Eddie begleitet auf allen Wegen

Saarwellingen · Einen Hund auf Rezept – das gibt es nicht alle Tage. Waltraud Weiten-Weyand (59) aus Saarwellingen besitzt seit gut einem Jahr einen. Eddie ist ein bestens ausgebildeter Blindenführhund. Der Golden Retriever ist inzwischen ein unentbehrlicher Helfer in fast allen Situationen, denn die 59-jährige Saarwellingerin ist seit 20 Jahren blind.

 Waltraud Weitens Blindenhund Eddie in Aktion. Foto: Ruppenthal

Waltraud Weitens Blindenhund Eddie in Aktion. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Waltraud Weiten hat sich inzwischen mit vielen Schwierigkeiten im Leben arrangiert. Sie nutzt ohne Berührungsängste moderne Technik. Handy, Computer, Sprach- und Texterkennung helfen ihr durchs nicht immer einfache Leben. Ihr wichtigster Helfer ist aber Eddie, den sie um keinen Preis der Welt mehr missen möchte. In einer sehr aufwendigen Ausbildung hat der Golden Retriever gelernt, blinden Menschen zur Seite zu stehen. Mehr als 75 Hörzeichen beherrscht er: Eddie weiß genau, was er zu tun hat, wenn sein Frauchen "Steh", "Stopp", "Voraus" oder "Aus" sagt. Aber auch die Kommandos "Zur Post" oder "Zur Apotheke" sind ihm nicht fremd.

Eddie weiß aber auch, was zu tun ist, wenn Waltraud Weiten nichts sagt. Bewusst geht er dem Frauchen aus dem Weg, damit sie nicht über ihn fallen kann. Vor der Treppe bleibt der schlaue Hund unaufgefordert stehen, ebenso wie vor jedem Hindernis. Bekommt Eddie ein falsches Hörzeichen, verweigert er. Und wenn Waltraud Weiten dann ihrem treuen Vierbeiner sagt "Such" oder "Zeig Weg", sucht er selbstständig die beste Lösung für sein Frauchen .

Dennoch - es gibt für das bestens eingespielte Tandem tagtäglich immer noch Probleme zu meistern. Da sind zum einen die Falschparker, die allzu oft große Teile des Bürgersteigs blockieren oder gar ganz versperren. Zum andern sind da aber auch die rücksichtslosen Mitbürger, die wenig Acht auf behinderte Mitmenschen geben oder schlecht erzogene Jugendliche, die Behinderte gar vorsätzlich traktieren.

Aber da gibt es aber auch noch die Tierfreunde, die es eigentlich nicht böse meinen, und von Eddie begeistert oder beeindruckt sind. Eine Todsünde ist es aber, einen Blindenführhund anzusprechen oder gar anfassen zu wollen.

Drei Jahre intensive Ausbildung haben dafür gesorgt, dass derartige Hunde fast in jeder Lebenssituation wissen, was sie tun haben. Selbst wenn Eddie aufs Hundeklo muss, macht er das (fast) nur auf Kommando. Er markiert auch nicht, wie dies andere Hunde normalerweise tun. Einmal die Woche hat Eddie frei - für drei Stunden. Da geht er mit Freunden von Waltraud Weiten aus, um sich bei einem Spaziergang mal so richtig auszutoben.

Für Waltraud Weiten, die an "Retinopathia pigmentosa" leidet, einer bis heute nicht verhinderbaren oder gar heilbaren Netzhautdegeneration, war es ein langer Weg, bis sie ihren Eddie hatte. Nachdem ihr der Augenarzt quasi auf Rezept einen entsprechenden Blindenführhund verordnet hatte - Wert immerhin rund 30 000 Euro -, war ein Kontakt zur Blindenführhundeschule nach St. Katharein bei Graz in Österreich schnell hergestellt.

Ausgebildet wurde Eddie von Josef Bürger (64), einem "Hundeflüsterer" aus der österreichischen Steiermark. Seit mehr als 40 Jahren in der Hundeausbildung aktiv, widmet er sich jetzt bereits seit knapp drei Jahrzehnten der Ausbildung von Blindenführhunden.

Josef Bürger ist dabei kein Freund von besonderer Härte in der Hundeausbildung. "Auch der Hund lernt aus seinen Erfahrungen, und da ist Gewalt absolut fehl am Platz," betont er. Nach einer intensiven und konsequenten zweijährigen Ausbildung in der Blindenführhundeschule von Josef Bürger geht der Hund dann noch rund ein Jahr lang in eine Pflegefamilie, möglichst sogar mit Kindern, um alltagstauglich zu werden. Und danach ist die Ausbildung immer noch nicht zu Ende: Die letzte Phase findet dann beim neuen Besitzer statt. Auch er muss erst lernen, mit einem ausgebildeten Blindenführhund umzugehen.

Sorgsam achtet Josef Bürger darauf, dass seine Vierbeiner nur in gute Hände kommen, und dass Hund und Halter auch harmonieren. Fast 200 Blindenhunde hat der Österreicher ausgebildet, "und ich bin immer noch nicht reich", flachste der 64jährige bei seiner letzten Stippvisite in Saarwellingen .

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