Jazzwochen Feinste urbane Musik auf engstem Raum

SAARWELLINGEN · Am Freitagabend spielten drei renommierte Saxofonisten das letzte Konzert der Saarwellinger Jazzwochen - im rappelvollen Saal.

 Beim Jazzkonzert in Saarwellingen standen (von links) Johannes Müller, Thilo Wagner, Tony Lakatos, Yaron Stavi, Enzo Zirilli und Gilad Atzmon vor dem Publikum.

Beim Jazzkonzert in Saarwellingen standen (von links) Johannes Müller, Thilo Wagner, Tony Lakatos, Yaron Stavi, Enzo Zirilli und Gilad Atzmon vor dem Publikum.

Foto: Gerhard Alt

„Central Park West“ heißt ein 60 Jahre altes Stück der amerikanischen Jazz-Übergröße John Coltrane. Die „Three Tenors“ - die Tenorsaxofonisten Gilad Atzmon, Tony Lakatos und Johannes Müller - haben damit den zweiten Teil ihres Konzerts im Alten Rathaus in Saarwellingen eröffnet. Daran lässt sich etwas zeigen. Man stelle sich einen Film vor: Johannes Müller flaniert elegant durch den Park, in den Knien federnd. So spielt er Saxofon: Wie zum Gehen bereit schwingt er mit halbem Schritt vor und zurück, in seinem Spiel hüpfen kleine Improvisationen auf sicherem Fundament, nie zu heftig und immer auf die Richtung achtend. Er hat - um im Bild oder Film zu bleiben - ein Paket unterm Arm. Tony Lakatos nimmt wie beiläufig schon von Weitem Kontakt, hier: den Ton auf und in der Bewegung ohne Halt und Rast das Paket und trägt fortan die Verantwortung. Wie einer, der schnurgerade, zügig, aber ohne Hast seinen Weg macht und seine Aufgabe (der Paketzustellung) wahrnimmt, spielt Lakatos das Saxofon, achtet sowohl auf die bereits eingeschlagene und somit erwartete Richtung, verleiht dem ganzen Unternehmen aber zugleich einen eigenen, sagen wir: lyrischen Charakter.

Mit größter Zuverlässigkeit übergibt er das Paket an Gilad Atzmon. Der öffnet es ein bisschen ungestüm, die Musik wird lauter, virtuoser, Atzmon schaukelt heftig, als gelte es, Überraschungsmomente beim Paketöffnen zu zeigen. Er packt sozusagen aus, was die anderen mitgebracht haben, nimmt es wie Bausteine auseinander und setzt es wieder auf seine Art zusammen, wobei auch Elemente aus anderen Zusammenhängen, musikalische Zitate, mit verbaut werden. Am Ausgang des Parks treffen sich die drei in fröhlichem Gleichschritt, freudiger Harmonie.
Also, diese drei Tenorsaxofonisten stehen in Verbindung - nicht nur unisono als Trio. Wenn einer nach dem andern spielt, geht der Zusammenhang nicht verloren, dennoch hat jeder seine eigene Auffassung, Haltung, Art und Spielweise. Keinem der drei würde ohne die anderen etwas fehlen, jeder spielt für sich rund und perfekt; aber - auch wenn es paradox klingt: Sie ergänzen sich. Das Ganze, das da entsteht, ist ein Geschenk. Wann hätte man sonst Gelegenheit, drei Tenorsaxofonisten dieser Klasse zusammen zu hören!

Das Publikum hatte es erwartet. Denn so voll war sonst keines der Konzerte der Saarwellinger Jazzwochen. Die Stuhlreihen reichten bis zu den Musikern. Die hatten vielleicht 15 Quadratmeter Platz - inklusive Flügel. Das Schlagzeug war genau in der Mitte positioniert. Es wurde immer deutlicher, warum: Der Schlagzeuger Enzo Zirilli hatte stets engsten Kontakt zu Thilo Wagner am Piano. Wenn Wagner zwischen Blue Notes und Easy Listening brillierte, mal wie Errol Garner, mal wie Horst Jankowski, dann reagierte Enzo Zirilli mit großartiger Kreativität ebenso auf komplizierte wie auf (bei einem vergnüglichen Wagner-Solo) scheinbar leichte Herausforderungen. Kurz: Zirelli war weit mehr als Begleiter. Wie in der Rockmusik akzentuierte er mit seinen Sticks den Takt und spielte immer wieder kleine, feine Soli. Als Solist sorgte auch Yaron Stavi am Kontrabass für sehr schöne, melodiöse Soli. In der Rhythmusgruppe spielte er, wenn nicht den dominanten, dann doch einen sehr starken Part.

Übrigens: Bei der International Jazzwerkstatt im vergangenen Jahr hatten die Three Tenors ein so gelungenes Debüt, dass sie ein Tourprogramm daraus machten. Damit konzertieren sie nun in schneller Folge der Großstadtbühnen. Vor Saarwellingen gab es zwei Konzerte im berühmten „A-Train“ in Berlin. Urbane Musik ist das! Saarwellingen kann sich freuen, dass alle Akteure auch wieder bei der International Jazzwerkstatt vom 5. bis 11. August dabei sein werden.

 Die „Three Tenors“ spielten am Freitagabend im Alten Rathaus in Saarwellingen (von links): Johannes Müller, Tony Lakatos und Gilad Atzmon. Es war der krönende Abschluss der Saarwellinger Jazzwochen 2019.

Die „Three Tenors“ spielten am Freitagabend im Alten Rathaus in Saarwellingen (von links): Johannes Müller, Tony Lakatos und Gilad Atzmon. Es war der krönende Abschluss der Saarwellinger Jazzwochen 2019.

Foto: Gerhard Alt
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