„Wunderbare Sprache der Blumen“

Saarlouis · „Blumen trösten, erinnern, geben Hoffnung“ war Titel einer Ausstellung im österreichischen Stift Melk, einer Benediktiner-Abtei, die zum Weltkulturerbe zählt. Zu sehen waren Ergebnisse eines Floristenlehrganges, Titel „Wenn Worte fehlen, können einen Blumen trösten“, den der Saarlouiser Florist Franz-Josef Wein leitete. Im Gespräch mit SZ-Redakteur Johannes Werres erklärt Wein vom Blumenhaus Wein in Lisdorf, wie Blumen trösten können.

 Florist Wein zu dieser Installation: „Wir haben einen Tisch in der Gruft der Mönche platziert. Der Tisch wurde mit Chrysanthemen, Nelken und Herbstlaub geschmückt, Blumenarten also, die viele Menschen für den Grabschmuck wählen. Tote und Lebende essen miteinander, sie sitzen sich gegenüber, sie sitzen auf zwei Seiten der gleichen Sache, eine Linie trennt sie, aber sie sind da.“ Fotos: Franz-Josef Wein

Florist Wein zu dieser Installation: „Wir haben einen Tisch in der Gruft der Mönche platziert. Der Tisch wurde mit Chrysanthemen, Nelken und Herbstlaub geschmückt, Blumenarten also, die viele Menschen für den Grabschmuck wählen. Tote und Lebende essen miteinander, sie sitzen sich gegenüber, sie sitzen auf zwei Seiten der gleichen Sache, eine Linie trennt sie, aber sie sind da.“ Fotos: Franz-Josef Wein

 Die „Sommersakristei“ der Abteikirche: Das Motto der Floristen ist „Baum des Lebens“. Der Lebensbaum des Paradieses ist im Altarbild dargestellt. Dort wächst er aus dem Kreuz heraus. Das wurde räumlich umgesetzt. „Vier Bäume, die es in der Realität gar nicht gibt“, sagt Florist Wein, „säumen das Kreuz.“ Die Bäume sind aus Herbstlaub und jeweils 250 gemischten Blüten gestaltet.

Die „Sommersakristei“ der Abteikirche: Das Motto der Floristen ist „Baum des Lebens“. Der Lebensbaum des Paradieses ist im Altarbild dargestellt. Dort wächst er aus dem Kreuz heraus. Das wurde räumlich umgesetzt. „Vier Bäume, die es in der Realität gar nicht gibt“, sagt Florist Wein, „säumen das Kreuz.“ Die Bäume sind aus Herbstlaub und jeweils 250 gemischten Blüten gestaltet.

 Florist Franz-Josef Wein vor einem Schutzengel-Altar in Melk: „Der Altar ist mit weißen Lilien als Symbole für die Gottesmutter und ihre Fürbitte sowie mit trockenem Gras gestaltet. Das Gras verkörpert den emotionalen Winter eines Menschen, der in Trauer fällt.“

Florist Franz-Josef Wein vor einem Schutzengel-Altar in Melk: „Der Altar ist mit weißen Lilien als Symbole für die Gottesmutter und ihre Fürbitte sowie mit trockenem Gras gestaltet. Das Gras verkörpert den emotionalen Winter eines Menschen, der in Trauer fällt.“

Herr Wein , wie können Blumen trösten, wenn Worte fehlen?

Wein : Blumengestaltung ist eine Sprache. Die Vokabeln dieser Sprache sind die unterschiedlichen Blumenarten in den vielfältigsten Farben. Die Gestaltung und das Handwerk sind dabei die Grammatik. Wie jede Sprache kann sie plump und derb, aber auch sehr feinsinnig daherkommen. Ein hochqualifizierter Handwerker im Beruf des Floristen muss zwangsläufig über einen reicheren Wortschatz und Können verfügen, um sich auszudrücken oder Gefühle darzustellen, als jemand der über diese Fähigkeiten nicht verfügt.

Was ist denn das Tröstende an Blumen ?

Wein : Blumen an sich sind für die meisten Menschen schon Sympathieträger. Im Fall des Todes eines geliebten Menschen können Blumen uns im wirklichen Sinne trösten. Auf der einen Seite zeigen sie uns natürlich die Vergänglichkeit, aber auch ihre unglaubliche Schönheit, und manchmal tröstet es uns, wenn wir in einem schlimmen Augenblick unseres Lebens mit der Schönheit konfrontiert werden. Blumen bieten auch die Möglichkeit, ein Verhältnis zum Verstorbenen auszudrücken, indem man mit dessen Lieblingsblumen oder Lieblingsfarben gestaltet, indem man die Jahreszeit des Todes zum Ausdruck bringt, indem man ein Umfeld darstellt, das fest verbunden mit dem Verstorbenen ist, wie zum Beispiel dessen Garten. Blumen stellen also immer eine Verbindung her oder drücken Verbundenheit aus, und genau das ist etwas sehr Tröstendes. Der Blumenkranz zum Beispiel symbolisiert uns, dass es nur eine örtliche Trennung gibt, aber keine in der Zeit. Das Blumenherz im Trauerfall zeigt uns, dass die Liebe nicht aufhört, nur weil der Tod uns voneinander für einen Augenblick getrennt hat.

Jemanden trösten kann ich nur, wenn einer meine Sprache versteht. Wird die Sprache der Blumen denn verstanden?

Wein : Die Sprache der Blumen war in vergangener Zeit eine sehr poetische Art und Weise sich auszudrücken. Diese Sprache wird seit dem 20. Jahrhundert sehr vernachlässigt, aber sie erreicht den Menschen immer noch in seinem Inneren. Im Fall des Trauerkranzes würden die Worte lauten: "Dein Körper ist zwar so vergänglich wie die Blumen , deine Seele aber lebt ewig, denn das verspricht die unendliche Form des Kranzes." Eines meiner wichtigsten Ziele in der Floristik ist es, diese Sprache allgemeiner noch mehr bekannt zu machen, damit viele Menschen Freude dabei empfinden, die wunderbare Sprache der Blumen zu verwenden.

Können Sie ein paar Beispiele nennen für das, zu was Sie im Stift Melk anregten?

Wein : Die verschiedenen Tage des Seminares hatten immer verschiedene Thematiken. Zwei Beispiele. Der erste Tag galt der Gestaltung eines individuellen Trauerwerkstückes entweder als Kreuz, Herz oder Kranz. Damit waren die christlichen Symbole von Glaube, Liebe und Hoffnung das Thema. Am dritten Tag wurde für die Gruft der Mönche ein Tisch für 24 Personen zum Essen und Trinken gestaltet. Die Blumen für den Tischschmuck waren dabei 1300 Chrysanthemen und Nelken. Es sollte dadurch den Besuchern der Ausstellung die Angst vor dem Tod oder dem Friedhof genommen werden. Das gemeinsame Essen von Lebenden und Toten soll erlebt werden. Dass der Leichenschmaus eine wichtige Bedeutung hat, ist das Thema. Lebende und Tote sitzen am gleichen Tisch, nur auf zwei verschiedenen Seiten.

Wie steht es um die Bereitschaft von Kunden, für besonderen Grabschmuck auch mehr Geld zu zahlen?

Wein : Es gibt diese Bereitschaft, dabei kommt es aber nicht immer auf das Budget an, sondern darum, wie es verwendet wird. Gestaltungen mit ökologischem Bewusstsein, mit individuellem Charakter und dem Ausdruck von Gefühlen können nicht im Discount bezogen werden. Da muss jeder in sich hinein horchen, um zu entscheiden, was ihm die Würde und Ehre seiner Ahnen wert ist.

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