Wenn Parkinson junge Menschen trifft
Kreis Saarlouis. Mit 29 Jahren wurden Stefan H.s (Name geändert) Rückenschmerzen schlimmer. Immer häufiger bekam er Krämpfe beim Schreiben. Orthopäde und Neurologe wussten nicht weiter, erzählt der heute 47-Jährige aus dem Kreis Saarlouis. In einer Klinik dann die erschütternde Diagnose: Parkinson. "Ich war ziemlich vor den Kopf geschlagen und fühlte mich hilflos
Kreis Saarlouis. Mit 29 Jahren wurden Stefan H.s (Name geändert) Rückenschmerzen schlimmer. Immer häufiger bekam er Krämpfe beim Schreiben. Orthopäde und Neurologe wussten nicht weiter, erzählt der heute 47-Jährige aus dem Kreis Saarlouis. In einer Klinik dann die erschütternde Diagnose: Parkinson. "Ich war ziemlich vor den Kopf geschlagen und fühlte mich hilflos. Man glaubt ja immer, dass die Krankheit nur alte Leute trifft, die dann so zittern."Nach Angaben der Deutschen Parkinson Vereinigung sind in Deutschland bis zu 250 000 Menschen an Parkinson erkrankt, Tendenz steigend. Bei etwa zehn Prozent bricht die Schüttellähmung, die neben der Alzheimer-Demenz eine der häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems ist, vor dem 40. Lebensjahr aus.
Seit seiner Diagnose schluckt H. täglich mehrere Medikamente. Darunter auch künstliches Dopamin, mit dem der Körper die Bewegungen steuert. Fehlt dieser Botenstoff, treten die typischen Symptome von Parkinson auf: Muskelstarre, Zittern und instabile Körperhaltung. Die Medikamente können den Krankheitsprozess nur verzögern - eine Heilung gibt es nicht.
"Meine Freundin und ich sind die Sache ganz offen angegangen und haben geschaut, wo wir Rat bekommen können", sagt H. "Macht das, was ihr unbedingt noch tun wollt - solange es noch geht", erhielt das Paar den Tipp. Gemeinsam reisten sie in die USA, nach Irland und Schottland. Sie reisen heute auch noch gerne, bleiben aber meistens in Deutschland.
1996 gründete er mit einer weiteren jungen Betroffenen die Selbsthilfegruppe "Junge Parkinsonkranke Saar". Zu den monatlichen Treffen kommen bis zu 20 Patienten, Partner sind auch willkommen. "Parkinson-Patienten, die längere Zeit erkrankt sind, haben oft keinen Partner mehr", hat Stefan H. beobachtet. Er und seine Freundin haben einige Jahre nach der Diagnose geheiratet. "Der Partner ist die wichtigste Unterstützung", sagt H. Kinder haben sie keine - "Die Erfahrung von Mitpatienten mit Kindern hat uns gezeigt, dass die Krankheit nach mehreren Jahren an der Psyche der Kinder ihre Spuren hinterlässt."
Zehn Jahre konnte der studierte Bauingenieur trotz Parkinson seinen Beruf als Projektleiter ausüben. Schließlich waren die Einschränkungen zu groß. "Ich wurde beim Schreiben immer langsamer, die Motorik wurde steifer und das Zittern wurde stärker", erinnert er sich. Seitdem hat sich sein Tagesablauf verändert - und vor allem verlangsamt. Zweimal pro Woche geht er zur Krankengymnastik und zum Ergotherapeuten. "Die Krankheit ist ein Vollzeitjob", sagt er. Die starken Medikamente haben Nebenwirkungen, regelmäßig muss er daher das Herz und seine Leberwerte überprüfen lassen.
In über 80 Prozent der Fälle tritt laut Experten die Krankheit ohne erkennbare Ursache auf. H.s Ärzte gehen davon aus, dass bei ihm eine genetische Veranlagung, eine langjährige Vergiftung etwa durch Pestizide und Schwermetalle sowie ein auslösendes Ereignis die Ursache für die Krankheit sind. Mit 17 Jahren hatte er einen Autounfall und wurde als Beifahrer schwer verletzt.
Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, ihr Schicksal zu akzeptieren, werden depressiv. Nicht so Stefan H.: "Ich habe eine positive Lebenseinstellung, liebevolle Unterstützung und habe immer noch Pläne, wie ich mit der Krankheit die nächsten Jahrzehnte leben kann." ukl
Die Selbsthilfegruppe Junge Parkinsonkranke trifft sich jeden dritten Samstag im Monat, in den Räumen von Kiss, Futterstraße 27, Saarbrücken.
Am Rande
Heute, 18 Uhr, öffnet im Präventionszentrum des Gesundheitsparks St. Ingbert (Klaus Tussing-Str.2) die Fotoausstellung "Junge Parkinsonkranke". Bis März werden in Bildern die besonderen Lebenssituationen der Betroffenen präsentiert. ukl
