung wird der Weg nichts von seinen Wertungspunkten einbüßen", zeigte sich Laub überzeugt. Denn die jetzt ausgewiesene Alternativroute führe durch ein sehr attraktives Waldgebiet - wenn auch der Weg dadurch um fast zwei Kilometer kürzer geworden sei.

Losheims Bürgermeister Lothar Christ sagte: "Wir müssen auch auf ökologische Aspekte Rücksicht nehmen." Der Geisweiler Weiher und die ihn umgebende Naturwaldzelle seien "ein Naturdenkmal seit ewigen Zeiten".

200 Jahre alter Baumbestand

Der dort zu findende Baumbestand sei rund 200 Jahre alt, hieß es weiter. Der Schmelzer Bürgermeister Armin Emanuel (SPD) mahnte hingegen: "Man muss aufpassen, dass man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet." Hier sei ein ständiger Dialog zwischen den verschiedenen Interessengruppen erforderlich.

Karl-Rudi Reiter, stellvertretender Landesvorsitzender des Nabu, regte an, dass man bei der Zertifizierung von Wanderwegen künftig über einen Bonus für Streckenführung nachdenken solle, die den Belangen des Naturschutzes in besonderer Weise gerecht würden. Die Ministerin entgegnete, dass sie dem für die Wege-Zertifizierung zuständigen Deutschen Wanderinstitut eine entsprechende Anregung unterbreitet, aber bisher noch keine Reaktion darauf erhalten habe. cbe

"Das Saarland ist ein Wanderland, aber auch die Belange des Naturschutzes sind zu berücksichtigen."

Anke Rehlinger

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