Saarlouis vor WM-Beginn Fieber? Bisher eher leicht erhöhte Temperatur

Saarlouis · SZ-Umfrage: Manche beklagen die Kommerzialisierung. Andere lassen sich die Vorfreude auf die Fußball-Weltmeisterschaft nicht nehmen.

 Joachim Kiefer

Joachim Kiefer

Foto: Axel Künkeler

Seit ein paar Tagen tauchen wieder Deutschland-Fahnen, schwarz-rot-goldene Wimpel und Schals im Straßenbild auf. Der Grund dafür steht im Kalender: Heute wird die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland eröffnet. Doch von WM-Fieber ist bislang wenig zu spüren. Bei einer Umfrage der Saarbrücker Zeitung sind sogar Klagen über die zunehmende Kommerzialisierung zu hören.

„Nein, ich spüre keine Vorfreude“, sagt etwa Jürgen Noh aus Saarlouis. Der 67-Jährige hat früher gerne Fußball geschaut, heute störe ihn „der Fußballzirkus generell“. Das sei nur noch Kommerz mit viel zu hohen Spieler-Gehältern. „Das ganze System ist krank“, klagt Noh. Die Fußballspiele will er sich deshalb überhaupt nicht ansehen, „lieber schalte ich auf Arte, das Kulturangebot interessiert mich mehr“.

„Das ist mir alles zu kommerziell“, meint auch Roland Motsch. Der Ensdorfer hat deshalb nur „wenig Interesse“ an der WM. Die Vorrunden-Spiele will er sich „eher nicht“ anschauen, erst ab dem Viertelfinale, wenn die deutsche Mannschaft weiterkommt. „Ich denke, die kommen ziemlich weit, auch wenn es bisher nicht danach aussieht“, ist er zuversichtlich, dann doch noch ein paar Spiele im privaten Kreis mit der Familie sehen zu können.

„Wenn sie weiterkommen, dann gucke ich“, meint auch Christian Simons aus Saarlouis. Aber „nur notgedrungen, weil dann alle gucken.“ Er interessiert sich mehr für Kinofilme, weniger für Sport. Die Chancen der deutschen Mannschaft beurteilt er eher skeptisch: „Es wird wohl eine Enttäuschung im Viertelfinale geben“, rechnet er mit einem frühen Ausscheiden.

Wenig Interesse am Fußball zeigt auch Christoph Caspar. Der gebürtige Saarlouiser ist mehr am Motorsport interessiert, „beruflich und privat“, wie er betont. Schließlich arbeitet er in Stuttgart für die „Marke mit dem Stern“, hofft auf den Weltmeistertitel in der Formel 1. Das sei genauso „schwer einschätzbar“ wie die Chancen der Fußball-Nationalmannschaft auf den Titelgewinn in Russland. Aber „Deutschland kommt ja bei der WM meistens sehr weit“, ist er sich mit den eingefleischten Fußball-Fans dann doch wieder halbwegs einig.

„Ja doch, das Finale traue ich den Jungs zu“, meint etwa Doris Lang. Die Saarlouiserin betont allerdings, dass dazu „viele Faktoren, etwas Glück, die richtige Tagesform“ passen müssen. Eine Steigerung gegenüber den letzten Spielen sei auf jeden Fall noch nötig, aber „ich bin optimistisch.“ Sie will sich nur die Deutschland-Spiele ansehen, aber nicht in der Public-Viewing-Arena auf dem Großen Markt. „Zu Hause auf dem Sofa ist es viel gemütlicher“, sagt sie.

Auf die drei Faktoren „Glück, Schiris und Tagesform“ setzt Kurt Schantz aus Heusweiler. Natürlich freut er sich auf die WM und jeden Sieg der deutschen Mannschaft, sei aber „nicht mehr so euphorisch wie früher“. Er habe zudem nicht das Gefühl, dass es was wird mit dem Titel. Aber fürs Halbfinale könnte es reichen, tippt er. Die Spiele verfolgt er meistens alleine zu Hause, zum Public Viewing in Saarlouis ist ihm der Weg zu weit.

Privat mit Freunden und Bekannten vorm Fernseher will auch Gerd Lissel die WM verfolgen. Bei ihm sei schon „alles eingerichtet“, die Fan-Artikel wie Fahnen oder Tröten lägen bereit, berichtet der Wadgasser. „Der fünfte Stern wäre super“, hofft er, „aber das wird schwer.“ Die Form stimme noch nicht, meint Lissel, aber Deutschland sei eine Turnier-Mannschaft. Mit dem Erreichen des Halbfinals wäre er zufrieden.

„Zumindest das Halbfinale sollte drin sein“, hofft auch Joachim Kiefer. „Na klar, ich fiebere der WM entgegen, bin ein Fußball-Fan“, sagt er. Soweit es die Zeit erlaubt, will er sich fast alle Spiele zusammen mit Freunden ansehen. Mit der Eröffnung heute hängt wieder, „wie alle zwei Jahre“, die Deutschland-Fahne an seinem Haus in Schwalbach. „Bis zur bitteren Neige.“ Das Abschneiden der deutschen Mannschaft ist ihm „relativ egal“, auch ansonsten gebe es noch weitere „interessante Spiele“.

Als Fußball-Fan bezeichnet sich auch Frank Braun (Schmelz), der ebenfalls „mindestens das Halbfinale“ für das deutsche Team erwartet. Er will sich hauptsächlich die Spiele der Deutschen, „aber auch andere interessante Spiele“ mit Freunden und Familie anschauen. Aber einmal geht’s mit der Belegschaft gemeinsam zum Public Viewing ins Fandorf Saarlouis.

 Doris Lang

Doris Lang

Foto: Axel Künkeler
 Kurt Schantz

Kurt Schantz

Foto: Axel Künkeler
 Jürgen Noh

Jürgen Noh

Foto: Axel Künkeler
 Karin Nawrotzki

Karin Nawrotzki

Foto: Axel Künkeler
 Frank Braun

Frank Braun

Foto: Axel Künkeler

Dort ganz in der Nähe wohnt Karin Nawrotzki. Das Treiben während der Saarlouiser Woche empfindet sie „oft als störend, aber den Fußballern gönne ich das“. Das sei einfach „herrlich mit den bunten Fähnchen und der Begeisterung der Leute.“ Selbst schaut sie kaum zu beim Fußball, „ich verstehe zu wenig davon“, meint die Saarlouiserin. Einen vorderen Platz, wenn möglich das Erreichen des Finales wünscht sie den Jungs von Jogi Löw, aber „sie müssen nicht unbedingt gewinnen.“

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