Wahl 2019 In der Ruhe liegt die Kraft beim Auszählen

Kreis Saarlouis · Bis zu sechs auf einen Streich: Wie die Kommunen im Landkreis Saarlouis die Rekordzahl an Wahlen an einem Tag vorbereiten.

 Hochbetrieb in den kommunalen Wahlämtern: So wie Peter und Annemarie Walde (von links) haben viele Wähler bereits per Briefwahl ihre Stimme abgegeben. Annemarie Frate (rechts), Mitarbeiterin im Wahlamt der Stadt Dillingen erläutert die umfänglichen Unterlagen. In der Hüttenstadt hatten bis Montag bereits rund 15 Prozent aller 16 000 Wahlberechtigten gewählt, teilte der Dillinger Gemeindewahlleiter Joachim Bach (Zweiter von rechts) mit.

Hochbetrieb in den kommunalen Wahlämtern: So wie Peter und Annemarie Walde (von links) haben viele Wähler bereits per Briefwahl ihre Stimme abgegeben. Annemarie Frate (rechts), Mitarbeiterin im Wahlamt der Stadt Dillingen erläutert die umfänglichen Unterlagen. In der Hüttenstadt hatten bis Montag bereits rund 15 Prozent aller 16 000 Wahlberechtigten gewählt, teilte der Dillinger Gemeindewahlleiter Joachim Bach (Zweiter von rechts) mit.

Foto: Axel Künkeler

Bei aller Zurückhaltung gegenüber Superlativen: der 26. Mai kann zu Recht als Super-Wahl-Sonntag bezeichnet werden. Die politisch gewollte Bündelung von Wahlen führt dazu, dass im Kreis Saarlouis erstmals bis zu sechs verschiedene Wahlen gleichzeitig stattfinden. Am Tag der Europawahl werden auch der Kreistag, die Stadt- beziehungsweise Gemeinderäte und vielfach die Ortsräte gewählt. Zudem findet die Direktwahl des Landrates sowie in zehn der 13 Landkreis-Kommunen die Direktwahl der Bürgermeister statt.

Um dieser besonderen Herausforderung gerecht zu werden, wird überall „aufpersonalisiert“, wie es Kreis-Pressesprecherin Lara Kühn formuliert. Im Landratsamt werden 20 Mitarbeiter, fünf mehr als sonst, für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Neben der Geschäftsstelle des Kreiswahlleiters Joachim Breunig sind die Pressestelle, EDV-Technik und Hausmeister im Dienst.

Relativ entspannt ist es dagegen 500 Meter weiter im Rathaus der Kreisstadt. „Da in Saarlouis keine Oberbürgermeister- und keine Ortsratswahlen stattfinden, war hier keine Vorbereitung erforderlich, die über das übliche Maß hinausgeht“, sagt der stellvertretende Hauptamtsleiter Stefan Klein. Er rechnet zwischen 19 und 19.30 Uhr mit dem Europawahl-Ergebnis, mit den abschließenden Stadtrats-Ergebnissen „nicht vor 21 Uhr“.

Auch in Saarwellingen und Rehlingen-Siersburg gibt es am Wahl-Sonntag keine Direktwahl der Bürgermeister. Trotzdem wurden „die größtmöglichen Vorbereitungen getroffen, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind hochmotiviert“, betont Joachim Neu vom Wahlamt der Gemeinde Saarwellingen. „Sorgsam vorbereitet“ hat man sich auch in Rehlingen-Siersburg, berichtet der stellvertretende Wahlleiter Winfried Schellenbach. Die Wahlvorstände haben „grundsätzlich die übliche personelle Besetzung“, zu viele Leute seien beim Auszählen nicht wirklich hilfreich.

„Wir brauchen ein gesundes Maß zwischen Sorgfalt und Aufgabenstellung“, erklärt er. In den 17 Stimmbezirken sei mit jeweils zwei Wahlurnen, eine für Europa- und eine für Kommunal-Wahl, für eine zügige Abwicklung gesorgt. Notfalls stünden Ersatzurnen bereit. Mit den „fast einen Meter langen Stimmzetteln zur Europawahl mit 40 kandidierenden Parteien“ hätten die Wähler wie auch die Wahlhelfer beim Auszählen wohl jede Menge Arbeit.

Volker Bauer, in Wallerfangen ebenfalls stellvertretender Wahlleiter, sieht es genauso. Nicht nur für die Kommunen und die Wahlhelfer, vor allem auch für ältere Wähler seien die Wahlen ebenfalls eine Herausforderung. Die Gemeinde habe eigens zusätzliche Wahlurnen gekauft, in den größeren Wahlbezirken werden eine Urne mehr und zusätzliche Wahlkabinen aufgestellt, die Wahlvorstände werden von durchschnittlich acht auf zehn Mitglieder aufgestockt. „Das hat es so noch nie gegeben“, weiß Bauer.

Der Gemeindewahlleiter und Hauptamtsleiter von Wadgassen, Gangolf Augustin, bestätigt ihn: „Die Erfahrung von sechs Wahlen an einem Tag haben wir noch nie gemacht.“ Das alles richtig auszuzählen, sei eine große Herausforderung: „Das kann ein langer Abend werden.“ Mit acht statt sieben Wahlhelfern in den 21 Stimmbezirken, je vier Wahlkabinen und zusätzlichen Wahlurnen sorgt Wadgassen für eine möglichst zügige, ordnungsgemäße Abwicklung. „Die Vorbereitung der Wahl hat seit Wochen und Monaten höchste Priorität“, berichtet Augustin, alle verfügbaren Kräfte des Amtes seien eingebunden, teils mit Überstunden.

Etwas gelassener sieht man es in Bous und Ensdorf. „Wir greifen auf ein erfahrenes Team von Wahlhelfern zurück, da waren keine besonderen Vorbereitungen notwendig“, erklärt Simone Kornke von der Bouser Gemeindeverwaltung. „Mit fünf Mitarbeitern hat das Wahlamt alle anfallenden Arbeiten zeitgerecht abarbeiten können“, berichtet auch Ralf Becker, der Leiter des Fachbereiches Zentrale Dienste im Ensdorfer Rathaus. „Die Gemeinde Überherrn hat ihre Wahllokale mit einer größeren Anzahl an Beisitzern besetzt und die Anzahl der Wahlkabinen erhöht, damit es zu keinen großen Anstehzeiten kommt“, sagt Dagmar Zang vom Fachbereich Zentrale Verwaltung.

Umfangreiche Vorbereitungen hat man auch in Schwalbach getroffen, bestätigt Markus Weber. Die Besetzung des Wahlamtes wurde auf drei Vollzeitbeschäftigte erhöht, die Wahlvorstände wurden personell aufgestockt, zudem wurde die Zahl der Mitarbeiter zur Telefonannahme der Schnellmeldungen auf vier sowie für die abendliche Rücknahme der Wahlunterlagen auf fünf erhöht, erklärt der Schwalbacher Wahlleiter. Die Wahlvorstände seien in einer Veranstaltung eigens über die Wahl und bestehende Besonderheiten detailliert informiert worden. „Super-Wahl-Sonntage waren auch schon in der Vergangenheit zu bewältigen“, bleibt Andreas Puhl, Gemeindewahlleiter in Schmelz relativ gelassen. Im Rathaus stehe ein bewährtes Team zur Verfügung, trotzdem habe die Organisation der Wahlen frühzeitig begonnen. Und für die Ausstellung der Briefwahlunterlagen, die eine Woche früher begann, wurde zusätzliches Personal zeitlich befristet eingestellt. In den Wahllokalen würden deutlich mehr ehrenamtliche Wahlhelfer arbeiten als üblich. Jeweils zehn Personen werden einen Wahlvorstand bilden.

„Bei der Menge der Wahlen muss gewährleistet sein, dass ruhig und sorgfältig gearbeitet wird, dass die Wahlgrundsätze gewahrt bleiben und dass am Ende die Ergebnisse stimmen und zügig geliefert werden können“, sieht Wahlleiter Klaus Reichert in Lebach diesmal eine besondere Herausforderung „am Wahltag für alle Beteiligten hier im Saarland“. Bei der Briefwahl seien ein, zwei Leute mehr im Einsatz als sonst und auch in den Wahllokalen sei personell vorgesorgt. Die Wahlvorstände würden notfalls durch Mitarbeiter der Stadtverwaltung aufgestockt. Über die Verwaltung und die ehrenamtlichen Helfer hinaus werden der Lebacher Bauhof und die Hausmeister stärker als üblich in den Materialtransport eingebunden, berichtet Reichert. „Es werden ja mehr Wahlurnen benötigt und die Stimmzettelpakete sind auch mehr und größer.“

Zusätzliche Materialbeschaffung (Wahlurnen, Transportkisten) sowie zusätzliches Personal von anderen Abteilungen für das städtische Wahlamt, lautet die Devise ebenso in Dillingen. Zudem verweist Pressesprecherin Heike Theobald auf die penible Prüfung der Wählerverzeichnisse, die wohl erst am Freitagabend vor der Wahl abgeschlossen sein wird. Dies werde die größte Herausforderung für das Wahlamt, Wahlvorstand und Wahlhelfer. „Wenn ein europäischer Mitbürger für die Europawahl nicht ins Wählerverzeichnis aufgenommen wurde, darf er daran nicht teilnehmen. Zieht ein Wähler bis drei Monate vor der Wahl weg, verliert er das Wahlrecht für die Kommunalwahl, zieht er gar aus dem Landkreis weg, verliert er auch das Recht an dieser Wahl teilzunehmen“, nennt Theobald ganz praktische Beispiele. Am Wahltag müsse zudem bei jedem einzelnen Wähler überprüft werden, ob er alle fünf (in anderen Kommunen sogar sechs) möglichen Wahlzettel erhält.

In Nalbach wurde extra ein eigenes Briefwahl-Büro mit schichtweiser Besetzung eingerichtet, eine ausführliche Wahlhelfer-Schulung durchgeführt und für die Helfer ein zusätzlicher Anreiz geschaffen durch eine Erhöhung der Entschädigung auf 30 beziehungsweise auf 35 Euro für die Vorsitzenden der Wahlvorstände und deren Stellvertreter.

Allenthalben wird mit einer höheren Wahlbeteiligung gerechnet, vor allem aufgrund der Wahl von Landrat und Bürgermeistern, die „am meisten interessieren“, wie Volker Bauer vermutet.

Eine erneute Zunahme an Briefwählern zeichnet sich bereits jetzt ab. Mitte Mai sind bereits zwischen zehn Prozent (Saarwellingen) und mehr als 18 Prozent (Schmelz) Briefwahlanträge gestellt. Deutlich im zweistelligen Bereich liegen die Werte auch in Saarlouis (12,5), Wadgassen und Wallerfangen (je 13,6), Dillingen (13,7), Bous und Rehlingen-Siersburg (jeweils rund 14), Ensdorf (15,5), Nalbach (ca. 17) sowie Schwalbach (17,5 Prozent). Vielfach werden zwanzig Prozent und mehr Briefwähler erwartet. Dabei sind die Werte immer bezogen auf hundert Prozent Wahlberechtige. Sollte die Wahlbeteiligung wie bei der letzten Kommunalwahl 2014 dagegen nur etwa 45 Prozent betragen, würde der Anteil der Briefwähler daran jetzt schon bei 30 Prozent und mehr liegen, am Wahlabend wohl die 40-Prozent-Marke erreichen.

Bei der Zeitschiene für die Bekanntgabe der Wahlergebnisse, will sich kaum jemand festlegen. Mit den ersten Mitteilungen aus den Wahllokalen wird allgemein ab 18.30 Uhr gerechnet, mit dem kreisweiten Ergebnis der Europawahl nach 19 Uhr. Ob Patrik Lauer Landrat bleibt oder der Herausforderer Raphael Schäfer gewinnt, dürfte vielleicht um acht, halb neun feststehen, aber „wirklich valide ist das nicht“, betont Lara Kühn. Frühestens um 23 Uhr werden alle Ergebnisse bekannt sein, bei den Ortsräten teilweise erst nach Mitternacht. Alles vorläufig wie immer. Es wird also eine lange Wahlnacht werden.

Und nach der Wahl ist vor der Wahl, denn bei der Landrats- und den Bürgermeisterwahlen können Stichwahlen erforderlich werden. Die sind für Pfingstsonntag (9. Juni) terminiert und mancherorts, wie in Dillingen, sind bereits vorsorglich die Vorbereitungen auch dafür getroffen.

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