"Wenn man das in meinem Alter macht, ist es endgültig"

Saarlouis. Das erste Kapitel zu Beginn - Mit der Einführung aus seinem Buch "fußballbekloppt!" eröffnete Reiner Calmund den Abend und fühlte sich beim Lesen deutlich eingeengt. Ein paar kurze Sätze, dann befreites Aufatmen: "Ich hab's sehr stark gekürzt, damit wir nachher noch was quatschen können", sagte er und gab damit die Marschrichtung des Abends vor

 Es hielt ihn nicht in seinem Sessel: Reiner Calmund unterhielt bei "Pieper" sein Publikum. Foto: Sascha Schmidt

Es hielt ihn nicht in seinem Sessel: Reiner Calmund unterhielt bei "Pieper" sein Publikum. Foto: Sascha Schmidt

Saarlouis. Das erste Kapitel zu Beginn - Mit der Einführung aus seinem Buch "fußballbekloppt!" eröffnete Reiner Calmund den Abend und fühlte sich beim Lesen deutlich eingeengt. Ein paar kurze Sätze, dann befreites Aufatmen: "Ich hab's sehr stark gekürzt, damit wir nachher noch was quatschen können", sagte er und gab damit die Marschrichtung des Abends vor. Zweimal 20 Minuten waren geplant, zweimal 45 sollten es werden - plus Nachspielzeit.Calmund hat vieles erlebt und viel zu erzählen. Gut 250 Gäste begeisterte er bei seiner Lesung im Pieper-Restaurant, dem ersten öffentlichen Auftritt in seiner neuen Wahlheimat Saarlouis. In herzhaftem Rheinisch und leichtfüßiger Ernsthaftigkeit las er und erzählte, sprach plötzlich im Stehen, saß dann wieder auf dem roten Sessel - noch ein Kapitel, noch eine Anekdote.

So berichtete er von der Suche nach dem Grab seines Vaters, der als Fremdenlegionär in Vietnam gefallen ist. Er erzählte von einem Beinahe-Absturz, als er mit dem Jet in Brasilien unterwegs war, um Spieler für Leverkusen einzukaufen, und davon, wie er sich seinen Werbepartnern als laufende Litfaßsäule anbot, um ein Projekt für Kinder zu unterstützen. Dazwischen beteuerte er immer wieder: "In Saarlouis fühle ich mich sauwohl!"

Seit im Juli bekannt wurde, dass Calli nach Saarlouis zieht, ist der Begriff Entschleunigung fester Bestandteil im hiesigen Wortschatz geworden. Ob es mit der Entschleunigung schon funktioniere, wollte ein Besucher von ihm wissen. "Es klappt noch nicht so wie geplant", gestand Calli. Noch laufen Verträge, "aber hier haben meine Frau und ich schon einen ganz anderen Tagesablauf." In seiner Wohnung habe er sich gut eingerichtet, "mit vielen persönlichen Gegenständen, daran erkennt man, dass es mir sehr viel wert ist, hier zu wohnen, zu leben und zu genießen."

Ein anderer Zuhörer wollte es genau wissen - schlägt Calmund, der drei Tage zuvor 63 wurde, Wurzeln in Saarlouis? "Ich bin Kosmopolit", antwortete dieser, "ich fühle mich in Thailand wohl und auch hier." Mit dem Umzug nach Saarlouis haben er und seine Frau sich aber entschieden: "Wenn ich das in meinem Alter mache, ist das auch endgültig." Sobald er ab Februar die Aufträge zurückfahren kann, möchte er sein Leben mehr privatisieren und - klar: "entschleunigen."

Ein Fußballspiel oder ein Sieben-Gänge-Menü bei Sterneköchin Lea Linster aus Luxemburg, die ebenfalls im Publikum saß? Das wollte Sportjournalist Frank Lußem wissen, der die Lesung auf der Bühne begleitete. "Wenn mich einer fragt: Fußball oder Essen, sag ich Fußball", antwortete Calli und lachte. "Aber zu Lea komm ich dann ein paar Tage später. Dann habe ich beides."

 Es hielt ihn nicht in seinem Sessel: Reiner Calmund unterhielt bei "Pieper" sein Publikum. Foto: Sascha Schmidt

Es hielt ihn nicht in seinem Sessel: Reiner Calmund unterhielt bei "Pieper" sein Publikum. Foto: Sascha Schmidt

Am Abend stiftete Calmund seine Bücher, die er zum vergünstigten Preis verkaufte und signierte. Die gesamten Einnahmen spendet er der Aktion Tapfere Kinder und dem Verein Kinderhospiz Heiligenborn. "Ihr braucht das Zeug nicht zu lesen, nur zu kaufen" animierte er, "es kommt den Kindern zu Gute."

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