Flüchtlinge aus der Isolation holen

Schwarzenholz · Es fehlen Möbel, Kleider, aber auch Hilfe bei Behördengängen und vor allem Sprachkenntnisse. Hier versuchen Irmtraud Kutscher und Bernd Antekeuer zu helfen. Damit sind sie in Schwarzenholz nicht alleine.

 Die ehemalige Lehrerin Irmtraud Kutscher hat ehrenamtlich den Sprachunterricht in Schwarzenholz übernommen. Foto: Carolin Merkel

Die ehemalige Lehrerin Irmtraud Kutscher hat ehrenamtlich den Sprachunterricht in Schwarzenholz übernommen. Foto: Carolin Merkel

Foto: Carolin Merkel

Wenn der 22 Jahre alte Ramez Khalouf seine Schwarzenholzer Wohnung verlässt, hat er sein Smartphone immer dabei. Mit dem Übersetzungsprogramm kann er sich am besten mit Bernd Antekeuer, Vorstandsmitglied im Männerchor Schwarzenholz , verständigen. Denn noch fehlen ihm, wie auch seinem Mitbewohner und Leidensgenossen auf der Flucht von Syrien ins Saarland, Khir Fachfach, 51 Jahre alt, vor allem die Kenntnisse der deutschen Sprache. "I speak english, parlo italiano, ich lerne deutsch", sagt Fachfach und lacht. Nur langsam kommen ihm die ersten deutschen Worte über die Lippen.

Bei Merdikal Hamo, der 33 Jahre alten Kurdin, hat sich da schon viel mehr getan. Die Mutter von drei Kindern ist seit einem Jahr und acht Monaten in Deutschland, war zunächst in Lebach, wohnt jetzt mit ihrer Familie in Saarwellingen und fühlt sich dort, wie sie betont, sehr gut aufgenommen. "Wir schreiben die gleichen Buchstaben, lesen von links nach rechts", erläutert sie die klaren Vorteile gegenüber den Flüchtlingen, die arabisch lesen und schreiben.

Im Nebenraum des Gasthauses Schwinn versucht Irmtraud Kutscher, ehemalige Lehrerin, mit einem Wörterbuch der Caritas bewaffnet, individuelle Sprachförderung zu machen. "Doch für die meisten ist das Buch viel zu schwierig, daher habe ich jetzt erst einmal mit der Alphabetisierung begonnen, entwerfe dazu Arbeitsblätter", erklärt sie. Die werden im Kopierer vervielfältigt, an die Flipcharts angeschrieben, zwei wichtige Hilfsmittel, die Bernd Antekeuer beigesteuert hat. Manpower und Material, all das organisiert er, still und im Hintergrund. "Vor allem will ich ganz gezielt helfen, suche genau die Dinge, die Hilfestellungen, die aktuell fehlen", erklärt er.

So hilft er bei der Einrichtung der Wohnungen in Schwarzenholz , dort sind mittlerweile neben den beiden Männern auch drei Familien mit insgesamt acht Kindern untergebracht. Aber nicht nur mit Möbeln und Kleidern, die er gezielt durch Aufrufe im Mitteilungsblatt sucht und findet, unterstützt Antekeuer, er holt die Flüchtlinge ganz gezielt auch aus der Isolation.

"Sicher sind die Sprachkurse, die wir zweimal in der Woche organisiert haben, eine gute Sache, aber inzwischen konnten die Männer auch schon an unseren Chorproben teilnehmen und die Kinder gehen zum Fußballtraining, wir haben sie an Vatertag zu unserer Wanderung mitgenommen", sagt er.

Antekeuer ist davon überzeugt, dass von der Integration nicht nur die Flüchtlinge profitieren. "Ich habe mittlerweile viele Leute aus meinem Umfeld in der Reserve, wenn mal etwas Dringendes, wie ein Arztbesuch, ansteht", erzählt er.

Kurze Wege ohne Bürokratie, kein Verein, kein Vorstand, keine Sprecher, die die Hilfe organisieren, "man muss diesen Menschen einfach helfen, das war aber bei mir keine Sache der Überlegung, sondern selbstverständlich, und so ist es bei vielen in Schwarzenholz ", sagt er.

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