Jazzwerkstatt Wassertropfen sind wie Töne

SAARWELLINGEN · Über 300 Besucher haben am Montag das erste Dozentenkonzert der 15. International Jazzwerkstatt in Saarwellingen erlebt. Sie bekamen einen guten Eindruck von der Vielfalt und dem hohen Niveau des Festivals.

 Erwartungsvolle Gäste zum Auftakt der 15. International Jazz Werkstatt auf dem Campus Nobel. Foto: Gerhard Alt

Erwartungsvolle Gäste zum Auftakt der 15. International Jazz Werkstatt auf dem Campus Nobel. Foto: Gerhard Alt

Foto: Gerhard Alt

Frédéric Chopin hat‘s gewusst: Wassertropfen sind wie Töne. Tomalerisch lässt er in seinem Regentropfen-Prélude einzelne Tropfen entstehen und rhythmisch fallen. Beim Konzert der „All Stars“- aller 17 Dozenten der 15. International Jazzwerkstatt - durfte man daran denken. Frank Harrison entwickelte die einzelnen Töne am Klavier wie Wassertropfen auf einer beschlagenen Scheibe, die sich dann mit anderen in Bewegung setzen. Die drei Tenorsaxofonisten (,,Three Tenors“) Gilad Atzmon, Tony Lakatos und Johannes Müller ließen die Töne wie in einem Wasserfall zusammen fallen, kraftvoll wie eine Bigband, aber mit individuellen Akzenten. Das illustriert die Spannbreite, in der diese Woche in Saarwellingen Jazz gespielt wird. Geregnet hat es nicht. Ein schöner Sommerabend!

Über 300 Besucher füllten die alte Backsteinhalle auf dem Campus Nobel, wo schon vor dem Einlass am See kühle Getränke und leckeres Essen angeboten wurden. Bürgermeister Manfred Schwinn freute sich über den regen Zuspruch, dankte den Sponsoren und der Familie Arweiler, die die Halle zur Verfügung stelle.

Im 56-köpfigen Teilnehmerkreis kämen 44 aus Deutschland, 18 aus dem Saarland, zwei aus Saarwellingen, die übrigen aus den Benelux-Staaten, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, einer sogar aus Boston. Wie immer wird die Halle auch mit Bildender Kunst bespielt: Diesmal stellen Susanne Hamann-Meyer und Gaetano Gross aus. Gilad Atzmon, bereits zum 6. Male künstlerischer Leiter, kündigte ironisch an, dass dieselben Stücke und Soli wie im vergangenen Jahr gespielt würden.

Dass es natürlich ganz anders sein werde, wusste das Publikum und wurde nicht enttäuscht. Beim abschließenden „Concerto Grosso“ nach „Kind of Blue“ von Miles Davis standen tatsächlich alle Akteure auf der Bühne, spielten in Sologruppen und tutti wie ein Orchester. Dem Publikum entging nicht, welche Freude da im Spiel war. Und es konnte sich an den zahlreichen Duetten erfreuen, die sich an diesem Abend ergaben.

So lieferte sich der Pianist Thilo Wagner einen Bebop-Schlagabtausch mit Gilad Atzmon und mit dem Bassisten Yaron Stavi. In einen Gesangsdialog traten Barbara Bürkle und (erstmals dabei) Randolph Matthews. Der Schlagzeuger Enzo Zirilli und der Percussionist Adriano Adewale forderten sich gegenseitig heraus. Mehr oder weniger improvisiert war die Zusammenstellung der Formationen. Ähnlich verhält es sich mit der Sitzordnung. Zufällig saß da der bereits 13-malige Workshopteilnehmer aus Frankfurt neben dem Reporter, der ihn auch vor 15 Jahren als Debütant interviewte. Rainer Elting ist der Herr im roten Jackett, für den der Klavier-Workshop und die Unterkunft bei privaten Gastgebern in Saarwellingen immer etwas Besonderes sind. „Das ist jedes Jahr wie eine Pilgerfahrt für mich. Es sind so großartige Musiker, die in London, New York und Tokio spielen. Der Unterschied ist: Hier sind die so entspannt, dass sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Das erleben Sie sonst nirgends.

Außerdem gibt es immer wieder schöne Zufälle, etwas fällt einem zu, auch als Schüler, der immer noch was lernen kann.“ Der das sagt, weiß wovon er spricht, Frankfurt gilt immer noch als Jazz-Hochburg. Wie Eltings rotes Jackett gibt es Wiedererkennbares, sich Wiederholendes, aber auch Neues. Die Internationale Jazzwerkstatt ist wie Weihnachten, alle Jahre wieder mit bekannten Gesichtern und Ritualen, eine schöne Gewohnheit, doch immer noch ungewöhnlich; alle freuen sich drauf und auf die Überraschungen.

 Die „Three Tenors“ Gilad Atzmon, Tony Lakatos und Johannes Müller mit der Rhytmusgruppe Thilo Wagner, Ulrich Glaszmann und Enzo Zirilli.

Die „Three Tenors“ Gilad Atzmon, Tony Lakatos und Johannes Müller mit der Rhytmusgruppe Thilo Wagner, Ulrich Glaszmann und Enzo Zirilli.

Foto: Gerhard Alt
 Erwartungsvolle Gäste zum Auftakt der 15. International Jazz Werkstatt auf dem Campus Nobel

Erwartungsvolle Gäste zum Auftakt der 15. International Jazz Werkstatt auf dem Campus Nobel

Foto: Gerhard Alt

Nicht zuletzt ist es ein Festival, wo Gigs abgemacht werden und sich neue Formationen bilden - wie „Three Tenors“, die vor einem Jahr zum ersten Mal in Saarwellingen spielten, dann zusammen auf Tournee gingen und nun am heutigen Mittwoch, 19.30 Uhr, wieder auf dem Campus Nobel konzertieren werden.

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