Weinscheune Schmelz Vom Flaschenbierhandel zur Weinstube

Hüttersdorf · Lars Leistenschneider hat sich seinen großen Traum erfüllt. Mit viel Einsatz und Kapital entstand die Schmelzer Weinscheune.

 Lars und Aline Leistenschneider haben aus dem alten Hüttersdorfer Haus ein echtes Schmuckstück gemacht und dabei seine Historie überall bewahrt. Auch Trauungen sind in der Weinscheune möglich.

Lars und Aline Leistenschneider haben aus dem alten Hüttersdorfer Haus ein echtes Schmuckstück gemacht und dabei seine Historie überall bewahrt. Auch Trauungen sind in der Weinscheune möglich.

Foto: Noss

Edle Tropfen in einem altehrwürdigen Gebäude genießen – das ist in der Weinscheune in Schmelz-Hüttersdorf möglich. Lars Leistenschneider hat dort innerhalb von zehn Jahren Renovierungsarbeit, mit 11 000 Arbeitsstunden und 400 000 Euro Kapital aus einem ziemlich verfallenen Gebäude ein Kleinod erschaffen. „Alles, was ich in dem alten Gebäude gefunden habe, und was irgendwie noch gut war, habe ich wieder verbaut“, erklärt der 39-jährige Wirtschaftsfachwirt und Sommelier. In allen Räumen, auch den privaten, weist Leistenschneider auf verschiedenste „alte“ Gegenstände hin. Bei Neuanschaffungen hat er immer darauf geachtet, dass nichts jünger als 150 Jahre alt ist. Was nicht heißt, dass er und seine Frau Aline auf moderne Technik verzichten. Sie ist eben hinter antiken Verkleidungen versteckt: Wie die Heizung, die hinter Lehmwänden liegt.

Das geschichtsträchtige Haus mitten im Herzen von Hüttersdorf ist seit etwa 1872 im Familienbesitz. Das genaue Baujahr ist nicht bekannt. In der Weinstube hängt der Hochzeitskranz von Angela Trenz und Johann Pontius, datiert mit 1872. Wahrscheinlich wurde das Haus um diese Zeit in ein Wohnhaus umgebaut. Von 1901 bis 1922 beherbergte es die kaiserliche Postagentur, Außenstelle Hüttersdorf mit Telegrafenstation, die von Bergmann Pontius nebenberuflich betrieben wurde. Ein Schild zeugt von dieser Zeit. Um 1930 wurde im Haus begonnen, Bier und Limonade von Fässern in Flaschen umzufüllen. Die Getränke kamen von der Donner-Brauerei aus Saarlouis. Ein Gespann von Belgischen Kaltblütern brachte die Getränke nach Hüttersdorf. Dort wurden sie umgefüllt und an die Gastwirte verkauft. Georg Leistenschneider hatte in das Haus eingeheiratet und seine Flaschenbierhandlung firmierte später unter Leistenschneider & Söhne. Getränke Leistenschneider gibt es somit seit 88 Jahren.

1972 zog das Unternehmen ins Industriegebiet Hoher Staden. Barbara Leistenschneider lebte bis zuletzt im Haus in der Düppenweilerstraße. Von 1982 bis 1993 stand es leer und wurde kaum genutzt, bis sich 1993 ein Jugendclub dort einrichtete. Dann kam 2003 Leistenschneider, der das Haus für sich und seinen Traum entdeckte.

Lars Leistenschneider besitzt noch Etiketten aus der Zeit der Flaschenbierhandlung, die heute allerdings nicht mehr gebraucht werden dürften. So zum Beispiel der Hinweis auf ein Schwarzbier mit dem Schriftzug „Schwarzer Neger“. Weiter ist auf dem Etikett zu lesen: „Ein gehaltvolles Süßbier mit Süßstoff gesüßt.“

Beim Rundgang durchs Haus stößt man überall auf Dinge, die eine Geschichte zu erzählen haben. Zum Beispiel die Treppe, die aus einem herrschaftlichen Haus stammt. Die alten V&B-Fliesen aus dem ehemaligen Gebäude fanden in einem Flur und in den Gästetoiletten ihren Platz. Die Waschbecken dort kommen beispielsweise aus Freiburg im Breisgau, der Seifenspender aus Carcassonne in Südfrankreich oder das Lavabo vom Metzer Flohmarkt. Bilder von berühmten Frauen, die gerne Wein tranken, hängen dort an den Wänden.

Überall, wo Leistenschneider war oder vorbeikam, stets hatte er ein Auge für alles, was er irgendwie gebrauchen konnte. „Ich habe nie Kompromisse gemacht. Solange gesucht, bis ich hatte, was ich wollte.“ In der Weinscheune finden auch Trauungen statt. Erst vor Kurzem haben Aline und Lars Leistenschneider in ihrem eigenen Haus den Bund fürs Leben geschlossen.

 Erst kaiserliche Post, dann Bierhandel, auch mal Jugendclub: Das geschichtsträchtige Haus mitten in Hüttersdorf ist seit 1872 in Familienbesitz.

Erst kaiserliche Post, dann Bierhandel, auch mal Jugendclub: Das geschichtsträchtige Haus mitten in Hüttersdorf ist seit 1872 in Familienbesitz.

Foto: Noss
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