„Warum soll ich nicht teilen?“

Saarlouis · Eine ungewöhnliche Einladung: Adel Iqbal vom Restaurant „Rebstock“ in den Saarlouiser Kasematten hieß am Mittwoch gut zwei Dutzend obdachlose und in Not geratene Menschen bei sich willkommen.

 Gleich wird aufgetragen: Stefanie Durst am Kopfende des Tisches und einige der Gäste im Rebstock freuen sich auf das kommende Mittagessen in Adel Iqbals Restaurant. Foto: Thomas Seeber

Gleich wird aufgetragen: Stefanie Durst am Kopfende des Tisches und einige der Gäste im Rebstock freuen sich auf das kommende Mittagessen in Adel Iqbals Restaurant. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

"Warum soll ich nicht teilen?" Adel Iqbal stellt eine verwunderte Gegenfrage. Warum er das hier macht, hatte der Mann von der Zeitung wissen wollen. Iqbal hat an diesem Mittwochmittag gut zwei Dutzend Gäste, die sich üblicherweise kaum in ein Restaurant verirren würden. Nicht in den "Rebstock" in den Saarlouiser Kasematten, den Iqbal seit zwei Jahren führt, noch in sonst irgendein Lokal. Könnten sie sich überhaupt nicht leisten. Hier sind an diesem Tag Obdachlose und Menschen in Not eingeladen.

Die Geschichte hinter dieser Geschichte erzählt der gebürtige Pakistani recht schlicht: "Als ich vor 26 Jahren nach Deutschland gekommen bin, habe ich vielfältige Hilfe erfahren. Jetzt kann ich es mir leisten, selbst einmal Menschen, denen es nicht so gut geht, zu helfen."

Gedacht, getan hatte er bei der Stadtverwaltung mit seiner Idee angerufen, wo zunächst nicht direkt verstanden wurde, was zu tun wäre. Doch dann landete Iqbal bei Stefanie Durst von der Oase, der bekannten Wohnungslosenhilfe in Saarlouis . Die Diplom-Sozialarbeiterin bei der Caritas war natürlich verblüfft. "Aber dann", berichtet sie, "haben wir uns getroffen, und jetzt, eine Woche später, sind wir hier."

In der Oase gab es einen Aushang, und Durst hat die Leute dort gebeten, sie sollten weitersagen, dass es im Rebstock heißt "Das Brot teilen". Das Brot sind vorweg Nudel- und Kartoffelsalat und dann Rahmschnitzel mit Rösti und Kroketten. Dazu stehen Cola, Fanta, Sprite und Wasser auf den Tischen. Ein paar Mutige haben nichts dagegen, aufs Foto zu kommen. So gut gelaunt sind sie wegen der Einladung.

Bei der kleinen Rundfrage an den Tischen ist immer wieder ein Staunen herauszuhören: Nein, so etwas hat noch keiner von ihnen erlebt. Ja, mal eine Weihnachtsfeier, bei der es auch was zu essen gibt, aber so eine Bewirtung, einfach so, im Restaurant . . . Durst hat so was auch noch nicht erlebt und freut sich sichtlich, dass die bedürftigen Menschen hier so willkommen sind.

Die geben ein paar Kommentare zu Protokoll: "Das schmeckt." "Nein, das schmeckt sehr gut." "Es ist schön hier." "Ja, das ist außergewöhnlich." Es wird gelacht. Anspannung, die vorhin noch bei manchem zu sehen war, weicht. Adel Iqbal hat etwas zurückgegeben.

Meinung:

Warum ist das so verblüffend?

Von SZ-Redakteur Mathias Winters

Wie viele Leute das hätten werden dürfen? Warum überhaupt er das macht? Denkt er ans steuerliche Absetzen der Spende? Die Fragen werden mit einem fragenden Blick quittiert. Bis zu hundert Plätze hat das Restaurant, kaum anzunehmen, dass die nicht gereicht hätte. Warum - warum eigentlich nicht. Steuer? Darum geht es doch gar nicht.

Warum eigentlich ist das so verblüffend. Soll es wirklich nicht möglich sein, dass ein Mensch, der vor Jahrzehnten Hilfsbereitschaft erfahren hat, ohne weitere Hintergedanken oder Erwägungen einfach so mal Mitmenschen einlädt? Einfach mal so.

Adel Iqbals Einladung an Obdachlose und andere Bedürftige war keine Werbeveranstaltung für sein Lokal. Das kam von Herzen und kam genauso bei seinen Gästen an. Schön.

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