Umfrage Gutes Fleisch darf manchen auch was kosten

Saarlouis · Umfrage: Passanten auf dem Großen Markt nennen Argumente für und gegen eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte.

 Carina Hensgen aus Beckingen spricht sich für eine verpflichtende Bio-Landwirtschaft aus.

Carina Hensgen aus Beckingen spricht sich für eine verpflichtende Bio-Landwirtschaft aus.

Foto: Bonenberger

Das Tierwohl und der Klimaschutz sind in der aktuellen politischen Diskussion ein heißes Thema. Nun können sich Grüne, CDU/CSU und SPD eine Anhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent bei Fleischprodukten vorstellen. Die Mehreinnahmen sollen sowohl dem Tierwohl als auch dem Klima zu Gute kommen. Die Saarbrücker Zeitung hat auf dem Großen Markt Passanten nach ihrer Meinung gefragt.

Eine Anhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent hält die Beckingerin Carina Hensgen für wenig effektiv, um an den Haltungsbedingungen der Tiere etwas zu verändern: „Ich glaube nicht, dass das etwas bewirkt, die Mehrwertsteuer ist ja nicht zweckgebunden.“ Vielmehr muss die Politik ihrer Ansicht nach Gesetze für eine artgerechte Tierhaltung erlassen. Auch hält sie eine verpflichtende Biolandwirtschaft für sinnvoll. „Es wird ja sowieso zu viel produziert, die Hälfte davon wird ja  weggeschmissen.“ Ähnlich sieht das auch ihr Mann, Martin Hensgen: „Es ist eine Schande, dass 30 Prozent aller Lebensmittel in der Tonne landen, dafür sollten wir uns schämen.“ Wichtig ist ihnen auch zu wissen, wo ihr Fleisch herstammt: „Ich denke, dass das Fleisch vom Discounter viel zu billig ist, daran sollte sich dringend etwas ändern“, sagt Martin Hensgen.

Ganz anders sieht das Pauline Preisser aus Saarlouis, die in Petras Imbisshalle auf dem Großen Markt arbeitet: „Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch wäre schlecht für unser Geschäft, das Fleisch ist heute schon zu teuer. Ich glaube, die Fleischproduzenten würden dann sogar mehr tricksen und das Fleisch strecken und mit Wasser verdünnen – für die Qualität der verarbeiteten Fleischprodukte wäre das eine Katastrophe.“ Da sie ihr Fleisch nur beim Metzger um die Ecke kauft, würde sie bei höheren Kosten noch häufiger auf Fleisch verzichten.

 Pauline Preisser findet, dass Fleisch auch ohne Mehrwertsteuererhöhung heute schon zu teuer ist.

Pauline Preisser findet, dass Fleisch auch ohne Mehrwertsteuererhöhung heute schon zu teuer ist.

Foto: Bonenberger

Für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer spricht sich Anna Hill aus Wadgassen aus, allerdings mit der Einschränkung, dass zuvor ganz genau geklärt werden muss, in welche konkreten Maßnahmen die Gelder später mal fließen. „Ich denke, weniger und bewusster Fleisch zu konsumieren, ist bereits ein Wert an sich – die Gesellschaft muss ihr Konsumverhalten überdenken. Zu viel Fleisch zu essen ist ja auch nicht gesund“, betont die Wadgasserin. Sie selbst zahlt bereits einen stolzen Preis für ihr Fleisch, sie bezieht es seit Jahren vom Bauernhof. Kleiner Wermutstropfen für sie ist jedoch, dass sich bei hohen Fleischpreisen ärmere Leute kaum Fleisch leisten können: „Da muss man sich dann Alternativen überlegen.“

Für zu niedrig hält auch Norbert Beuer aus Saarlouis den Fleischpreis: „Es kann nicht sein, dass die Preise seit Jahren gedrückt werden.“ Dass die Mehreinnahmen aus Steuern dem Klima oder den Tieren zu Gute kommen, glaubt er nicht: „Das hat keinen Einfluss, das Geld sackt sich doch der Staat ein.“ Auch sieht er die Gefahr, dass die Politik mit diesen Maßnahmen die Bürger zu weniger Konsum erziehen will. „Der Staat hat den Bürger nicht zu bevormunden.“ Vielmehr sieht er das Problem darin, dass zu wenig gute Qualität auf dem Markt zu haben ist: „Wenn ich Fleisch von einem guten Metzger haben will, muss ich nach Dillingen fahren.“

Karl Inporee aus Saarlouis ist regelrecht böse auf die Politik, dass sie jetzt sogar das Fleisch teurer machen will: „Das ist eine Schweinerei.“ Er selbst hat schon überlegt, sich selbst Hühner und Schweine zu halten und sein Fleisch selbst zu produzieren: „Für unsere Vorfahren war das normal, dahin sollten wir auch wieder kommen – dann sind wir eben alle Bio-Landwirte“, scherzt er.

 Christel und Rainer Gundacker aus Schmalberg zweifeln daran, dass Fleischverzicht dem Klima irgendwie helfen könnte.

Christel und Rainer Gundacker aus Schmalberg zweifeln daran, dass Fleischverzicht dem Klima irgendwie helfen könnte.

Foto: Bonenberger

Auch das Ehepaar Christel und Rainer Gundacker aus Schmalberg ist gegen eine Mehrwertsteuererhöhung. „Wenn vorher klipp und klar festgelegt werden würde, welche Verbesserungen damit finanziert werden, dann würden wir auch mehr zahlen.“ Aber dass das Geld bei den Bauern ankommt, glauben beide nicht: „Dass es dem Klima helfen kann, halte ich für Quatsch, da muss man beim Flugverkehr ansetzen“, ist sich Christel Gundacker sicher. An seinem Fleischkonsum würde das Ehepaar jedenfalls wenig ändern: „Schließlich ist gutes Fleisch ja auch ein Genuss.“

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