Tonnenweise menschliche Ausscheidungen auf den Straßen

Roden · Hinter dicken Mauern war es dreckig, übel riechend und gesundheitsgefährdend. Darüber berichteten neun Referenten am Samstag im Victor's beim „Festungs-Forum Saarlouis“ zum Thema Hygiene und Wasserversorgung.

 Museumsleiter Benedikt Loew vor einem Foto der ehemaligen „Pferdeschwemme“ des Militärs an der Saar. Foto: Johannes A. Bodwing

Museumsleiter Benedikt Loew vor einem Foto der ehemaligen „Pferdeschwemme“ des Militärs an der Saar. Foto: Johannes A. Bodwing

Foto: Johannes A. Bodwing

Der schmutzige Alltag großer Festungen war am Samstag Thema des "Festungs-Forum Saarlouis". Neun Referenten aus Luxemburg, Frankreich und Deutschland informierten im Victor's über Wasserprobleme sowie fehlende Hygiene .

Wasser von den Dächern wurde in Zisternen gesammelt, berichtet Dr. Guy Thewes vom Historischen Museum Luxemburg. Ein Bericht aus dem 18. Jahrhundert spreche von "Wasser von zweifelhafter Qualität" und von "Myriaden von kleinen farbigen Tierchen". Mit Leintüchern wurde das Gröbste herausgefiltert. Auch dies führte immer wieder zu Epidemien mit Cholera oder Typhus.

Ein deftiges Problem waren menschliche Fäkalien, führte André Bruns vom Dokumentationszentrum der Festung Luxemburg aus. Lange Zeit blieben die Kasernen ohne Latrinen, sie fehlten vielfach auch in Privathäusern. "Es war nicht unüblich, die Notdurft auf offener Straße zu verrichten", sagte Bruns. Für eine Festung mit 8000 Einwohnern und 6000 Soldaten wurden im 18. Jahrhundert jährlich etwa 6,38 Millionen Kilogramm Urin geschätzt und 725 620 Kilogramm Kot. Statt der Entsorgung über Kanäle kam es teilweise zum Abtransport mit Bottichen und der Verwendung als Dünger. Oder der Dreck blieb in ausgehobenen Löchern und den Gräben der Festung. Die allgemeine Hygiene in Festungen stellte Klaus Jordan von der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung dar. Vor allem die Wasserversorgung schilderten am Beispiel verschiedener Festungen Antoine Oziol, Elmar Brohl, Lutz Reichardt, Dr. Jean-Marie Balliet und Bruno Touveron.

"Die Saar selbst wurde für Trinkwasser genutzt", sagte Saarlouis' Museumsleiter Benedikt Loew zur Festungszeit der Stadt. 1732 merkte Platz-Ingenieur Senneton de Chermont an: "Da der Fluss auf einem Kiesbett fließt, ist das Wasser gut zu trinken, und die Garnison geht dorthin, der besagte Fluss ist lediglich trüb während der Überschwemmungen..."

Jedoch später dürfte die Qualität nachgelassen haben. "Womöglich hatte Saarlouis ein ähnliches Latrinenproblem wie Luxemburg", vermutete Loew. Denn der preußische Platz-Ingenieur Anton Ritter schrieb 1856 über die rund 120 Brunnen der Stadt: "Alle in Saarlouis gegrabenen Brunnen erhalten schlechtes Trinkwasser und das Wasser von nur einigen ist wirklich zu diesem Zweck brauchbar." "Lässt man das Wasser über Nacht stehen", bemerkte Ritter, "bildet sich bis zum Morgen eine in den Regenbogenfarben schillernde Haut". Zumindest in Friedenszeiten war Saarlouis recht gut versorgt, erklärte Loew. Ab 1685 kam Quellwasser 6342 Meter weit mittels Eichenholz-Rohren von Felsberg zu den Brunnen am Großen Markt. Diese Leitung wurde zwei Mal erneuert.

Die Referate des "Festungs-Forum Saarlouis" werden mit einjährigem Abstand als Sammelband publiziert. Ausgaben von 2011 sowie 2013 sind noch im Kreisarchiv Saarlouis erhältlich.

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