Was tun gegen zunehmende Armut?

Merzig/Kreis Saarlouis · Welche Rezepte gibt es gegen die steigende Zahl von Armen im Saarland? Der VdK fragte, Kandidaten für den Landtag gaben Antworten.

 Diskussionrunde im Merziger Vereinshaus (von links): Lea Laux (Piraten), Sascha Sprötge (Linke), Klaus Kessler (Grüne), Dagmar Heib (CDU), Hans Peter Kurtz (SPD), Florian Zipfel (FDP) stellten sich den Fragen von VdK-Landesgeschäftsführer Peter Springborn. Foto: Nina Drokur

Diskussionrunde im Merziger Vereinshaus (von links): Lea Laux (Piraten), Sascha Sprötge (Linke), Klaus Kessler (Grüne), Dagmar Heib (CDU), Hans Peter Kurtz (SPD), Florian Zipfel (FDP) stellten sich den Fragen von VdK-Landesgeschäftsführer Peter Springborn. Foto: Nina Drokur

Foto: Nina Drokur

"Der Kampf gegen die zunehmende Armut im Saarland muss sozialpolitischer Schwerpunkt der nächsten Landesregierung sein", das fordert der Sozialverband VdK Saarland. Im Kandidaten-Check für den Wahlkreis Saarlouis, zu dem auch der Landkreis Merzig-Wadern gehört, fühlte der VdK am Montagabend im Merziger Vereinshaus den Landtagskandidaten zu diesen und anderen sozialpolitisch relevanten Themen auf den Zahn. Den Fragen von Landesgeschäftsführer Peter Springborn vom VdK stellten sich Dagmar Heib (CDU), Hans Peter Kurtz (SPD), Sascha Sprötge (Linke), Lea Laux (Piraten), Klaus Kessler (Grüne) und Florian Zipfel (FDP). "Im Saarland ist jeder Sechste arm", betonte Armin Lang, Landesvorsitzender des VdK Saarland. Mit 17,2 Prozent liege das Saarland deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Befristete und schlecht bezahlte Jobs seien zwei der zentralen Gründe. Dazu komme die hohe Langzeitarbeitslosigkeit im Saarland. 14 000 Menschen sind laut VdK im Saarland davon betroffen. Und das hat Folgen, führte Lang aus: Denn wer gar nicht oder in Teilzeit arbeite, kämpfe nicht nur akut mit Armut, sondern zahle auch nicht ausreichend in die Rentenkasse ein und stehe später vor dem Problem der Altersarmut. Ein Problem, das auch die Besucher zu beschäftigten schien. Kann ein öffentlich geförderter Arbeitsmarkt die Lösung sein? Der VdK fordert die Schaffung öffentlich geförderter, tariflich entlohnter und sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Hans Peter Kurtz (SPD) sagte: "Der öffentlich geförderte Arbeitsmarkt muss kommen. Man darf die Arbeitslosigkeit nicht nur verwalten, sondern muss Beschäftigung fördern. Die Langzeitarbeitslosigkeit muss präventiv vermieden werden." Ein denkbares Modell: der Passiv-Aktiv-Transfer (PAT). Sascha Sprötge (Linke) erläuterte den PAT: "Alle Geldmittel für einen Hartz-IV-Empfänger werden zusammengefasst. Zusammen mit einem Zuschuss kann eine sozialversicherungspflichtige Stelle geschaffen werden." Das Modell ist nach seinen Worten in Baden-Württemberg bereits erfolgreich. Dagmar Heib (CDU) hielt den PAT ebenfalls für ein gutes Modell, leider seien ähnliche Ansätze in der Vergangenheit aber gescheitert. Auch für Klaus Kessler (Grüne) ist der PAT unabdingbar. Allerdings: "Die großen Parteien hatten den PAT bereits im letzten Programm und nichts ist erreicht worden." Seine Partei unterstütze, dass der PAT in Gang gesetzt werde.

Die Piraten plädierten für einen ganz anderen Ansatz. Sie fordern das bedingungslose Grundeinkommen. Lea Laux führte aus: "Wir wollen 1000 Euro monatlich für alle, nur weil man lebt. Damit wäre die Armut gelöst." Der Vorteil aus ihrer Sicht: "Die Menschen können selbst entscheiden, was sie machen möchten und sind flexibel auf dem Arbeitsmarkt. Das birgt die Chance, das Ansehen von schlecht bezahlten Berufen zu steigern. Menschen könnten beispielsweise ganz in ihrem Ehrenamt aufgehen." Außerdem, so Laux, hänge damit die Bildung der Kinder nicht vom Geldbeutel der Eltern ab.

Ein weiterer Punkt auf der Agenda des VdK: die soziale Wohnraumförderung stärken. "Im Jahr 2007 gab es im Saarland 4000 Sozialwohnungen. 2016 nur noch 1000", merkte Grünen-Politiker Kessler an. "Das heißt, der Soziale Wohnungsbau ist im Saarland sträflich vernachlässigt worden." Nach seinem Bekunden braucht es Förderprogramme, außerdem müsse man die Mieten über eine lange Zeitspanne koppeln. Die FDP sieht hingegen die größten Chancen im Eigenheim, betonte FDP-Mann Zipfel. "Ich stehe zwar hinter der ,Sozialen Wohnraum'-Förderung. Trotzdem wollen wir Privatleute immer noch lieber in eigenen Immobilien unterbringen." Das sei auch die beste Altersvorsorge, denn: "Dann spart man sich die Miete und hat im Notfall noch Kapital in der Hinterhand." Piratin Laux erinnerte daran, dass es in Dörfern oft günstigen Wohnraum gebe und die ländlichen Regionen zum Leerstand neigten. "Dort müssen dann aber Anbindungen her", forderte sie.

Das letzte Schwerpunkt-Thema an diesem Abend war die Barrierefreiheit. SPD-Mann Kurtz übte Kritik an der Landesregierung wegen uneinheitlicher Definitionen des Begriffs. Wenn es um öffentliche Bauvorhaben gehe, heiße barrierefrei auch rollstuhlgerecht. Im privaten Wohnungsbau indes nicht. CDU-Kandidatin Heib verwies auf die schwierige Finanzsituation. Leider sei viel von kommunaler Seite gebremst worden. Mit Blick auf die kommunale Finanzen zeigte sie Verständnis, blickte aber gleichzeitig zuversichtlich in die Zukunft. "Die Landesbauordnung des Saarlandes wird sich noch weiterentwickeln."

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Die Hand-aufs-Herz-Frage In der Schlussrunde stellte Moderator Peter Springborn eine "zugegebenermaßen gemeine" Frage: "Wenn heute Landtagswahl wäre und Sie dürften ihr Kreuz nicht bei Ihrer eigenen Partei machen, wen würden Sie wählen?" Florian Zipfel (FDP): "Da kann ich jetzt natürlich nur für mich sprechen, nicht für die Partei. Im Zweifel würde ich mein Kreuz bei der CDU machen." Hans Peter Kurtz (SPD): "Ich würde mein Kreuz bei der Linken machen." Dagmar Heib (CDU): "Ich würde zunächst den Wahl-O-Mat zu Hilfe zu nehmen. Im Zweifelsfall mache ich ein ganz großes bei allen, weil ich mich nicht entscheiden kann." Klaus Kessler (Grüne) konnte die Frage nicht beantworten. "Denn eine Partei, die um die Fünf-Prozent-Hürde kämpft, ist froh, wenn sie wieder ins Parlament hineinkommt. Und insofern lassen wir das aus Grünen-Sicht jetzt offen." Sascha Sprötge (Linke): "Ich würde mein Kreuz natürlich bei der SPD machen, würde aber gleichzeitig hoffen, dass viele andere ihr Kreuz bei der Linken machen, weil ich denke, dass wir eine starke Linke brauchen, damit die SPD ihre starke Forderungen, die sie vor der Wahl aufstellt, auch umsetzen kann." Lea Laux (Piraten): "Ich überlege gerade, was beim Wahl-O-Mat außer Piraten bei mir rauskam, und ich glaube, das war tatsächlich die Linke."

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