„Singen ist sehr, sehr wichtig“

Saarwellingen · Die meisten demenzkranken Menschen bei uns leben bei Angehörigen – und feiern mit ihnen auch Weihnachten. Wie geht das? Fünf Angehörige geben Tipps aus ihrer Erfahrung.

 Eine Runde mit Erfahrung (von links): Stefanie Hild, Christa Basten, Helga Thiery, Dieter Klein und Zita Bahr. Foto: Hartmann Jenal

Eine Runde mit Erfahrung (von links): Stefanie Hild, Christa Basten, Helga Thiery, Dieter Klein und Zita Bahr. Foto: Hartmann Jenal

Foto: Hartmann Jenal

Die Runde am Rande eines Nikolausabends im Café Vergissmeinnicht in Saarwellingen versteht sich: Jeder demenzkranke Mensch ist anders, sagen sie, und doch ähneln sich die Erfahrungen, die sie als Angehörige mit ihnen gemacht haben. Deswegen stimmt die Runde fast immer gleich zu, wenn einer einen Tipp gibt, was zu beachten ist, wenn man mit einem dementen Menschen zusammen den Weihnachtsabend feiert.

Singen, zum Beispiel. Stefanie Hild betreut ihre demente Mutter seit sechs Jahren, und zu Weihnachten fällt ihr als erstes ein: Geschenke interessieren die alte Dame nicht, "aber sie singt gerne mit. Sie singt alles mit." Auch die Mutter von Christa Basten, eher gering dement, singt gerne. "Zum Beispiel, wenn im Fernsehen ein Gottesdienst übertragen wird." Dabei kann es passieren, "dass es zu viel wird. Zum Beispiel, wenn es sehr laut wird", berichtet Helga Thiery, die leitende Pflegefachkraft des Café Vergissmeinnicht, in dem man sich Demenzkranken und Angehörigen widmet. Also: Weihnachten mit dementen Angehörigen eher leise feiern. Zumal, sagen sie, Demente die Dunkelheit nicht mögen, die ja auch zur Weihnachtsnacht gehört, erklärt Thiery. Dritter Tipp, auch von ihr: "Am besten alles im vertrauten Rahmen. Sonst entwickeln demenzkranke Menschen Angst, Unsicherheit, auch Aggression."

Einen vierten Tipp hat Thiery auch: "Nehmen Sie sich Zeit. Zeit für Gespräche." Stefanie Hild und sie empfehlen auch: "In den Arm nehmen, berühren, drücken, Körperkontakt. Viele mögen das sehr."

Christa Basten, und da stimmen die anderen sofort zu, sagt: Klar muss sein, wer die Bezugsperson ist. Und noch eine Erfahrung von ihr, die die anderen teilen: "Nicht widersprechen. Wenn wir mit dem Auto unterwegs sind, und sie weist auf etwas hin, das so nicht stimmt, kann ich sagen: Da kann ich jetzt nicht hinschauen, ich muss mich aufs Fahren konzentrieren." Das, steuert Thery bei, "muss man aber erstmal hinkriegen. Das fällt vielen schwer."

Zita Bahr, ihre Mutter ist fast 95, steuert bei: Hilfreich, nicht nur zu Weihnachten ist der zweieinhalbjährige Enkel.

Dieter Klein, 74, pflegt seine Frau, Pflegestufe drei, seit zehn Jahren: "Demenzkranke Menschen brauchen eine Umgebung, in der sie sich wohl fühlen. Sie müssen das Gefühl haben, dass alles in Ordnung ist." Und: "Singen ist sehr, sehr wichtig." Deswegen: "Weihnachten ganz normal feiern, wie das früher gewesen ist."

Christa Basten pflichtet den anderen bei, die dringend empfehlen, rechtzeitig einen Kurs für Angehörige von Demenzkranken zu machen, beim DRK zum Beispiel, oder beim Demenzverein. " Ganz, ganz wichtig", setzt Stefanie Hild nach. "Denn das gibt einem die innere Sicherheit, wie man mit dementen Menschen umgehen soll. Ich habe dadurch ein ganz anderes Verhältnis zu meiner Mutter bekommen. Ich bin ungeduldig, und bei ihr hab ich ine wahnsinnige Geduld. Aber nur bei ihr."

Das Café Vergissmeinnicht Saarwellingen (DRK-Gebäude, Anhofenstraße 44) entlastet demente Menschen und ihre Angehörigen. Ein zehnköpfiges Team engagiert sich unter dem Dach des DRK. Man trifft sich dienstags von 9 bis 12 Uhr und donnerstags von 15 bis 18 Uhr. Kontakt: Tel. (0 68 38) 35 30; HelgaundOtmar.Thiery@t-online.de

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