Wo sich alles um Schrauben dreht

Saarlouis. Was ist aufregend an Schrauben? Jeder braucht sie, aber niemand macht sich Gedanken um die Schrauben an sich. Sie sind einfach da, bestimmen unseren Alltag. Bei der Nedschroef Fraulautern GmbH prägen sie auch den Arbeitsalltag von 230 Mitarbeitern. Denn dort werden Schrauben gefertigt - zu Tausenden, tonnenweise

Saarlouis. Was ist aufregend an Schrauben? Jeder braucht sie, aber niemand macht sich Gedanken um die Schrauben an sich. Sie sind einfach da, bestimmen unseren Alltag. Bei der Nedschroef Fraulautern GmbH prägen sie auch den Arbeitsalltag von 230 Mitarbeitern. Denn dort werden Schrauben gefertigt - zu Tausenden, tonnenweise. Doch man findet sie nicht in Baumärkten oder in Eisenwaren-Abteilungen. Nedschroef verkauft seine Schrauben fast ausschließlich an die Automobilindustrie. Alle großen europäischen Autohersteller bauen "Befestigungsmittel" (so die offizielle Bezeichnung) von Nedschroef ein - außerdem große Zulieferer wie Bosch, ZF (Getriebe), Johnson Controls (Autositze) oder Brose (Türsysteme). Die Automobilindustrie sichert zwar satte Absatzmengen, allerdings ist der Preisdruck sehr hoch und bei Fehlern die Toleranzschwelle niedrig. "Dieser Herausforderung müssen wir uns jeden Tag stellen", sagt Ron Deelen (42), Geschäftsführer der Nedschroef Fraulautern GmbH. Seit 1999 steht der gebürtige Niederländer an der Spitze des Unternehmens. Als er die Kommandobrücke übernahm, herrschte raue See. "Wir hatten kein Wachstum und die Kosten stiegen", erinnert sich Deelen an jene Zeit. 1990 hatte die Koningklijke Nedschroef-Holding mit Sitz in Helmond (Niederlande) und weltweit 24 Unternehmen die "Vereinigten Schraubenwerke" - wie das Unternehmen zuvor hieß - von der Thyssen AG übernommen. Bis dahin hatte die Firma, die 1813 als Blechwarenfabrik für verzinntes Haushaltsgeschirr von Johann Baptiste Strouvelle gegründet worden war, bereits eine lange Geschichte hinter sich. Deelen riss das Ruder herum, straffte Organisation und Produktion. "Es darf kein Schwund vorkommen", so seine Philosophie. Schwund bedeutet für ihn nicht nur, dass die Anzahl fehlerhafter Produkte gegen Null gefahren werden muss. Es beinhaltet auch, dass die Maschinen möglichst selten stillstehen. Inzwischen wurde die Schraubenproduktion im Werk enorm modernisiert, die Produktivität kräftig gesteigert. "Jedes Jahr fließen im Durchschnitt 3,5 Millionen Euro an Investitionen in die Fertigung", sagt Deelen. Der Produktionsprozess wird 24 Stunden überwacht, Fehlzeiten sofort auf ihre Ursachen abgeklopft. Der Kraftakt blieb nicht ohne Auswirkung. Verbuchte das Unternehmen im Jahr 1999 noch 24 Millionen Euro Umsatz, werden für dieses Jahr 90 Millionen Euro angepeilt, wobei die Mitarbeiterzahl in diesem Zeitraum ungefähr gleich blieb. Im Jahr 2010 will Deelen die Marke von 100 Millionen Euro knacken - bei einem Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von zehn Prozent. Das Programm von Nedschroef Fraulautern umfasst inzwischen 1900 unterschiedliche Formen von Schrauben. Jeden Tag verlassen 110 bis 120 Tonnen das Unternehmen Richtung Autowerke und Zuliefer-Betriebe. Inzwischen ist man auch in der Lage, Schrauben aus Aluminium zu liefern, die von der Auto-Industrie für das Verschrauben von Leichtmetall-Komponenten (Alu- oder Messing-Teile) benötigt werden. Das ist noch eine Nische. Der klassische Fertigungsprozess beginnt mit so genannten Draht-Coils, die direkt von den Walzstraßen der Saarstahl AG nach Fraulautern geliefert werden. Dort wird der Draht in die entsprechenden Längen geschnitten und ohne Erwärmung in die gewünschte Schrauben-Form gepresst. Danach werden sie erhitzt, gehärtet und nachbearbeitet. Den Korrosionsschutz gegen Durchrostung übernehmen Lohnunternehmen. Ron Deelen, der inzwischen neun Jahre an der Saar lebt, ist fast zu einem Saarländer geworden, obwohl der holländische Akzent noch immer seine Herkunft verrät. Verheiratet ist er mittlerweile mit einem Landeskind, wohnt in Saarlouis, pflegt in der Freizeit seinen Garten. Und sagt, dass "die Saarländer sehr feine Leute sind, auf die man sich verlassen kann". Bodenständig im besten Sinne.

HintergrundDie Nedschroef Fraulautern GmbH hat sich zu einer kleinen Firmengruppe entwickelt. Im Hauptwerk in Fraulautern stellen 230 Mitarbeiter Schrauben für die Automobilindustrie her. Seit dem Jahr 2000 gehört auch ein Schraubenwerk in Berlin zur Unternehmensgruppe. Dort sind rund 60 Männer und Frauen beschäftigt. Die Produktion von Stanzteilen für Auspuff-Systeme von Autos hat Nedschroef im vergangenen Jahr von Saarlouis nach Lebach verlegt, 80 Leute werden dort beschäftigt. Größter Wunsch für das Werk in Fraulautern ist, dass man einen Anschluss an die Bundesstraße B51 bekommt. Dann hätte man die Möglichkeit, zu expandieren und wäre in der Lage, neue Arbeitsplätze zu schaffen. low

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema