G8 oder G9? „Kind-sein ist doch ein Stück wichtiger“

Saarlouis · Zurück zum Abitur nach neun Jahren? Dafür läuft seit Anfang Oktober ein Volksbegehren. Wir haben uns in Saarlouis umgehört, was die Men- schen in dieser Frage denken.

 Abitur nach acht Jahren oder nach neun Jahren am Gymnasium? Viele in der SZ-Umfrage tendieren zu G9.

Abitur nach acht Jahren oder nach neun Jahren am Gymnasium? Viele in der SZ-Umfrage tendieren zu G9.

Foto: picture alliance / dpa/Armin Weigel

Unter dem Motto „G9-jetzt!“ ist Anfang Oktober das Volksbegehren zur Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums im Saarland gestartet. Bis Mittwoch, 3. Januar, haben die wahlberechtigten Bürger die Möglichkeit, die Elterninitiative zu unterstützen. Die Saarbrücker Zeitung wollte von Passanten in der Saarlouiser Innenstadt wissen, ob sie für die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums sind, oder ob sie das zurzeit bestehende G 8 befürworten.

Der 69-jährige Stefan Sitnikov aus Saarlouis spricht sich deutlich für G9 aus: „G8 ist einfach zu stressig. Das wurde eingeführt, damit die Leute früher arbeiten können. Im Endeffekt sind die jungen aber Leute schneller arbeitslos.“ Viktor Grunenberg aus Schwalbach nennt den Stress als Hauptproblem. Deswegen solle man den Gymnasiasten wieder neun Jahre Zeit bis zum Abitur geben.

Zu viel Stess, zu hoher Druck und weder ausreichend Zeit für die Schule noch für die freie Gestaltung – das sind die am häufigsten genannten Gründe der Befragten, die sich gegen G 8 aussprechen. Zum Beispiel eine Saarlouiserin die mit ihrer Tochter unterwegs ist. Auch sie spricht sich für das neunjährige Gymnasium aus. „Ich finde es bedenklich. Mit 17 hat man Abitur, und mit 23 ist man fertig mit dem Studium.“ Das gehe zu schnell, sei zu früh. Mit Blick auf ihre Tochter fügt sie an: „Die Kinder leiden darunter.“

Margarethe Sonntag, 41, teilt die Meinung ihrer Kinder Lara und Erik: „Ich finde G 9 besser. Die Kinder haben mehr Zeit. Mehr Zeit, um den Stoff zu verinnerlichen, aber auch mehr Freizeit. Sie sind ja immerhin noch Schüler.“ Erik, 16, geht in Dillingen zur Schule. Auch für ihn ist der Zeitfaktor entscheidend. Seine Schwester, die 13-jährige Lara, die in Dillingen das Albert-Schweitzer-Gymnasium besucht, fügt hinzu: „Wir brauchen mehr Zeit zum Lernen. Und bei G9 man muss nicht noch in den Ferien lernen.“

Die Umfrage beweist: Das Thema beschäftigt die Menschen. Nur wenige Passanten können mit der Frage nichts anfangen, kaum jemand hat nicht vom Volksentscheid gehört. Allerdings: Für einige ist sie nicht ein so wichtiges Problem. Bei der 42-jährigen Tanja Schmitt aus Lebach ist das anders. Sie hat schon am ersten Tag mit ihrer Unterschrift das Volksbegehren unterstützt. „Der Druck bei G8 ist schon groß. Die Kinder sind oft keine Kinder mehr. Dabei sollen sie auch spielen und sich entwickeln.“ Schmitt hat einen Sohn in der fünften Klasse. Sie findet: „Natürlich ist die Schule wichtig. Aber Kind-sein ist dann doch noch ein Stück wichtiger.“

Manuela Weiler, 31, aus Saarwellingen hatte selbst noch G 9 und spricht sich jetzt dafür aus. „Man hat mehr Zeit. Mehr Zeit zum Lernen, mehr Freizeit und vor allem mehr von seiner Jugend.“

 Lara Sonntag

Lara Sonntag

Foto: Joshua Schwinn
 Straßenumfrage Saarlouis

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 Erik Sonntag

Erik Sonntag

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 Margarethe Sonntag

Margarethe Sonntag

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 Stefan  Sitnikov

Stefan Sitnikov

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 Tanja  Schmitt

Tanja Schmitt

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 Viktor  Grunenberg

Viktor Grunenberg

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Ob es aber einen Weg zurück zu G9 gibt? Lisa Dörr, 27, aus Saarlouis ist skeptisch: „Ich glaube nicht, dass man wieder zum G 9 zurückkommt. Das wäre ein Zugeständnis, dass man damals einen Fehler gemacht hat.“ Wichtig ist ihr, dass es mehr Möglichkeiten für die Schüler gibt. Und: „Dafür muss es auch mehr Lehrer geben.“ Dörr selbst ist Lehrerin an einer Realschule in Rheinland-Pfalz, sie gehörte zum damaligen Doppeljahrgang, hatte als letzter Jahrgang noch das G 9.Sie sagt, dass daher zunächst grundlegende Dinge verändert werden müssen. „Wir müssen mehr über die Lerninhalte statt über die acht oder neun Jahre reden.“

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