Nur die Erinnerung hält sie lebendig

Saarwellingen · Auf einen Rundgang zu den Gedenkorten jüdischen Lebens in der Gemeinde Saarwellingen lud der Historiker Hans-Peter Klauck ein. Angesteuert wurden die Stolpersteine, die Engelstraße und der jüdische Friedhof.

 Gedenkorte in Saarwellingen: Zum Abschluss ging es auf den jüdischen Friedhof in der Schließstraße. Fotos: Carolin Merkel

Gedenkorte in Saarwellingen: Zum Abschluss ging es auf den jüdischen Friedhof in der Schließstraße. Fotos: Carolin Merkel

Schon immer hieß die Straße, die hinter dem Saarwellinger Rathaus und dem Schlossplatz verläuft, Engelstraße. Doch im Volksmund sind diese nicht mal 50 Meter als "Judengasse" bekannt. Und dieser Name ist keinesfalls negativ besetzt, spielte sich doch dort das einstig rege jüdische Gemeindeleben ab. Auch davon erfuhren die Teilnehmer am Rundgang zu den Gedenkorten, den Historiker Hans-Peter Klauck im Rahmen der "Woche gegen das Vergessen" in Zusammenarbeit mit der Gemeinde anführte.

Start war vor dem Rathaus, bereits hier konnte Klauck auf die ersten Häuser, in denen einst Saarwellinger Juden lebten, aufmerksam machen. 68 Stolpersteine sind inzwischen verlegt. Um die Jahrhundertwende wohnten etwa 200 Juden in Saarwellingen , was einen Anteil von gut zehn Prozent der Bevölkerung ausmachte. "Im Gegensatz zu vielen Gebieten war in Saarwellingen der Zuzug unter der Regentschaft der Crichinger erwünscht. Die Grafen waren clever, sie verlangten Schutzgeld von den Juden , dafür konnten diese in Frieden leben", erläuterte Klauck.

Steinpaten gesucht

 Das heutige Leo-Grünfeld-Haus, früher die jüdische Schule, in der Engelstraße, rechts daneben stand einst die Synagoge.

Das heutige Leo-Grünfeld-Haus, früher die jüdische Schule, in der Engelstraße, rechts daneben stand einst die Synagoge.

So entwickelte sich auch nach der Jahrhundertwende das jüdische Leben weiter. Jedoch, Häuserfassaden aus dieser Zeit sucht der Besucher vergeblich, geblieben sind lediglich die alten Fotoaufnahmen, die unter anderem vom Möbelgeschäft Salomon (Schlossplatz), der Metzgerei Weiler (Bahnhofstraße 6) oder der Autowerkstatt Lazar (damals Kirchenstraße, heute Schlossstraße 9) erzählen. Vor vielen Häusern konnte in Zusammenarbeit mit dem Künstler Günter Demnig inzwischen Stolpersteine verlegt werden, der Rundgang zeigte auch, dass einige davon bereits Patina angesetzt haben. "Ich würde mir sehr wünschen, wenn es Steinpaten gäbe, vielleicht auch von der Gemeinschaftsschule", sagte Klauck.

Besonders viel zu erzählen hatte er in der Engelstraße. Dort lebten gleich mehrere jüdische Familien Tür an Tür, aber auch die Synagoge (Hausnummer 10) und die Schule (Hausnummer 12), der jüdische Arzt Dr. Alexander und ein jüdisches Café waren dort. "Angezündet hat man die Synagoge damals nicht, da sie mitten zwischen den anderen Häusern wohl zu großen Schaden angerichtet hätte, allerdings wurde alles weitgehend in blinder Wut zerstört", erläutert Klauck.

Die benachbarte Schule ist nach Leo Grünfeld, dem letzten jüdischen Lehrer, benannt. Ein weiteres Zeugnis der jüdischen Gemeinschaft in Saarwellingen ist, erläuterte der Historiker , etwas außerhalb in der Schließstraße, zu finden: Der jüdische Friedhof, der am Ende des Rundgangs besucht werden konnte. Drei Grabreihen sind auf dem 1725 angelegten Friedhof erhalten. Allerdings, das betonte Klauck, wurde auch hier mit roher Gewalt in der Nacht des 9. November 1938 vieles zerstört, erst nach dem Krieg wurden die drei Grabreihen wieder aufgebaut. Ein Mahnmal am Ende des Friedhofs ist allen Juden , die in Saarwellingen lebten, gewidmet.

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